Saisonarbeitskräfte fehlen den Landwirten im Kreis Forchheim

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Daniel Singer aus Hausen bei der Arbeit Foto: privat
Daniel Singer aus Hausen bei der Arbeit Foto: privat
Hopfenfeld der Friedrichs in Lilling Foto: Petra Malbrich
Hopfenfeld  der Friedrichs in Lilling Foto: Petra Malbrich
 
Erntehelfer bei den Friedrichs Foto: Petra Malbrich
Erntehelfer bei den Friedrichs Foto: Petra Malbrich
 

Spargel, Erdbeeren, Hopfen: Nicht nur Saisonarbeitskräfte fehlen wegen der Corona-Krise in der Landwirtschaft im Landkreis Forchheim, auch die Großabnehmer. Überall herrscht Angst, es gibt aber auch Solidarität und Kreativität.

Nichts ist mehr, wie es war. Die Folgen der Corona-Krise bekommen auch die Landwirte deutlich zu spüren. "Gemeinsam gegen Arbeitskräftemangel" lautet deshalb ein Aufruf, den der Bayerische Bauernverband (BBV) gerade startet, mit dem er Hilfskräfte für die Landwirte sucht. Denn Saisonarbeiter aus Rumänien dürfen ihr Land derzeit nicht verlassen. Diese fehlen den Betrieben im Kreis Forchheim. "Für den Landkreis Forchheim sind es zwischen einhundert und zweihundert Leuten, die fehlen", sagt Werner Nützel, Geschäftsführer im BBV-Kreis Forchheim. Auch die Betriebe sehen die Saisonarbeit in dem Ausnahmejahr mit gemischten Gefühlen. Zum Teil werden auch weniger Arbeitskräfte gebraucht, da die Großabnehmer fehlen. "Man muss Vorsicht walten lassen", fasst Werner Nützel die Bedenken der Landwirte zusammen. Denn auch für die Saisonarbeiter gelten die Hygienemaßnahmen. Das beginnt mit dem Quartier und endet mit der Sorge vor der Infizierung mit dem Coronavirus. Die Landwirte tragen die Verantwortung nicht nur für die Saisonarbeiter, sondern für den ganzen Betrieb. Was wäre, wenn eine Arbeitskraft hier krank wird und der gesamte Betrieb unter Quarantäne kommt?

Polen dürften kommen

Dann sind da noch die polnischen Arbeitskräfte, die kommen dürfen, aber nicht wollen, selbst wenn ihnen das hier verdiente Geld in der Heimat fehlt. "Chefin, wir sterben lieber in Polen als in Deutschland", sagten Helferinnen weinend am Telefon zu Sonja Friedrich aus Lilling. "Sie haben große Angst", erklärt die Chefin des europaweit größten Bio-Hopfenbetriebs bei Gräfenberg.

Nur drei von 20 Arbeitern sind da

Drei von 20 Saisonarbeitern sind derzeit bei den Friedrichs auf dem Hof tätig. Franz Friedrich hat gerade die Hopfenreihen gehackt. Demnächst werden die Drähte in den Boden gespitzt und aufgehängt. Da sind normalerweise die Saisonkräfte schon dabei. Was weiter folgt, daran wollen Friedrichs noch gar nicht denken. "Verschiedene Bierbrauer, die von uns Hopfen geliefert bekommen, haben ihre Hilfe angeboten. Das ist sehr solidarisch. Auch ein Landschaftsgärtner hat sich gemeldet, und eine junge Frau möchte über den Bauernverband ein Praktikum bei uns absolvieren", erzählt Friedrich. "Sonst steht man mit dem Rücken an der Wand. Jetzt ist es nicht mehr ganz so trist", fügt Friedrich an.

Abstandsregeln

Wie sie dann die geltenden Abstandsregeln bei der Verpflegung, der warmen Mahlzeit einhalten kann oder ob sie nur Lunchpakete packt, darüber muss Sonja Friedrich noch entscheiden.

Den Schaden begrenzen

Auch Daniel Singer aus Hausen lässt sich nicht unterkriegen. "Dieses Jahr ist eine Ausnahme und eine Herausforderung", findet Singer, der versucht, die Probleme kreativ zu lösen. Zwei Saisonkräfte sind auf Singers Hof. Einer lebt ohnehin ganzjährig in Deutschland, der andere ist noch vor der Krise aus Rumänien eingereist. Diese Kräfte versuchen nun mit Familie Singer, den Schaden in Grenzen zu halten. "Normalerweise sind sechs Leute hier. Teils hört man aber, sie wollen nicht rüber", erklärt Singer. Die rumänischen Arbeitskräfte haben ebenfalls Angst. Doch derzeit dürfen sie ohnehin nicht ausreisen. Auch Daniel Singer selbst ist sehr vorsichtig. "Wir haben Direktvermarktung. Es sind Kunden auf dem Hof", erklärt er seine intensiven Vorsichtsmaßnahmen. Auch das sind Sorgen, von denen die Landwirte derzeit geplagt werden. Da rückt der Spargel, der vom Feld weg muss, ein wenig in den Hintergrund. Bei der Dauerkultur Spargel würde in den nächsten Tagen, Anfang April, die Ernte schon beginnen. Auch bei den Erdbeeren ginge die Arbeit eigentlich los: Die Erde muss geharkt und mit Stroh bedeckt werden. Und doch gibt es Lichtblicke: "Es haben sich Studenten und andere Leute, die derzeit zu Hause sind, gemeldet und Hilfe angeboten. Das hat mich positiv überrascht", sagt Daniel Singer.

Nicht für jeden geeignet

"Das ist keine leichte Arbeit und sie ist nicht für jeden geeignet. Ich werde es aber mit den Leuten probieren, sonst bleibt der Spargel in der Erde", meint Singer. Ein positiver Nebeneffekt wäre, dass die Leute wieder erfahren, wo die Lebensmittel wirklich herkommen. Das Regionale bekomme wieder mehr Bedeutung. Und ein bisschen wäre es wie früher, als vor allem Hausfrauen und Taglöhner bei der Saisonarbeit halfen. Allerdings fehlen die Großabnehmer. "Die Gastronomie fällt weg", sagt Singer. 40 Prozent seiner Spargelernte wurden bisher von den Gasthäusern abgenommen.

Erdbeeren an Privatleute

Bei den Erdbeeren ist es anders, diese Frucht wurde fast zu einhundert Prozent an Privatleute verkauft. Die Großkunden fehlen auch Friedhelm Zenk, dem Seniorchef des Spargelhofs Zenk aus Hausen. Er liefert nicht nur den reifen Spargel zum Verzehren, sondern vermehrt auch Spargelpflanzen. Diese wurden nicht nur in ganz Deutschland zum Anbau verschickt, sondern auch nach Österreich, in die Schweiz und nach Südtirol. "Sie dürfen nichts mehr einführen", erklärt Zenk, warum die Großabnehmer in Italien wegfallen. Friedhelm Zenk versucht, die Spargelernte hinauszuzögern. Denn normalerweise wären seine rumänischen Saisonarbeiter schon am Feld zum Stechen. "Was bringt es, wenn man Spargel hat und niemand kauft ihn? Die Menschen haben nun andere Sorgen, denn irgendwo trifft die Krise jeden", beschreibt Zenk die Sorgen.

Früher Ärzte als Ssisonarbeiter

In den 80er Jahren kamen sogar Ärzte als Saisonarbeiter und halfen beim Spargelstechen. Aber Feldarbeit ist eine andere Arbeit. Auch der Spargelhof Zenk will eine Lösung finden, denn manche würden gerne auf dem Feld arbeiten. Friedhelm Zenk wird in diesem Jahr jedoch den Spargelvollernter einsetzen. Zwar bevorzugt Zenk die Handarbeit gegenüber dieser maschinellen Ernte. Doch die Umstände erfordern andere Maßnahmen. Denn auch die Zenks sind besorgt, dass sich ein Arbeiter mit dem Virus infizierten könnte und der gesamte Betrieb unter Quarantäne müsste. Friedhelm Zenk setzt deshalb auf die Zeit und hofft, dass die Witterung die Ernte verzögert und die Krise möglichst schnell vorbeigeht.