Das Landgericht Coburg wies jetzt eine Sammelklage von Bürgern ab, deren Häuser auf Grundstücken an der ICE-Strecke stehen. Die Kläger hatten gefordert, die DB Netz AG müsse jene Gebäudeschäden regulieren, die wegen des Trassenbaus aufgetreten sind.
matthias einwag Irene und Karl Mark wohnen seit 1986 in ihrem Haus an der Bahnhofstraße. Das über 100 Jahre alte Gebäude, das rund 40 Meter von den Schienensträngen entfernt ist, weist an der Außenfassade und im Inneren klaffende Risse auf. Das Ehepaar Mark ist fest davon überzeugt, dass diese Schäden durch den Ausbau der zweigleisigen Bahnstrecke zur viergleisigen ICE-Trasse entstanden.
Obwohl die Bauarbeiten seit gut zwei Jahren abgeschlossen sind, stellen die Marks immer wieder substanzielle Veränderungen am Mauerwerk und den Böden ihres Hauses fest. Diese Risse, sagen sie, werden breiter und größer. "Wir haben Angst, dass das Haus einfällt", befürchtet Karl Mark. Nicht nur der Trassenbau, sondern auch der laufende Betrieb setze dem Gebäude zu, sagt er und fügt hinzu: "Wenn der Sprinter mit 220 Stundenkilometern durchfährt, dann wackelt's bei uns." Irene Mark: "Unser Haus ist kaputt. Viele Türen und Fenster schließen nicht mehr richtig."
2018 reichten die Marks beim Landgericht Coburg gegen die DB Netz AG eine Klage ein, die sie mit Gutachten unterfütterten. Auf 55 000 Euro bezifferte ein Gutachter die Schadenshöhe allein am Haus der Familie Mark.Diese Klage soll den anderen Geschädigten in Ebensfeld als Musterklage dienen.
Ansprüche sind ausgeschlossen
Das Gericht wies diese Klage im September 2019 ab. Es begründete dies damit, dass der Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamts vom 18. Mai 1995 unanfechtbar sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, heißt es in der Begründung von Richter Jens Philipp Karr, "sind zivilrechtliche Ansprüche ausgeschlossen, da die Betroffenen vorrangig im Planfeststellungsverfahren Einwendungen vorzubringen und verwaltungsgerichtlich gegen den Planfeststellungsbeschluss vorzugehen haben".
Rechtsanwalt Hans Bramann, der acht Geschädigte aus dem Raum Ebensfeld vertritt, umschreibt den Kern des Urteils so: "Wer gegen den Planfeststellungsbeschluss von 1995 nicht geklagt hat, ist von künftigen zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen ausgeschlossen."
Berufung beim OLG Bamberg
Damit will sich der Rechtsanwalt aber nicht abfinden. Nun möchte er die Erfolgsaussichten einer Berufung beim Oberlandesgericht Bamberg prüfen. Unverständlich ist aus seiner Sicht nämlich, dass zwei Betroffene aus dem Bereich Unterleiterbach/Ebensfeld von der Bahn entschädigt wurden, während die anderen leer ausgehen. Durch diese Entschädigungsleistung sei jedoch anerkannt, dass unter anderem eine große Vibrationswalze, die beim Trassenbau eingesetzt wurde, die Schäden an den Gebäuden verursachte.
Am 21. März 2018 wurde den Klägern in einem Schreiben der Haftpflichtversicherung der DB Netz AG mitgeteilt, dass ein Obergutachter aus Thüringen, ein überraschendes Ergebnis präsentierte, fährt der Rechtsanwalt fort. Darin sei erklärt worden, dass der Rückversicherer HDI-Gerling in Essen (Haftpflichtverband der Deutschen Industrie) wegen möglicher Bauschäden nur für jene Schäden an Gebäuden aufkomme, die nicht weiter als 13,5 Meter vom Gleiskörper entfernt sind. Das Haus der Familie Mark wäre somit außerhalb der schmalen Zone, in der sich die DB Netz AG zur Schadensregulierung verpflichtet sieht.