Der Schriftsteller und Dichter Joseph Victor sah in Wichsenstein eine "weggeblasene" Burg. Ist mit "Frau Ebenhoch" kein holdes Burgfräulein gemeint, sondern ein hölzerner Belagerungsturm?
In Wichsenstein ist unsere Serie "Literarischer Spaziergang: Auf den Spuren von Joseph Victor von Scheffel in der Fränkische Schweiz" angelangt. Die 15. Tafel gibt es zweimal: Die Erste steht im Wiesenttal an einem Parkplatz der B 470, unweit Burg Gaillenreuth, die zweite Tafel steht in Wichsenstein am Aufgang zum heutigen Aussichtsfelsen.
Der Vers darauf lautet:
Herr Eberhart von Wickerstein,
Wo sind den Eure Hallen?
Sonst fiel Euch selten etwas ein,
Jetzt? Alles eingefallen!
Von Nürenberg Frau Ebenhoch
Hielt Tanz auf diesem Rasen;
Der Burgvogt hat die Schlüssel noch,
Die Burg ... ist weggeblasen.
Hölzerner Belagerungsturm?
Wie Scheffel den "Sprung" schaffte, von Gaillenreuth nach Wichsenstein zu kommen, bleibt sein Rätsel.
August Sieghardt, der zeitlebens ein großer Fan des badischen Dichters war, vermutet, dass mit "Frau Ebenhoch" kein holdes Burgfräulein gemeint ist, sondern ein hölzerner Belagerungsturm, den die Nürnberger Burggrafen schickten, was wiederum ein Hinweis auf ein Raubritternest sein könnte. Jenem Belagerungsturm gab Scheffel die "Schuld daran", das von der ehemaligen Burg "Wikkeristein", laut Burgenforscher Hellmut Kunstmann im 12. Jahrhundert erstmals erbaut, nur noch die 207 Stufen hinauf zum Aussichtsplatz übrig geblieben sind.
Im 16. Jahrhundert schon, so vermutet Kunstmann, wurde die Burg im Zuge des Bauernaufstandes zerstört. Der 587 Meter hohe Wichsenstein ist heute einer der höchsten Aussichtspunkte der Fränkischen Schweiz, mit Ausblicken, die bei klarer Sicht bis ins Fichtelgebirge reichen.