Mit einem 1:0 Sieg über die USA zieht Deutschland in das Achtelfinale der Weltmeisterschaft ein. Am Spieltag stand für Frank Ortloff vor Ort weniger die spielerische Leistung, als viel mehr das Wasser im Vordergrund.
27.06.2014, Recife:Morgens gegen zehn Uhr wollte ich Richtung Stadion aufbrechen. Wecker brauche ich mir in meinem Urlaub übrigens keinen stellen - ich bin bisher immer um acht Uhr aufgewacht. Um neun öffnete ich die Vorhänge und siehe, es regnete mal wieder. Ich gab den Glauben nicht auf, dass es - wie schon so oft - in einer halben Stunde ganz anders aussehen würde.
Dem war aber nicht so. Aber immerhin hat es sich gelohnt meine Regenjacke mitzuschleppen. Geplant hatte ich, die 2,5 Kilometer bis zur Metro mit dem Bus einfach die Straße entlang zu fahren. Festes Schuhwerk sei bei dem Wetter auch angebracht. Als ich jedoch die Pforte passierte, die Tür zur Straße öffnete, traf mich der Schlag. Ein Blick zur Hauptstraße und ich war total schockiert. Die komplette Hauptstraße war überschwemmt. Ich dachte eigentlich, eine Stadt in den Tropen sei auf starken Regen vorbereitet.
Schwimmen wäre hier wohl eher angebracht gewesen. Es muss die ganze Nacht durchgeregnet haben - anders kann ich mir diese Wassermassen nicht erklären.
Schuhwerk-Tausch Bus fahren machte absolut keinen Sinn. Wer weiß, wie weit der durchkommt. So wechselte ich schnell meine Schuhe von Sneakers auf Flip-Flops und begab mich zu Fuß auf den Weg zur Metro. Das Ganze war schon sehr risikoreich. Teilweise stand das Wasser kniehoch. Zudem kam eine leichte Strömung und der Untergrund war nicht sichtbar und teilweise arschglatt. Wäre ich hingefallen, hätte ich wohl abbrechen müssen. Aber nach 45 Minuten kam ich erleichtert und völlig durchnässt an der Metrostation an. Ticket hatte ich natürlich keines, aber ich wurde einfach durchgewunken. Die Metro fuhr dann eine gute halbe Stunde. Von dort ging es noch fünf Minuten mit dem Bus und zehn Minuten zu Fuß zum Stadion.
Angekommen checkte ich erst einmal meine Beine auf offene Wunden. Denn selbst heutzutage könnte man sich so noch die Cholera einfangen. Auf den letzten Metern bin ich einigen Leuten begegnet, die noch vergebens auf Ticketschau waren. Es handelte sich hierbei hauptsächlich um amerikanische Fans. Trotz allen Umwegen bin ich um viertel vor zwölf im Stadion gewesen. Da ich noch unbedingt Geld brauchte, suchte ich einen ATM-Geldautomaten - viele andere aber auch. Als ich endlich nach zehn Minuten an der Reihe war, hing sich die blöde Software auf.
Ein Neustart dauere angeblich zehn Minuten. Solange könne ich noch warten, dachte ich mir. Dann waren 25 Minuten vergangen, und zu allem Überfluss funktionierte das Scheißding immer noch nicht. Irgendwer wollte mir weiß machen, es liege an meiner Karte, die aber ja schon über 20 mal funktioniert hatte.
Da war er, der Moment auf meiner Brasilienreise, in dem ich zum ersten Mal angefressen war. Und so schnell wurde es nicht besser. Nach halb eins hatte ich mir endlich etwas zu Essen holen können, und begab mich auf die Suche nach meinem Gate. Weil "R" nicht zu finden war, ging ich aus lauter Verzweiflung über "P" rein. Da muss man erst mal drauf kommen...
Mittlerweile waren es noch zehn Minuten vor Spielbeginn. Geregnet hat es immer noch. Gerade mal die Hälfte aller Plätze war belegt, obwohl es ja auch keine Karten mehr zu kaufen gab. Erst zur Halbzeit kamen meine Sitznachbarn: Zwei echte deutsche Proleten, die über die Busse fluchten, die auf den Straßen nicht mehr voran gekommen sind. Erst später habe ich erfahren, dass wirklich alle Wege zum Stadion - bis auf den, den ich gewählt hatte - abgeschnitten waren. Selbst wer sich um acht Uhr auf den Weg gemacht hatte, kam nicht rechtzeitig an. Das ist schon bitter.
Da reist man extra an und schafft es nicht pünktlich zum Spiel. Das Fußballspiel an sich war - naja, so lala. Es ging einfach um zu wenig für Deutschland.
Zurück ging es besser Immerhin war der Heimweg sehr gut organisiert. Man wurde automatisch in die richtige Richtung geleitet und an den Zäunen standen lauter Jugendliche, die uns zujubelten - warum auch immer...
Endlich hatte sich auch das Wetter so einigermaßen beruhigt und man konnte die Hauptstraßen wieder normal betreten. Eigentlich wollte ich noch nach Recife rein fahren, aber das ist sprichwörtlich ins Wasser gefallen. Da ich mir das Geld für mein Taxi zum Flughafen sparen musste, habe ich mich für eine Ristorante-Tiefkühlpizza entschieden. Pitschnass, aber pünktlich zum Abendspiel, war ich wieder zurück in meinem Zimmer.
Glücklicherweise gibt es hier so eine Art Lüfter, mit dem ich meine Sachen hoffentlich bis morgen wieder trocken bekomme.
Selbstversorgung im Hotel Einen Gasherd kann ich ja bedienen, aber einen Gasbackofen? Ich habe 20 Minuten gebraucht, um das Ding in Gang zu bringen. Zum Glück lagen irgendwo in dem Appartement Streichhölzer rum. Die Pizza war dann ganz okay, aber zulegen würde ich mir so einen komischen Ofen nicht. Solche Umstände... Während des Essens liefen die brasilianischen Nachrichten: Die Top-Schlagzeile schlechthin war die Wasserhölle in Recife.
Von der ich mich morgen ja schon wieder verabschiede. Dann geht es nach Porto Alegre. Das Wetter soll zwar auch nicht so viel besser werden, Starkregen und Sturm - zum Regen also auch noch Wind und Kälte - , aber momentan nehme ich es noch ganz locker...