Dopingmittel für Fitnessstudio

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Gericht  Ein Ehepaar aus dem Rheinland hat offenbar beim Handel zwischen einem inhaftierten Freund und einem Fitnessstudio im Landkreis Bad Kissingen geholfen. Vor Gericht kamen sie gerade noch mit Bewährung davon.

Sigismund von Dobschütz

Wegen Beihilfe zum unerlaubten Handel mit Dopingmitteln und verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wurde ein fast 60-jähriges Ehepaar aus dem Rheinland zu Bewährungsstrafen von jeweils knapp einem Jahr verurteilt. Damit blieb das Bad Kissinger Schöffengericht deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, verwarf aber den Antrag der Verteidigerin auf Freispruch der Ehefrau.

Die Mittäterschaft des vor 30 Jahren aus Polen zugezogenen Ehepaares war während der Ermittlungen gegen den ebenfalls aus Polen stammenden Haupttäter aufgeflogen, der wegen Handels mit Dopingmitteln in großem Stil bereits verurteilt wurde. Dieser hatte im konkreten Fall verschiedene Dopingmittel, die in ihrer Gesamtmenge das erlaubte Maß um das 1700-fache überstiegen, an ein Fitnessstudio im Landkreis Bad Kissingen geliefert. Den Handel hatte er bei einem dortigen Besuch im Dezember 2019 während eines Hafturlaubs eingeleitet und als Kontaktadresse für Bestellungen die Anschrift der jetzt angeklagten Ehefrau angegeben. Diese hatte im Januar 2020 einen Brief an ihren Mann weitergeleitet, der seinerseits die Bestellung an den Inhaftierten weitergab.

Bei Auswertung von Handys und Laptops des nun der Mittäterschaft beschuldigten Paares wurden Chat-Verläufe entdeckt, die nach Auffassung der Staatsanwaltschaft eine mindestens schon seit 2016 andauernde Beziehung zwischen dem Ehepaar und dem Inhaftierten offenbarten und gleichgeartete Vorgänge vermuten ließen.

Dieses Hintergrundwissen hatte die für Doping-Vergehen in Bayern zentral zuständige Staatsanwaltschaft in München in die jetzige Anklage einbezogen und das seit 2016 getrennt lebende, aber immer noch in Kontakt stehende Ehepaar der Beihilfe "ab einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt, spätestens ab dem Jahr 2018 des bewussten und gewollten Zusammenwirkens" mit dem Haupttäter angeklagt.

Verständigung scheiterte

Der vor Beginn der Beweisaufnahme von der Staatsanwältin angestrebte Versuch einer Verständigung scheiterte. Bei Berücksichtigung der sozialen Lage des Ehemannes, der nach schweren Erkrankungen und Schlaganfällen seit 15 Jahren als Frührentner von Sozialhilfe lebt, hielt sie trotz einer gesetzlichen Höchststrafe von zwei Jahren und drei Monaten nur zehn bis zwölf Monate als vertretbar. Der Verteidiger des Mannes sah dagegen nur eine Strafe zwischen sechs und zwölf Monaten als angemessen an. Nach 20-minütiger Beratung der Verteidigung verzichteten beide Verteidiger auf die Verständigung.

In der sechsstündigen Verhandlung gestand nun der Ehemann die Übermittlung des Briefes an seinen inhaftierten Freund, nahm alle Schuld auf sich und entlastete seine Frau. Auch die Internet-Recherche auf dem Laptop seiner Frau auf der Suche nach Aufbaumitteln habe er durchgeführt.

Seine Ehefrau stritt jedes Wissen um den Inhalt des Briefes ab. Sie habe diesen wie alle anderen für ihren Mann bestimmten Briefe nur an ihn weitergeleitet. Während der Beweisaufnahme versuchten Staatsanwältin und Schöffengericht mit Hinweis auf die Chat-Verläufe und Zeugenanhörungen mehr Klarheit ins Dunkel zu bringen, doch auf den konkreten Tatvorwurf dieser zu verhandelnden Bestellung gab es keine Belege.

Dennoch blieb die Staatsanwältin bei ihrer Anklage einer "so schwerwiegenden Tat", die nur der Endpunkt einer "längere Jahre konspirativen Vorgehensweise" der Angeklagten gewesen sei. Sie forderte für beide eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung. Der Mann habe zwar gestanden, aber seine Ehefrau mit hineingezogen, die ihrerseits kein Geständnis abgelegt habe.

Sein Mandant habe zwar gewusst, worum es in dem von ihm weitergeleiteten Bestellbrief ging, was er auch zugegeben habe, entgegnete der Verteidiger des Ehemannes. "Aber alles andere Drumherum ist für diesen Fall irrelevant." Von der hohen Menge der Antibiotika habe sein Mandant nichts gewusst und sich auch keine Gedanken gemacht. Das von der Staatsanwältin geforderte Strafmaß sei zu hoch. "Das ist die ganze Geschichte nicht wert." Angesichts fehlender Vorstrafen beantragte er eine Freiheitsstrafe von nur acht Monaten zur Bewährung.

Die Verteidigerin der Ehefrau wollte ebenfalls nur diesen einen Brief verhandelt wissen. "Alles im Verfahren Besprochene ist nicht Punkt der Anklage." Ihrer Mandantin sei keine Mittäterschaft nachgewiesen worden, weshalb der Grundsatz "In dubio pro reo" (Im Zweifel für den Angeklagten) gelte. Sie forderte deshalb für ihre Mandantin einen Freispruch, zumal der Handel auch ohne deren Zutun möglich war.

Das Schöffengericht folgte keinem der drei Anträge, sondern verurteilte den geständigen Ehemann zu zehn Monaten, seine nicht geständige Frau zu elf Monaten auf Bewährung, womit wegen ihrer polnischen Staatsbürgerschaft mögliche ausländerrechtlichen Folgen vermieden werden sollten.

Tatsächlich sei bei der Urteilsfindung "nur diese eine Tat" zu berücksichtigen gewesen, begann der Vorsitzende Richter seine Begründung. "Der Brief ist angekommen und wurde weitergeleitet. Das wissen wir sicher." Beide Eheleute haben Hilfe geleistet, sonst wäre es nicht zum Handel zwischen Haupttäter und Fitnessstudio gekommen. Der Ehemann habe vom Inhalt des Briefes gewusst, seine Ehefrau habe zumindest die Möglichkeit der Bestellung von Doping-Mitteln billigend in Kauf genommen.

"Hier kommt die Vorgeschichte ins Spiel." Es gäbe nur zwei Möglichkeiten, schlussfolgerte der Richter: Hat sie den Brief aufgemacht, weiß sie, worum es geht. Hat sie ihn nicht aufgemacht und nur weitergeleitet, ahnte sie zumindest eine Bestellung.

Dennoch: "Beide waren nur Briefträger, es war nur ein einziger Brief und beide sind nicht vorbestraft." Während dem Ehemann eine für Bewährungsstrafen erforderliche günstige Sozialprognose zugestanden wurde, habe das fehlende Geständnis der Ehefrau "das Gericht vor erhebliche Probleme gestellt". Dennoch wurde auch ihre Freiheitsstrafe auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. "Solche Geschäfte sind für Sie in Zukunft tabu", warnte der Vorsitzende die Verurteilten.