Dirk Rohrbach erzählte in Hallstadt von seiner großen Reise auf dem Yukon mit dem Birkenrindenkanu. Eine besondere Veranstaltung - auch wegen der Livemusik.
Rudolf Görtler
Welcher Bub hätte nicht einst die Abenteuerromane Jack Londons verschlungen? "Wolfsblut", "Ruf der Wildnis", die Geschichten um "Alaska Kid" faszinieren heute noch, und auch in die legendäre ZDF-Verfilmung des "Seewolfs" ist einiges von Londons - authentischen - Nordland-Erfahrungen eingeflossen. Ein Alaska Kid unserer Tage ist Dirk Rohrbach. Den 47-jährigen studierten Arzt, Journalisten und Buchautor zieht es regelmäßig in den hohen Norden. Im Jahr 2010 paddelte er erstmals 3000 Kilometer den Yukon entlang, der durch Kanada und Alaska fließt und in die Beringsee mündet; eine Tour, die er für eine "Arte"-Reportage 2014 wiederholte.
Der Abenteurer unserer Tage schürft nicht nach Gold, sondern vermarktet seine Erfahrungen in Büchern und Multimedia-Shows.
Mit einer solchen gastierte der blonde Autor, nach Aussehen und Habitus mit Sicherheit ein Frauenschwarm, im Kulturboden Hallstadt als Veranstaltung des Bamberger Literturfestivals.
Ein Solitär dieser Reihe insofern, als Livemusik die perfekt abgespulte und moderierte Show mit Fotos und Filmeinspielungen im Originalton begleitete. Und wie! Die vier Musiker der Nürnberger Band "Smokestack Lightnin'", zwei Gitarren, Schlagzeug, Kontra-bass, bisweilen Gesang, spielten einen urigen Post-Country-Rock, so von Nitty Gritty Dirt Band bis 16 Horsepower. Gitarren mit viel Twang, wehmütig perlende Töne zu fettem Bass - das war der richtige Soundtrack zu Rohrbauers weiten Landschaften. Und die Einsätze passten auch noch sekundengenau. Wobei die "tiefe Sehnsucht nach grenzenloser Weite und Wildnis" (Rohrbach) vor allem Deutsche beseelt: Knapp die Hälfte der Kanureisenden auf dem Yukon sind Deutsche.
Das archaische Transportmittel baute er sich mit Hilfe eines einheimischen Experten selber, ganz nach Indianerart mit einfachen Materialien und Werkzeugen.
Dann ging es los auf den Spuren der Goldsucher, die Ende des 19. Jahrhunderts wie die Lemminge ins Yukon-Gebiet einfielen, von Skagway in Kanada aus über den Chilkoot Trail, "das längste Museum der Welt", bis zum Lake Bennett, einen der Quellseen des Yukon. Rohrbach verhehlte nicht, dass dieser Fluss "nicht der einsamste und nicht der schönste" der Welt ist. Ihm sei es vornehmlich auf die Begegnung mit den Menschen entlang des Stroms angekommen. Da gibt es ein breites Panoptikum: von schrulligen Aussteigern ("The mad Russian") über um eine Renaissance ihrer Kultur kämpfenden indigenen Resten bis zu Fischern, denen das Schwinden der Lachsbestände Sorgen bereitet.
Rohrbach näherte sich ihnen mit Respekt und unvoreingenommen.
Auch er ist wohl wie die meisten, die in dieser Einsamkeit wohnen, auf der Suche nach Freiheit und Einsamkeit. Obwohl seine Show keine Öko-Anklage sein will, sind doch an vielen Stellen der Tour, etwa in der Goldgräber-Hauptstadt Dawson City, Spuren menschlichen Raubbaus und menschlicher Gier zu finden. Ein interessanter Trip alles in allem, vor allem, wenn man ihn bequem zurückgelehnt im Sessel verfolgt und von Mückenstichen und tückischen Stromschnellen verschont bleibt.