Forchheimer Firma macht Gebäude "schlau": Gründer warnt vor Sicherheitslücken

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Die gesamte Haustechnik per App steuern - die kleine Firma Enertex aus Reuth war einer der ersten Unternehmen die auf die KNX-Gebäudeautomatisierung gesetzt hat. Foto: Ronald Heck
Die gesamte Haustechnik per App steuern - die kleine Firma Enertex aus Reuth war einer der ersten Unternehmen die auf die KNX-Gebäudeautomatisierung gesetzt hat. Foto: Ronald Heck
Enertex-Mitarbeiterinnen montieren Elektronikteile per Hand. Foto: Ronald Heck
Enertex-Mitarbeiterinnen montieren Elektronikteile per Hand. Foto: Ronald Heck
 
In Reuth wird nicht nur entwickelt sondern auch gefertigt. Foto: Ronald Heck
In Reuth wird nicht nur entwickelt sondern auch gefertigt. Foto: Ronald Heck
 
Der promovierte Elektrotechniker Michael Schuster zeigt einige der digitalen Schalter. Foto: Ronald Heck
Der promovierte Elektrotechniker Michael Schuster zeigt einige der digitalen Schalter. Foto: Ronald Heck
 

Mit Sprachbefehlen das Licht anknipsen, übers Handy die Wohnung heizen - Enertex aus Reuth entwickelt Lösungen für Gebäude. Doch der Gründer rät: Wer sich "smart home"-Technik ins Haus holt, sollte vorsichtig sein.

Wie schlau ist Ihre Wohnung? Das Haus von Michael Schuster in Reuth ist ganz schön "clever": Seine Markisen zum Beispiel fahren automatisch ein, wenn es regnet. Im Kinderzimmer öffnen sich die Jalousien genau so, dass seine Kleinen nie zu früh vom Sonnenlicht geweckt werden. Und als seine Frau einmal aus Versehen vor verschlossener Türe stand, zückte Schuster von unterwegs sein Smartphone und öffnete ihr per App den Hauseingang.

Dem promovierten Elektrotechniker war 2006 beim Hausbau in Reuth sofort klar: Gebäudeautomatisierung (auch Gebäudeautomation genannt) musste sein. Das Stichwort lautet "smart home" - ein "schlaues Zuhause" durch vernetzte Elektronik und digitale Technik.

Von Kuwait bis Kernreaktor

Der gebürtige Reuther hatte damals bereits seine eigene Ingenieur-Firma Enertex Bayern gegründet. Angefangen im Jahr 2000 im Dachgeschoss seines Elternhauses im Forchheimer Stadtteil, etablierte sich Enertex zum gefragten Ingenieurbüro in den Bereichen Energietechnik und Großtransformatoren.

Neben Aufträgen für die Medizintechniksparte bei Siemens arbeitete Michael Schuster unter anderem bei der Energietechnik-Infrastruktur des Flughafens Kuwait mit oder berechnete Simulationen für einen Kernfusionsreaktor.

Geräte, die miteinander sprechen

Doch 2006 setzte Schuster auf das Potenzial der Gebäudeautomation, Enertex spezialisierte sich auf den KNX-Standard. Grob gesagt: KNX ist ein geschlossenes Gebäudetechnik-System, das über ein Kabel-Netz innerhalb des Hauses/der Wohnung die Technik verbindet. "Eine Art genormte Sprache mit der die Geräte untereinander sprechen", verdeutlicht Schuster.

Über 480 Hersteller für Gebäudetechnik aus Deutschland und der ganzen Welt würden heute das KNX-System nutzen. Enertex war eine der ersten KNX-Firmen und das kleine Unternehmen aus Reuth habe sich in der Branche "einen Namen gemacht."

Im Enertex-Firmengebäude im Forchheimer Osten - unweit von Schusters Wohnung - entwickeln und fertigen 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die handgroßen Schaltzentralen/Rechner, Bedienelemente, Schalter oder auch Steckdosen für das "smart home". Jährlich produzieren sie rund 32 000 Schaltgruppen.

Gefahren durch Hackerangriffe

Im Portfolio sind auch Schnittstellen-Geräte, mit denen die Nutzer ihre KNX-Haustechnik übers Internet bedienen und steuern können. Neben Privatleuten zählen zu den Enertex-Kunden Unternehmen, Hotels oder Krankenhäuser, die ihre Gebäudetechnik vernetzen und aus der Ferne warten möchten. Diese Verbindung stellt allerdings ebenso eine Gefahr dar. Sicherheit, zum Beispiel vor Hackerangriffen, sei bei der Gebäudetechnik deshalb sehr wichtig, betont Schuster. Kriminelle könnten sich bei fehlendem Schutz einhacken. Im schlimmsten Fall könnten sie zum Beispiel Türen öffnen oder Geräte manipulieren.

Eine der neuesten Enertex-Entwicklungen ist ein einfach zu installierendes "Schutzschild", dass das eigene Gebäudetechnik-Netzwerk verschlüsselt und vor Hacker-Angriffen schützen soll. Im Medical Valley Center in Forchheim wurde nun eine Kooperation von Enertex mit der Firma Albrecht Jung bekannt gegeben - bei der eben diese Verschlüsselungstechnik im Fokus stand.

Daten-Klau in der "Cloud"

Der "smart home"-Bereich erlebt aktuell einen wahren Boom. Die Gebäudetechnik ist in den vergangenen Jahren für viele private Hausbesitzer erschwinglich geworden. Mit Smartphones und kostengünstigen Geräten wie Amazons Alexa gab es einen Schub in der Branche, räumt Schuster ein. Doch private Nutzer sollten ebenso Vorsicht walten lassen, mahnt der Elektrotechnik-Experte. Von "Cloud-Lösungen" rät er ab. Hierbei passieren die Rechenleistungen der Geräte auf anderen Servern/Computern außerhalb des Hauses - im Gegensatz zum KNX-System. Was in der "Cloud" mit den persönlichen Daten passiere, könne nicht mehr kontrolliert werden, sagt Schuster.

Es werde Licht per Sprachbefehl

Er verdeutlicht dies an einem Beispiel: Wer sich Amazons (günstigen) Sprachassistenten "Alexa" ins Haus hole, könne nicht wissen, wer mithört. Bei einem (kostspieligeren) KNX-Gerät, das über Sprachbefehle gesteuert wird, würden die Informationen innerhalb des Systems bleiben - also innerhalb der eigenen vier Wände. "Enertex - Licht an!", ruft Schuster dem schwarzen Schalter an der Wand zu. Das Gerät blinkt kurz grün auf - und die Zimmerlampe erleuchtet.

Das sollten "smart home"-Interessierte beachten:

Standard Wer vernetzte Gebäudetechnik in seinem Haus installieren will, sollte den europäischen Standard, das in Deutschland entwickelte KNX-System, nutzen. "Es gibt hier nichts, was es nicht gibt", betont Enertex-Gründer Michael Schuster. Die größten Hersteller aus Europa, Amerika oder Asien seien vertreten und würden alle verfügbaren Gebäudetechnik-Produkte in allen Preisklassen und Stilen anbieten.

Einfallstore vermeiden Jedes vernetzte Gerät - selbst eine online ansteuerbare Glühbirne - stellt ein potenzielles Einfallstor für Angriffe dar, das unter Umständen abgesichert werden sollte.

Sensible Bereiche An sensiblen Orten (z.B. öffentliche Räume, Arztpraxen, Büros) internetfähige Assistenten meiden. Bei WLAN-Routern zudem einen extra Gast-Zugang anlegen.