Die unterschiedlichen Vorschriften in Bayern und Thüringen lassen für manche Bürger den Eindruck entstehen, Deutschland sei schon wieder geteilt. Doch nicht alles, was behauptet wird, hält einer Überprüfung stand.
"Hier waren Deutschland und Europa bis zum 12. November 1989 um 8 Uhr geteilt", steht auf einem Schild an der Gebrannten Brücke. Und glaubt man Kommentaren in sozialen Medien, dann gibt es dort jetzt wieder eine Grenze, werden Menschen dafür bestraft, dass sie diese überschreiten. "Fake News", sagt Neustadts Oberbürgermeister Frank Rebhan ebenso wie sein Amtskollege Bürgermeister Heiko Voigt aus Sonneberg.
Natürlich gibt es an der Stelle eine Grenze. Es ist die zwischen den beiden Freistaaten Thüringen und Bayern. Tatsächlich macht es jetzt, in Zeiten der Einschränkungen zur Bekämpfung des Coronavirus, einen Unterschied, ob jemand auf dieser oder jener Seite der Grenze wohnt. In Bayern gelten bisher schärfere Vorschriften als in Thüringen, teilweise auch einfach andere. Die Grenze zu überschreiten ist aber von beiden Seiten her kein Verstoß gegen Gesetze, betonen die beiden Stadtoberhäupter.
"Es gibt keine neue Grenze zwischen Thüringen und Bayern, auch nicht zwischen Neustadt und Sonneberg, gerade da nicht!", betont Frank Rebhan. Glücklich sind beide mit der Situation nicht, dass es von Land zu Land andere Vorgaben für die Menschen gibt. Doch: "Man muss akzeptieren, dass es in solchen Sondersituationen eine Befehlskette gibt", sagt Heiko Voigt. Landesbestimmungen können Landkreise oder Kommunen nicht herabstufen. Verschärfen dürfen sie sie schon - wie teilweise geschehen, wenn vor Ort besondere Lagen das erfordern.
Nicht jede Vorgabe erscheint nachvollziehbar, auch das wissen die beiden Stadtoberhäupter. Doch alle paar Tage nachzubessern, wenn schon jetzt nicht jeder so richtig weiß, was er darf und was nicht? Das erscheint ihnen auch nicht zielführend.
Dass jedoch gezielt darauf geachtet wird, woher jemand kommt, der kontrolliert wird, bestreitet Heiko Voigt nicht nur, er kann belegen, dass es nicht so ist. "Im Kreis Sonneberg gab es bisher 135 Ordnungswidrigkeitsanzeigen, davon nicht einmal eine Hand voll gegen Bürger aus Bayern", sagt er. Die Zahlen sind Stand Mittwoch, also absolut aktuell. Alle Bußgelder wurden wegen Verstößen gegen Thüringer Recht verhängt.
Frank Rebhan fügt hinzu: "Es gibt auch kein Amtshilfeersuchen von Bayerischer Seite, in Thüringen besonders auf Besucher aus Bayern zu achten oder die Anweisung, Bürger an der Grenze zurückzuweisen." Auch auf bayerischer Seite gelte, dass bei Kontrollen nur Verstöße nach bayerischem Recht geahndet werden.
In Internetforen war behauptet worden, Neustadter Bürger hätten hohe Bußgelder zahlen müssen, weil sie im Marktkauf in Sonneberg zum Einkaufen waren. "Wenn man dann genauer nachfragt, waren es plötzlich nicht mehr sie selbst, sondern der Freund eines Freundes, dem das passiert sein soll", sagt Frank Rebhan.