Einen 60-Jährigen verurteilt der Richter wegen Nötigung und Nachstellung seiner Ex-Frau zu einer fünfmonatigen Bewährungsstrafe.
Krankhafte Eifersucht, verbale Entgleisungen und am Ende Handgreiflichkeiten. Es war das unrühmliche Ende einer 27-jährigen Ehe, das da vor dem Amtsgericht Bamberg zutage trat. Das Schöffengericht verurteilte den 60-jährigen Angeklagten aus dem Landkreis Kitzingen wegen Nötigung und Nachstellung zu einer fünfmonatigen Bewährungsstrafe. Dabei hätte es für ihn noch viel schlimmer kommen können.
Es scheint ein Tag wie jeder andere zu sein. Dieser 10. Juli 2018. Am späten Nachmittag holt Holger S. (Name geändert) seine Ehefrau wieder einmal von der Arbeitsstelle im Landkreis Bamberg ab. Doch diesmal fährt er mit ihr nicht nach Hause. Auf einem Parkplatz stoppt er das Auto. Dann hält er ihr einen handgeschriebenen Zettel unter die Nase. Darauf steht, sie werde während ihres Dienstes von einem Kollegen sexuell belästigt. Als sich die Frau weigert, den Wisch zu unterschreiben und ihn stattdessen zerfetzt, rastet Holger S. aus. "Er hat geschimpft und geschrien." Das sei in den letzten acht Jahren immer schlimmer geworden. "So aggressiv habe ich ihn bis dahin nicht erlebt."
Er will ihr ihre Handtasche entreißen, vielleicht, um an das Smartphone und damit an Beweise für die vermuteten Seitensprünge zu kommen, wie Staatsanwalt Martin Barnickel mutmaßte. Doch Holger S. findet nicht, was er sucht und behält stattdessen einen Hundert-Euro-Schein. Da er die Handtasche sofort, den Geldbeutel später am Tag sowie die 100 Euro in der Folge zurückgegeben hat, entfiel die Anklage wegen Raubes. Diese setzt nämlich nicht nur den Einsatz von Gewalt zur Erlangung einer Beute voraus, sondern auch die Absicht, sich zu bereichern. Was blieb, war die Nötigung. Dabei konnte der Ehemann noch froh sein, dass seine ehemals bessere Hälfte kein besonderes Interesse daran hat, dass er hinter Gittern verschwindet. "Ich will nur meine Ruhe." Zum einen sorgte sie mit ihrer Zeugenaussage dafür, dass der Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung gegen ihn fallengelassen wurde.
Hatte Staatsanwalt Barnickel doch einen Schlag auf ihre Hand angenommen, damit sie die Handtasche losließe. Vor Richterin Marion Aman war dann davon die Rede, es habe weder weh getan, noch sei eine Verletzung entstanden. Außerdem verzichtete die Noch-Ehefrau auf einen Strafantrag wegen einiger Beleidigungen wie "Drecksau", "Hure" und "Nutte".
Der zweite Punkt waren die Nachstellungen, mit denen Holger S. versuchte, ein persönliches Gespräch mit der drei Jahre jüngeren Gattin zu erzwingen. Diese hatte nämlich kurzerhand ihre Sachen gepackt und war Knall auf Fall ausgezogen - nach über dreißig Jahren an seiner Seite. Sogar die Wellensittiche hatte sie mitgenommen. Also fuhr er zu ihrem Elternhaus im Landkreis Fulda, zur Beerdigung ihres Vaters, ja sogar zur Arbeitsstelle nahe Bamberg. Vorgeblich ging es um die anstehende Steuererklärung. Immer wieder drohte der beruflich gescheiterte Finanzberater ihr indes, er werde ihr das Leben zur Hölle machen und dafür sorgen, dass sie ihre Stelle verliere und in der Gosse lande. Von Verzweiflungstaten sprach Rechtsanwältin Mareen Basler (Bamberg), die meinte, mit einer Geldstrafe könne die Sache erledigt sein.
Vergebliche Hoffnung
Noch im Schlusswort zeigte sich, wes Geistes Kind Holger S. ist. "Ich hatte all die Jahre eine solche Geduld mit ihr, das glauben Sie nicht. Ich bin nie gewalttätig geworden." Deshalb sei er sich auch keiner Schuld bewusst. Bis zuletzt betonte er, seine Frau zu lieben und machte sich Hoffnungen, sie werde zu ihm zurückkehren. Ein Trugschluss. "Ich kann nicht mehr. Soll ich etwa warten, bis ich eine gescheuert bekomme?" Sie werde die Scheidung einreichen.
In den nächsten beiden Jahren darf sich der bislang nicht vorbestrafte Holger S. nichts mehr zuschulden kommen lassen. Zudem hat er 80 Stunden gemeinnützige Arbeit abzuleisten und muss sich einer ambulanten Psychotherapie stellen, um seine krankhafte Eifersucht unter Kontrolle zu bekommen. Seiner Ehefrau darf er sich weder persönlich, noch telefonisch oder über andere Medien nähern.