Ebermannstadt
Historie

Die Fränkische Schweiz vor 50 Jahren

Das Jahr 1967 war nicht nur in der Bundesrepublik im Allgemeinen, sondern auch in der Fränkischen Schweiz im Speziellen ein Jahr des Wandels.
Das Bild von Egloffstein dominierte auch im Jahr 1967 schon die Burg.Foto: Reinhard Löwisch
Das Bild von Egloffstein dominierte auch im Jahr 1967 schon die Burg.Foto: Reinhard Löwisch
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Das Jahr 1967 war ein sehr turbulentes Jahr: Während sich die Deutschen auf den neuen Farbfernseher stürzten, transplantierte der Chirurg Christian Bernard in Kapstadt zum ersten Mal ein Herz. Elvis heiratete seine Priscilla, der FC Bayern München gewann den Europapokal der Pokalsieger gegen Glasgow Rangers und Max Merkel führte den Nürnberger Club zu einem 7:3 Sieg gegen die Bayern.
Der Deutsche Wolfgang Hilberg erfand die Funkuhr und die Hippies kämpften lustvoll gegen die bürgerliche Gesellschaft.


Über 1000 Einwohner

Die Allgemeinbildung erweitern, das hatte das Waischenfelder Ratsgremium im Sinn, als er zu Beginn des Jahres 1967 stolz verkündete, eine neue Volksschule bauen zu wollen. Bisher "hausten" einige Schulklassen im alten Rentamt, einem ehemaligen Ämtergebäude. Dort musste beispielsweise im Winter von den Schülern selbst der Holzofen während des Unterrichtes befeuert werden, um es warm zu haben.

Der Neubau anstelle des alten Rentamts wurde auch deshalb notwendig, weil die Einwohnerzahl Waischenfelds gewachsen war und erstmals die 1000er-Grenze überschritten hatte. Mit einer ungewöhnlichen Aktion machte die Forchheimer Friseur-Akademie Meininghaus, die es seit 1958 gibt, auf sich aufmerksam: Unter Leitung von Akademie-Chef Lothar Meininghaus begannen die Lehrlinge der Schule, in der Freizeit Wanderwege in der Fränkischen Schweiz zu markieren.

In drei aufeinanderfolgenden Jahren kamen so rund 350 Kilometer an Wanderwegen zusammen, die im Auftrag des Fränkische-Schweiz-Vereins ausgeschildert wurden.

Mittelpunkt des Wegenetzes war ein großer Rundweg, der in Forchheim beginnt, durch die gesamte Region führt und wieder in Forchheim endet. Er kann noch heute, mit dem Markierungszeichen "IFS" (Internationale Friseurfachschule) versehen, begangen werden. In Haidhof wurde die neu geschaffene Schlossberganlage unter großer Anteilnahme der Bevölkerung ihrer Bestimmung übergeben. "Die Einwohner von Haidhof und Kulturreferent Fritz Preis vom Fränkische-Schweiz-Verein Egloffstein haben sich durch die Erschließung der Schlossberganlage ein bleibendes Denkmal gesetzt", hieß es dazu in der Lokalpresse.

Aktiv mit dabei damals war Burgenforscher Hellmut Kunstmann, der Hauptvorsitzende des FSV, Landrat Franz-Josef Kaiser (Kreis Ebermannstadt), der stellvertretende Landrat Hans Kaul (Kreis Forchheim), der Baron von Egloffstein und Oberstudienrat Max Schleifer aus Forchheim.


Ein offener Brief

Kulturpreisträger und Ehrenbürger Georg Kanzler aus Leutenbach "würdigte die Bedeutung dieses Tages für die weitere Erschließung der Fränkischen Schweiz, die mit ihren Burgen auch ihm ans Herz gewachsen sei", so die Lokalpresse.

Aus Anlass des Besuchs des bayerischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel in der Fränkischen Schweiz schrieb der Zahnarzt Amandus Deinzer Im Mai 1967 einen offenen Brief an Goppel, in dem er für die Zusammenlegung aller Fränkische-Schweiz-Kommunen zu einem gemeinsamen Landkreis warb. Deinzer schrieb unter anderem: "Überregional gesehen hat sie (die Fränkische Schweiz, die Red.) als Erholungslandschaft noch in ferner Zukunft eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. In eine Erholungslandschaft kann die Fränkische Schweiz jedoch nur umgeformt werden, wenn sie verwaltungsmäßig einheitlich betreut wird.

Damit würde nicht nur ein alter Wunsch der Bevölkerung erfüllt, auch der historischen Entwicklung würde Rechnung getragen, Verwaltungskosten eingespart, die trennenden und störenden Landkreisgrenzen beseitigt und vor allem eine Landkreisaufteilung verschwinden, die noch aus der ,Postkutschenzeit' stammt."
In Bieberbach feierte die Feuerwehr ihren 90. Geburtstag. Dazu hatte sie die Feuerwehrvereine der Umgebung eingeladen. Und alle sind sie gekommen: "Über 1000 Feuerwehrleute aus 77 Vereinen", schrieb die Lokalzeitung, "und dazu drei Musikkapellen. Sie bildeten den Rahmen für den größten Umzug, den das 350-Einwohner-Dorf bisher gesehen hat."
Gleichzeitig mit der Geburtstagsfeier hat man das neue Feuerwehrgerätehaus in Betrieb genommen und ein neues Löschfahrzeug an die Wehr übergeben.

Das zehnte Burgmusikfest auf Schloss Egloffstein war wieder ein voller Erfolg, schrieb die Lokalpresse wenige Tage später. Zu den Ehrengästen unter den 300 Besuchern zählten die Landräte Ammon und Kaiser, stellv. Landrat Pöhnlein, die Universitätsprofessoren Götz Freiherr von Pölnitz, der Baron von Egloffstein und Landtagsabgeordneter Hemmerlein. Zu Beginn des Abends gab es eine kleine Überraschung: Die Schauspielerin Marianne Mierach trug ein Gedicht vor, das August Sieghardt 1961 eigens für dieses Musikfest geschrieben hatte.
Damit wurde an den 80. Geburtstag des großen Heimatschriftstellers der Fränkischen Schweiz erinnert.


Ein einmaliges Treffen

Die Nürnberger Orchestergemeinschaft unter Leitung von Kapellmeister Otto Dinnebier spielte Stücke von Haydn, Mozart und Beethoven.

Nochmal zurück nach Waischenfeld. In der dortigen Pulvermühle fand ein aus heutiger Sicht einmaliges Treffen statt. Die Gruppe 47 tagte dort Anfang Oktober für einige Tage. Junge Erlanger Studenten versuchten, das Litertatentreffen mit Demonstrationen zu stören. Zu den Teilnehmern der Tagung zählten unter anderem Hans Werner Richter als Organisator des Treffens, Hans Magnus Enzensberger, Heinrich Böll, Siegfried Lenz, Guntram Vesper, Jürgen Becker und Marcel Reich-Ranicki.

Für Günther Grass begann mit der Gruppe 47 die schriftstellerische Weltkarriere. Auch er war in jenen Tagen in der Pulvermühle zu Gast. Die Tagung könnte den damaligen Besitzer Kaspar Bezold, den "Pulvermüller" zu seinem Leitspruch animiert haben, den er bis an sein Lebensende zeitlebens propagierte: "Hast du satt das Weltgefühl, dann wandre hin zur Pulvermühl'. Hier kann der Mensch in frohen Stunden am Herzen der Natur gesunden."