Brexit verunsichert auch Firmen in Forchheim

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Digitalisierung ist das Mega-Thema auch in der regionalen Wirtschaft: zu den innovativen Anbietern von IT-Lösungen für das Gesundheitswesen gehört das Forchheimer Unternehmen HMS. Hier ist der IT-Systemtechniker Christopher Ascherl beschäftigt. Foto: Archiv Andreas Oswald
Digitalisierung ist das Mega-Thema auch in der regionalen Wirtschaft: zu den innovativen Anbietern von IT-Lösungen für das Gesundheitswesen gehört das Forchheimer Unternehmen HMS. Hier ist der IT-Systemtechniker Christopher Ascherl beschäftigt.  Foto: Archiv Andreas Oswald

Bis Mitte letzter Woche war die Welt noch in Ordnung für Unternehmer in Stadt und Landkreis. Doch jetzt trübt der EU-Austritt der Briten die Stimmung.

"Der englische Patient" hat auch bei der Industrie und Handelskammer Oberfranken Sorgen ausgelöst. Sorgen, dass es durch Zölle und Währungsturbulenzen im Exportgeschäft zu Handelseinbußen kommt. Drei mal jährlich führt die IHK Konjunkturbefragungen durch: "Die Stimmung war überberstend gut - bis zum Brexit", berichtet der IHK-Vizepräsident und Forchheimer Unternehmer Michael Waasner. Und er gesteht: "Ich habe den Brexit als überwiegend unwahrscheinlich angesehen." Auch der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK für Oberfranken, Wolfram Brehm, gibt zum Ausgangs des Referendums zu: "Ich war überrascht".


Betrifft mich der Brexit?

Für Michael Waasner, Chefder gleichnamige elektrotechnischen Fabrik in Forchheim, und für viele andere Unternehmer in der Region stellt sich nun die Frage: "Betrifft mich das?" Für die bayerische Wirtschaft stehe Großbritannien auf Rang vier der Exportländer, erklärt Waasner. Für ihn persönlich seien bislang keine direkten Auswirkungen erkennbar. "Aber wir haben Großkunden im Bereich der Automobilindustrie", räumt Waasner ein.
"Wenn's in Folge des Brexits Auswirkungen gibt, wird es auch uns betreffen", befürchtet der Forchheimer Unternehmer. Es komme jetzt darauf an, wie die Politik reagiere. Waasner vergleicht die derzeitige Situation mit der nach einer Schock-Diagnose: Am Anfang stehe die Ablehnung, die Angst und Verzweiflung - bis dann die Akzeptanz der Dinge einsetze und damit der Weg frei sei zur Erarbeitung neuer Optionen.

Für den stelllvertretenden IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfram Brehm scheint es überhaupt noch nicht fest zu stehen, ob die Briten am Ende wirklich raus sind aus der EU: "Bis jetzt hat nur das Volk abgestimmt", gibt er zu bedenken. Brehm erinnert daran, dass die britische Bevölkerung einst auch gegen einen Eintritt votiert habe - "und die Regierung hat's doch gemacht".

IHK-Vizepräsident Michael Waasner stuft die Position der Kanzlerin als "überlegt" ein. Die Situation müsse jetzt neu sortiert werden. "Insgesamt muss man sehen, dass die EU nicht auseinander bricht", betont Waasner.


Konjunkturklima dennoch positiv

"Wie geht es Ihnen heute?" und "Wie denken Sie, wird's Ihnen in einem halben Jahr gehen" - diese beiden Fragen stellt das IHK-Gremium Forchheim drei Mal Jährlich den Unternehmern der Region um eine Konjunkturanalyse zu erstellen.

Michael Waasner und Wolfram Brehm präsentieren ein erfreuliches Ergebnis. "Für Forchheim gilt: Die Zuversicht hat zugenommen". Die Gründe dafür seien - aus globaler Perspektive betrachtet - dass sich viele weltwirtschaftliche Probleme, die es noch Anfang des Jahres gegeben habe, ins Positive gewandelt hätten. Aber auch regional gesehen, sei für Unternehmen, die etwas gegen temporäre Geschäftsrückgänge unternommen hätten, jetzt eine Verbesserung erlebbar.

Mit Blick auf die Branchen stehe der Handel am Besten da.Dort spüre man, dass durch gestiegene Realeinkommen das Geld lockerer im Portemoine stecke, erklärt Waasner. Und auch die Beschäftigungszahlen schlügen sich hier positiv nieder, ergänzt Brehm.

Neben dem Handel schätzen auch die Dienstleister ihre Lage gut ein. Positiv, aber nicht euphorisch, ist die Industrie gestimmt.


Mega-Thema Digitalisierung

"Wichtig ist, wie wir uns für die großen Themen aufstellen", betont Michael Waasner. Das "Mega-Thema" sei die Digitalisierung - das Entwickeln und Anwenden neuer Technologien. "Was wir brauchen sind junge, innovative Unternehmen, die Lösungen anbieten", erklärt IHK Vizepräsident Michael Waasner.


Für mehr Gründerzentren

Mit der jüngsten Entscheidung der Staatsregierung für Digitale Gründerzentren in Hof und Bamberg setzt Waasner die Hoffnung auf weitere Impulse. Ein Schritt in die richtige Richtung in Forchheim sei das Medical Valley Center, das Ende Juli im Süden der Stadt eröffnet wird. "Mehr solcher Zentren würde ich mir wünschen", betont Waasner. Dies würde junge, innovative Menschen in der Region halten, die dann nicht mehr nach München abwandern müssten. Abschließend verweist Waasner auf die IHK-Wahlen im Januar, zu denen rund 47 000 Mitgliedsunternehmen aufgerufen sind, ihre regionalen Vertreter in die IHK-Gremien vor Ort neu zu wählen. "Es wäre gut, wenn sich hier viele Unternehmen einbringen, mit ihrer Stimme und ihrem Engagement".