"Da gibt es keine neue Grenze"

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Ein Schild nahe der Gebrannten Brücke auf Neustadter Seite erinnert an die Zeit der Teilung Deutschlands. Manche sehen diese Zeit zurückgekehrt, weil in den beiden Freistaaten Thüringen und Bayern unterschiedliche Vorschriften in der Coronakrise erlassen wurden. Doch auch von Fake News ist in diesem Zusammenhang die Rede. Foto: Rainer Lutz
Ein Schild nahe der Gebrannten Brücke auf Neustadter Seite erinnert an die Zeit der Teilung Deutschlands. Manche sehen diese Zeit zurückgekehrt, weil in den beiden Freistaaten Thüringen und Bayern unterschiedliche Vorschriften in der Coronakrise erlassen wurden. Doch auch von Fake News ist in diesem Zusammenhang die Rede. Foto: Rainer Lutz
Ein Foto aus der Zeit vor Corona. Heiko Voigt und Frank Rebhan demonstrieren den Schulterschluss ihrer beiden Städte. Foto: CT Archiv / Berthold Köhler
Ein Foto aus der Zeit vor Corona. Heiko Voigt und Frank Rebhan demonstrieren den Schulterschluss ihrer beiden Städte. Foto: CT Archiv / Berthold Köhler
 

Die unterschiedlichen Vorschriften in Bayern und Thüringen lassen für manche Bürger den Eindruck entstehen, Deutschland sei schon wieder geteilt. Doch nicht alles, was behauptet wird, hält einer Überprüfung stand.

"Hier waren Deutschland und Europa bis zum 12. November 1989 um 8 Uhr geteilt", steht auf einem Schild an der Gebrannten Brücke. Und glaubt man Kommentaren in sozialen Medien, dann gibt es dort jetzt wieder eine Grenze, werden Menschen dafür bestraft, dass sie diese überschreiten. "Fake News", sagt Neustadts Oberbürgermeister Frank Rebhan ebenso wie sein Amtskollege Bürgermeister Heiko Voigt aus Sonneberg.

Natürlich gibt es an der Stelle eine Grenze. Es ist die zwischen den beiden Freistaaten Thüringen und Bayern. Tatsächlich macht es jetzt, in Zeiten der Einschränkungen zur Bekämpfung des Coronavirus, einen Unterschied, ob jemand auf dieser oder jener Seite der Grenze wohnt. In Bayern gelten bisher schärfere Vorschriften als in Thüringen, teilweise auch einfach andere. Die Grenze zu überschreiten ist aber von beiden Seiten her kein Verstoß gegen Gesetze, betonen die beiden Stadtoberhäupter.

"Es gibt keine neue Grenze zwischen Thüringen und Bayern, auch nicht zwischen Neustadt und Sonneberg, gerade da nicht!", betont Frank Rebhan. Glücklich sind beide mit der Situation nicht, dass es von Land zu Land andere Vorgaben für die Menschen gibt. Doch: "Man muss akzeptieren, dass es in solchen Sondersituationen eine Befehlskette gibt", sagt Heiko Voigt. Landesbestimmungen können Landkreise oder Kommunen nicht herabstufen. Verschärfen dürfen sie sie schon - wie teilweise geschehen, wenn vor Ort besondere Lagen das erfordern.

Nicht jede Vorgabe erscheint nachvollziehbar, auch das wissen die beiden Stadtoberhäupter. Doch alle paar Tage nachzubessern, wenn schon jetzt nicht jeder so richtig weiß, was er darf und was nicht? Das erscheint ihnen auch nicht zielführend.

Dass jedoch gezielt darauf geachtet wird, woher jemand kommt, der kontrolliert wird, bestreitet Heiko Voigt nicht nur, er kann belegen, dass es nicht so ist. "Im Kreis Sonneberg gab es bisher 135 Ordnungswidrigkeitsanzeigen, davon nicht einmal eine Hand voll gegen Bürger aus Bayern", sagt er. Die Zahlen sind Stand Mittwoch, also absolut aktuell. Alle Bußgelder wurden wegen Verstößen gegen Thüringer Recht verhängt.

Frank Rebhan fügt hinzu: "Es gibt auch kein Amtshilfeersuchen von Bayerischer Seite, in Thüringen besonders auf Besucher aus Bayern zu achten oder die Anweisung, Bürger an der Grenze zurückzuweisen." Auch auf bayerischer Seite gelte, dass bei Kontrollen nur Verstöße nach bayerischem Recht geahndet werden.

In Internetforen war behauptet worden, Neustadter Bürger hätten hohe Bußgelder zahlen müssen, weil sie im Marktkauf in Sonneberg zum Einkaufen waren. "Wenn man dann genauer nachfragt, waren es plötzlich nicht mehr sie selbst, sondern der Freund eines Freundes, dem das passiert sein soll", sagt Frank Rebhan.

Einkaufen erlaubt

Heiko Voigt stellt klar, dass Einkaufen in Thüringen ja erlaubt ist. Daher werde auch nicht kontrolliert, ob jemand einkauft. Frank Rebhan erklärt, dass auch ein Neustadter in Sonneberg einkaufen darf. Die beiden Nachbarstädte sind ohnehin praktisch zusammengewachsen. Da in Bayern aber eben bisher ein triftiger Grund nötig ist, wenn man überhaupt das Haus verlässt, begännen die Missverständnisse eben bei der Frage, was denn so ein triftiger Grund sei.

Kein triftiger Grund lag unstrittig vor, als ein Bürger aus Bayern an einer Feier mit mehr als zehn Personen in Thüringen teilgenommen hat. "Das ist dann sogar eine Straftat nach Thüringer Recht", erklärt Heiko Voigt.

Dass Läden hier geschlossen bleiben müssen, aber wenige Kilometer weiter geöffnet haben dürfen, ist für den einzelnen Laden nicht gerecht, das sieht Frank Rebhan ein. Doch die Rechtslage ist eben derzeit in jedem Bundesland eine andere. Nicht zuletzt deswegen betont Heiko Voigt: "Wir beide kämpfen ja schon lange für eine Angleichung der Wirtschaftsbedingungen in unserer Region - auch ohne den Sonderfall der Coronakrise."