Pro und contra Windkraftanlagen in Heiligenstadt

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So könnte die Anlage bei Schloss Greifenstein aussehen. Fotomontage: Regionalwerke Bamberg
So könnte die Anlage bei Schloss Greifenstein aussehen. Fotomontage: Regionalwerke Bamberg

In Heiligenstadt geht es am Sonntag, 20. Juli, in einem Bürgerentscheid darum, ob die Planung von Windkraftanlagen gestoppt wird. Befürworter und Vertreter der Gegenseite nehmen Stellung.

In der Marktgemeinde Heiligenstadt steht am Sonntag ein Bürgerentscheid zum Thema Windkraftanlagen an. Die Diskussionen über ein Für und Wider liefen in den letzten Wochen und Monaten heiß.

Knifflig ist auch die Fragestellung des Bürgerentscheids, weil sie beinhaltet, dass die Gemeinde etwas verhindern soll. Somit ergibt sich: Wer den Bau von Windrädern in der Gemeinde Heiligenstadt stoppen will, muss mit "Ja" stimmen. Wer für die Errichtung von Windkraftanlagen in Heiligenstadt ist, muss mit "Nein" stimmen.
Aus beiden Lagern haben wir zwei Repräsentanten gebeten, ihre Position klarzulegen. Entsprechend der Fragestellung des Bürgerentscheid vertritt Rudolf Herbst von der Bürgerinitiative (BI) Hohenpölz, die gegen die Windräder ist, die Meinung "Pro". Dagegen läuft der Beitrag von Hubert Treml-Franz von den Regionalwerken Bamberg, die in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken aus Ebermannstadt und Bamberg
Windkraft-Anlagen errichten wollen, unter der Meinung "Contra".


Fragestellung Bürgerentscheid
"Wollen Sie,
dass der Gemeinderat des Marktes Heiligenstadt in Oberfranken alle rechtlich zulässigen Mittel ergreift, die es verhindern, dass im Gemeindegebiet Windkraftanlagen im Landschaftsschutzgebiet oder näher als 2000 m zum nächsten Wohnhaus gebaut werden und dass der Markt Heiligenstadt in Oberfranken in diesem Sinne sämtliche Maßnahmen stoppt, die die Planung und den Bau des Windparks 'Brunn-Nord' ermöglichen?"


Termin
Der Bürgerentscheid findet am Sonntag, 20. Juli, von 8 bis 18 Uhr statt.


Pro: Rudolf Herbst, Initiator der Bürgerinitiative Hohenpölz

Am Sonntag entscheiden die Bürger, ob der 180 Hektar große Windpark zwischen Brunn, Hohenpölz und Schloss Greifenstein in der Gemeinde Heiligenstadt gebaut werden soll. Vier der acht Windräder mit einer Höhe von 200 Metern und 140 Hektar stehen im ausgewiesenen Landschaftsschutzgebiet.

Die Bürgerinitiative - und mit ihr viele besorgte Menschen - will erreichen, dass ein Mindestabstand von 2000 Metern beim Bau von Windkraftanlagen eingehalten wird. Dies betrifft vor allem weitere geeignete Flächen zwischen Lindach und Herzogenreuth, bei Siegritz und Leidingshof. Keinesfalls soll ein derartiger Eingriff in die geschützte Natur vorgenommen werden!

Damit entspricht die Forderung der Bürgerinitiative dem in der vergangenen Woche verabschiedeten Gesetzesentwurf des Wirtschaftsausschusses im Bayerischen Landtag über die "10H-Regel". Auch die Bayerische Staatsregierung sieht die Notwendigkeit, Anwohner vor den zahlreichen Gesundheits- sowie Unfallgefahren, die von Windrädern ausgehen, zu schützen. Insbesondere der Infraschall - darüber sind sich Experten einig - schädigt das Gleichgewichtsorgan mit zum Teil gravierenden Folgen - auch für Schwangere und Kinder!

Der Windradpark zerstört unsere einmalige Landschaft und die Silhouette des Denkmals Greifenstein. Durch den Bau werden riesige Flächen versiegelt, Lebensräume für Tiere und Pflanzen unwiederbringlich vernichtet.
Die Gemeinde Heiligenstadt kann nur mit dem Pfund des Tourismus wuchern. Doch wer will mit Blick auf acht Windräder statt auf herrlichste Natur den Urlaub verbringen? Belästigt von Schlagschatten und Lärm? Wie sollen die Anwohner auf die nächsten zwanzig Jahre mit diesen Belastungen und Wertminderungen ihrer Häuser und Grundstücke fertig werden? Die Gemeinde wird kaum für die Schäden haften wollen. Die Windanlagen sind 900 Meter von Hohenpölz und 1500 Meter von Greifenstein entfernt.

Dieses Szenario ist leider nur der Anfang, darüber sollten sich alle Gemeindemitglieder bewusst sein: Inoffiziell ist längst klar, dass ein Umspannwerk gebraucht und gebaut wird, wenn die acht Windräder kommen.

Ob und wieviel die Gemeinde Gewerbesteuer aus den Windrädern erhält, ist mehr als spekulativ. Keine Nachbargemeinde erhielt in den vergangenen zehn Jahren hieraus Gewerbesteuer. Die Gemeinde verschwendet Geld, das in einer funktionierenden Kläranlage und Breitbandversorgung besser angelegt wäre. Die Bürgerinitiative kämpft gegen die Profitgier weniger und für den Schutz von Mensch, Natur und Tierwelt! Wir verkaufen unsere Heimat nicht für Geld.
Stimmen Sie mit ,,Ja"! Stoppen Sie den Bau von Windrädern in der Gemeinde und erreichen Sie einen Mindestabstand von 2000 Metern zu Ihrem Wohnhaus - für Ihre Gesundheit, Ihre Lebensqualität, Ihre Kinder und unsere Heimat!


Contra: Hubert Treml-Franz, Geschäftsführer der Regionalwerke Bamberg

Die Windkraft ist Teil des Energiemix aus so genannten erneuerbaren Energien, der die konventionelle Stromproduktion aus Atomenergie und Kohle in Deutschland langfristig ablösen soll. Windräder produzieren Strom mit geringstem CO2 -Ausstoß und ohne schädliche Rückstände zu hinterlassen.

Die geplanten acht Windkraftanlagen der 3-MW-Klasse im Heiligenstadter Ortsteil Brunn würden so viel Strom erzeugen, wie ihn etwa 15.000 Durchschnittshaushalte im Jahr verbrauchen. Damit würden zwischen 25.000 und 27.500 Tonnen CO2 eingespart.

Die Windkraft ist eine kostengünstige und besonders flächensparende Energiequelle. Während seiner Laufzeit (mind. 20 Jahre) erzeugt ein Windrad gut 40 bis 70 Mal so viel Energie wie für seine Herstellung, Nutzung und Entsorgung benötigt wird.

Das Betreibermodell des Bürgerwindparks Brunn bietet Heiligenstadt und seinen Bürgern besondere Vorteile. Die Marktgemeinde hat mit der Flächensicherung bereits im Frühjahr 2012 garantiert, dass keine fremden Investoren in diesem Bereich Windkraftanlagen ohne Beteiligung der Bürger errichten. Am Projekt ist die Kommune von Beginn an beteiligt. Einwohner der gesamten Region können sich an mindestens 64 Prozent des benötigten Eigenkapitals finanziell beteiligen und erhalten so eine lukrative Investitionsmöglichkeit. Für die Bürger der Marktgemeinde Heiligenstadt und sämtlicher Ortsteile wird davon alleine die Hälfte reserviert.

Die Wirtschaftlichkeit des Bürgerwindparks wurde durch ein bankfähiges Windertragsgutachten bereits bestätigt. Der Bürgerwindpark garantiert die regionale Wertschöpfung durch Pachteinnahmen und Gewinnbeteiligungen, nachhaltige Investitionsmöglichkeiten für die Bürger in der Region sowie langfristige Gewerbesteuereinnahmen für die Gemeinde.

Mit dem Windpark wird die gewünschte Konzentration von Windkraftanlagen auf wenige geeignete Standorte erreicht und eine Verspargelung vermieden. Daher sind 40 Hektar der landwirtschaftlich genutzten Fläche, auf der ein Teil des Windparks geplant ist, bereits seit 2012 durch den regionalen Planungsverband als Windkraftvorranggebiet 139 ausgewiesen. Auch bei der Erweiterungsfläche im Landschaftsschutzgebiet handelt es sich größtenteils um intensiv genutztes Ackerland.

Am 20. Juli geht es um die grundsätzliche Frage der Errichtung von Windkraftanlagen. Es ist keine Entscheidung, ob im Landschaftsschutzgebiet Windräder gebaut werden dürfen oder welche Abstände zur nächsten Ortschaft eingehalten werden sollen. Stimmt eine Mehrheit der Bürger für den Vorschlag, können bei Anwendung der geplanten 10H-Abstandsregelung auf Gemeindegebiet wohl keine Bürgerwindräder mehr errichtet werden. Daher stimmen Bürger, die weiterhin für die Errichtung hocheffizienter Windkraft-Anlagen in Heiligenstadt sind, beim Bürgerbegehren mit "Nein".


Zahlreiche Mitstreiter

Beide Lager haben zahlreiche Mitstreiter. So wirbt Jens Garleff, Vorsitzender des Vereins Intelligenter Klima- und Umweltschutz Bamberg, angesichts der anstehenden Sanierungsaufgaben in der Marktgemeinde Heiligenstadt für zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen wie aus dem Windpark Oberngrub: "Eine Gemeinde, die windhöffige Flächen hat, tut gut daran, diese zu nutzen, um so den Wind zu Geld werden zu lassen, das dringend für alle Ortsteile gebraucht wird."

Carmen Först aus Hohenpölz, die auf Seiten der Bürgerinitiative steht, gibt zu bedenken: "Was die Einnahmen des Windparks betreffen, muss erst mal Wind wehen, damit Geld fließt. Wir kämpfen um unsere Heimat und unser schönes Zuhause." Barbara Cunningham, Sprecherin der Energie- und Klima-Allianz Forchheim, meint hingegen: "Erneuerbare Energien sind umweltfreundlich, günstig und unendlich verfügbar." Dagegen zeigt sich Rudolf Herbst von der BI Hohenpölz zuversichtlich, "dass wir aufgrund der besseren Argumente den Bürgerentscheid auch gewinnen werden".

Der Markt Heiligenstadt plant auf einer Fläche von 180 Hektar acht Windkraftanlagen. 140 Hektar liegen im Landschaftsschutzgebiet. Der Abstand zur Wohnbebauung Hohenpölz beträgt knapp 1,2 km, nach Greifenstein 2 km und Brunn über 900 m. Gegen das Vorhaben hat die BI Hohenpölz ein Bürgerbegehren eingereicht, das der Marktgemeinderat aus formalen Gründen abgelehnt hat. Da es sowohl Befürworter als auch Gegner des Projektes gibt, hat der Gemeinderat ein eigenes Ratsbegehren beschlossen. Die Fragestellung der BI wurde übernommen.


Stimmabgabe

vier Stimmbezirke: Oertelscheune, Schule, Tabea Leinleiter, Feuerwehrhaus Oberleinleiter; zwei Briefwahlstimmbezirke (Schule). Als Abstimmungsleiter wurde der Geschäftsleiter des Marktes Heiligenstadt, Rüdiger Schmidt, bestellt.