Günther Heinlein hat seinen Beruf im Ruhestand zum Hobby gemacht. Für die Pressiger Vereine ist der gelernte Schneidermeister ein Segen, hilft er ihnen doch bis heute ehrenamtlich.
Karl-Heinz Hofmann Der Schneidermeister Günther Heinlein ist einer der letzten Lebenden seiner Zunft im Landkreis Kronach. Noch heute greift er gerne zu Zwirn und Nadel, um Trachtenjacken - ehrenamtlich, versteht sich - für Männer, die an Umfang etwas zugenommen haben, passend zu machen.
Schon 1958 erlangte der heute 85-jährige Pressiger den Titel des Schneidermeisters. Er erhielt damals am 13. November den Meisterbrief im Herren-Schneiderhandwerk von der Handwerkskammer Oberfranken ausgestellt. Gelernt hat der "Meck", wie er in Pressig und Umgebung liebevoll genannt wird, im Schneiderbetrieb seines Vaters Josef Heinlein. Er übernahm kurze Zeit nach der erfolgreich absolvierten Meisterprüfung den Betrieb in dritter Generation.
Günther Heinlein erinnert sich noch wie heute, dass er oft erst am Abend oder am Wochenende zu Kunden ging, um anhand von kleinen, mitgebrachten Stoffmustern und Farbvariationen den gewünschten Zwirn aussuchen zu lassen. Danach nahm er mit dem Band individuell Maß für einen neuen, schmucken Anzug. Einige Tage später folgte die Anprobe. Die letzten Stiche wurden mit der Nähmaschine gemacht, und fertig war der Maßanzug.
In seiner kleinen Werkstatt hat der "Meck" heute noch wichtige Utensilien von früher: Nähmaschine, Bügeleisen, verschiedene Scheren, Zwirnrollen in verschiedenen Farben, Winkel, Kreide und vieles mehr. Allerdings ging dieses handwerkliche Geschäft allmählich zur Neige; die Industrieproduktion machte auch vor dem Bekleidungshandwerk nicht Halt. So musste Günther Heinlein den Schneiderbetrieb Mitte der 1960er Jahre aufgeben.
Der Pressiger übernahm Verantwortung in der industriellen Fertigung von maßgeschneiderter Bekleidung bei der Firma Striwa und wurde Gruppenleiter bei der Firma Hosenfabrik Ho al-Albert. Ab 1977 leitete er den Zweigbetrieb der Firma Fedola in Knellendorf.
Aber auch als Rentner hat er natürlich nicht sein Handwerkskönnen verlernt. Bis heute weiß er noch sehr gut mit Zwirn und Nadel sowie seiner Nähmaschine umzugehen. Auch das Maßband spielt für ihn noch immer eine große Rolle in seinem Rentnerdasein. Denn für Trachtenvereine, wie zum Beispiel dem Gesangverein der Sängerrunde Welitsch, nimmt er immer wieder Änderungen an Trachtenjacken vor, die im Lauf der Jahre zu eng geworden sind.
Er nimmt ebenso bei Neubestellungen noch individuell für seine Sangesfreunde Maß, bevor ihr Auftrag an die Bekleidungsfabrik geht. "Denn besonders bei Männern vergrößert sich im Lauf der Jahre immer mal wieder der Umfang", sagt er lachend. Vor Weihnachten konnte er 25 "Mannsbildern" des Männerchores der Sängerrunde Welitsch erst wieder mit notwendigen Änderungen der Trachtenjacken mehr Luft zum Atmen beim Singen verschaffen.