Herz, Kampf - aber keine Punkte: Bei Spitzenreiter 1. FC Sand kriegt der Baiersdorfer SV erstmal nichts gebacken, wird von der Wucht des Gegners fast erschlagen. Und schafft noch ein Comeback, das Zählbares verdient hätte.
Mit leeren Händen ist der Baiersdorfer SV zurückgekehrt, das 1:3 bei Spitzenreiter 1. FC Sand ist aber alles andere als ein Beinbruch. Besonders beim Blick auf das Zustandekommen: Nach exzessivem Pressing der Sander und einer 2:0-Führung zur Pause schien Baiersdorf nur Kanonenfutter zu sein - falsch gedacht: Die Mannen von Helmut Wolff hätten sich mit Leidenschaft fast noch einen Punkt erkämpft. Was fehlte, waren Kaltschnäuzigkeit und ein winziges bisschen Glück.
1. FC Sand - Baiersdorfer SV 3:1
Das schöne bei Fußball-Trainern in Aktion ist ja: Sie äußern sich unmissverständlich, klar und direkt. Komplexe Satzgebilde, ausufernde Analysen - Fehlanzeige. Erst recht, wenn das Spiel noch läuft. Es bleibt keine Zeit, irgendetwas lange zu erläutern. Helmut Wolff gelang es in der besten Baiersdorfer Phase um der 70. Minute herum, den Einwand eines BSV-Zuschauers ("Warum spielt ihr denn net gleich so?") mit punktgenauer Präzision zu kontern: "Weil wir uns jetzt nimmer in die Hosn scheißen!", sagte der BSV-Trainer, drehte sich wieder um trieb weiter seine Spieler an: nach vorn, aufs Sander Tor.
Der Aufsteiger war soeben drauf und dran, dem 1. FC Sand nach 0:2-Rückstand den Ausgleich einzuschenken. Wer die erste Hälfte sah, hätte diese Wendung nach der Pause eigentlich für unmöglich gehalten: Ängstlichkeit, Passivität und eine gewisse Planlosigkeit durchzogen das BSV-Spiel in den ersten 45 Minuten. Torchancen? Nur Halbgares über den Querbalken. Sand dagegen trat mit dem Selbstverständnis von 13:0 Toren in den ersten vier Spielen auf; drückte, presste, rannte und stellte Laufwege zu. Nicht manchmal, immer. Nicht von einem, von allen.
Mit dieser Intensität kam Baiersdorf überhaupt nicht klar, der SV hatte keine Zeit, Strukturiertes in die Wege zu leiten - sofort störten ein Sander, oder eben mehrere. Dieser Lauf- und Einsatzbereitschaft hatte der FC auch seine beiden Tore zur 2:0-Halbzeitführung zu verdanken: In der Baiersdorfer Vorwärtsbewegung eroberte Sand den Ball, einmal quergelegt und Sven Wieczorek schloss die 3:2-Überzahlsituation mit einem satten Schuss ins lange Eck ab. Fünf Minuten waren da erst gespielt.
"Sand ist extrem selbstbewusst aufgetreten, wir haben in der ersten Halbzeit viel zu viel Respekt und keine Eigeninitiative gezeigt", bilanzierte Wolff nach Spielschluss, nun auch mit der Zeit für Ausführlicheres. Beim 2:0 war der Ausgangspunkt ähnlich: Ein missglückter Konter über links flog dem BSV sofort um die Ohren, diesmal stand Daniel Rinbergas am Ende der Verwertungskette zum 2:0 (36.) - wieder ein unnötiges Gegentor. Nur der ungenaue Kopfball von Peter Heyer (41.) verhinderte, dass der BSV sogar mit 0:3 in die Kabine ging. So war ergebnistechnisch noch alles drin - wenngleich nichts auf eine Wende hindeutete.
Sand wiederholt den Schongang Allerdings: Wie der FC Sand mit Führungen nach der Pause umgeht, schaute sich Wolff unter der Woche beim 2:0 gegen den TuS Frammersbach an. Schon zur Pause stand das Endergebnis fest, Sand verwaltete fortan und sparte Kräfte. Das ging gut, weil Frammersbach nichts zu bieten hatte. Und diesmal spielte Sand dieselbe Karte, aber gleichzeitig auch mit dem Feuer.
Der BSV wusste mit den plötzlichen und ungewohnten Freiheiten etwas anzufangen, die Kettenhunde der ersten Halbzeit hechelten nur noch, wirkten müde und ausgelaugt. Der eingewechselte Florian Eichinger machte über links Betrieb, Frank Ortloff fand bei seinem Comeback endlich Zugriff zum Spiel - und vorn tauchten Enrico Cescutti und Felix Günther mehrmals gefährlich auf. Die Belohnung der Mühen: Einen Eichinger-Querpass bugsierte Senad Bajric grätschend am langen Pfosten über die Linie - 1:2 (66.). Der BSV drückte weiter: Günthers zu mittiger Abschluss (70.), Finnemanns Rettungstat auf der Linie (80.) oder ein unübersichtliches Gestochere an der Fünf-Meter-Linie brachten den Tabellenführer nochmal ins Schwimmen. Als Baiersdorf dann komplett aufmachte, schob Wirth nach einem Konter in der Nachspielzeit zum 3:1-Endstand ein. Ein Tor für die Statistik, mehr nicht.
Punktekonto nicht im Blick Wichtiger als Ergebnisse oder Punkte ist Wolff, wie sein Team in der neuen Liga auftritt. "Das Spiel hat ja gezeigt, dass wir uns nicht Verstecken müssen und jedem Gegner unser Spieler aufdrängen können. Dass wir jetzt, nach vier Spielen, erst einen Punkt haben, interessiert mich eigentlich überhaupt nicht. Die Saison hat ja erst begonnen." Und keinesfalls einfach: Mit Don Bosco (0:4) und Sand hatte Baiersdorf schon die Crème de la Crème der Liga vor der Flinte, Abtswind (2:2) wird auch eine gute Rolle zugetraut.
Kurzum: Die kommenden Aufgaben sollten für den Neuling einfacher zu bewerkstelligen sein. Dass Baiersdorf nicht im Tabellenkeller versauert, glaubt auch Sands Trainer Bernd Eigner: "So wie Baiersdorf gespielt hat, wird es mit dem Abstieg nichts zu tun haben."
FC Sand: Biemer - Krines (58. Pickel), Leim, Finnemann, D. Schlereth, Götz (68. Schmitt), Rippstein (76. Wirth), Rinbergas, Wasser, Wieczorek, Heyer
Baiersdorfer SV: Oertel - N. Schwab, Gonzalez (46. Eichinger), Karches, Ortloff, Geck, Staniszewski (65. Zecho), Günther, Weiler, F. Schwab (23.), Cescutti
SR: Demel (Küps) /
Zuschauer: 350 /
Tore: 1:0 Wieczorek (5.), 2:0 Rinbergas (36.), 2:1 Bajric (66.), 3:1 Wirth (90.)