Zwischen Champions League und Bundesliga hielt Schiedsrichter Deniz Aytekin bei der SpVgg Erlangen einen Vortrag - und gab eine Vielzahl interessanter Einblicke preis.
Die Schiedsrichtergruppe Erlangen hatte am Montag einen prominenten Gast: Fifa-, Uefa- und DFB-Schiedsrichter Deniz Aytekin. Zwischen Champions League in London und Bundesliga in Wolfsburg schob der Oberasbacher den Termin an der Basis ein.
"Es gab einen Moment, da musste ich kurz innehalten und habe mir überlegt, wo bist du hier eigentlich?", erzählt Aytekin vom vergangenen Mittwoch. Er stand auf dem Rasen des Londoner Emirates Stadium, Spielstätte des FC Arsenal, und leitete das Achtelfinale der Königsklasse gegen den AS Monaco. 60 000 Zuschauer auf den Rängen, etliche Millionen vor dem Fernseher und mittendrin der Mittelfranke, nach dessen Pfeife die Weltstars an diesem Abend tanzten.
Außergewöhnlich und nicht in Worte zu fassen, sei ein solches Erlebnis, viel Zeit zum Genießen blieb dem 36-jähirgen Familienvater nicht. Mit höchster Konzentration und einer Laufleistung von mehr als elf Kilometern muss er das Spiel sauber über die Bühne zu bringen.
"Wir Schiedsrichter haben die Pflicht, uns optimal auf die Spiele vorzubereiten. Fehler gehören dazu, daraus muss man lernen, aber man muss für sich selbst immer ein reines Gewissen haben und sagen können, dass man alles dafür getan hat, die beste Leistung abrufen zu können."
Ein steiler Aufstieg 2004 wurde Aytekin DFB-Schiedsrichter, seit 2008 leitet er Spiele in der 1. Bundesliga, als Fifa-Referee war er bereits bei der EM 2012 als Torrichter dabei. Die bisherige Krönung war der Aufstieg in die Uefa-Elite-Gruppe im Dezember, was für Aytekin bedeutet, dass er nun für sämtliche Spiele der Uefa ausgewählt werden kann.
In Erlangen, das er aus seiner früheren Laufbahn kennt, mahnte er die jungen Schiedsrichter, die Finger vom "Rosinenpicken" zu lassen - also nicht nur die Topspiele pfeifen zu wollen. "Der Weg nach oben geht nur über Erfahrungen. Nur durch die Fehler, die du unten machst, kannst du oben überleben." Der 36-Jährige verspüre auch heute noch Lust, ab und an ein Amateurspiel zu pfeifen: "Am Ende des Tages bin ich immer der Dorfschiri aus Oberasbach." Aytekin trainiert bis zu sechs Mal die Woche. "Es gibt kein Patentrezept, um in die Bundesliga zu kommen", sagt er, "aber es ist nicht nur Glück dabei, harte Arbeit wird belohnt. Am Ende entscheidet immer die Qualität."
Körpersprache ist die halbe Miete Im Sportheim der "Spieli" beleuchtete Aytekin die Entscheidungsprozesse eines Schiedsrichters mit Videoclips von ihm selbst. Mit der Körpersprache hat der 1,97-Meter-Hüne in der Regel keine Probleme. Die Anwesenden hatten stets das Gefühl, als hätten die Spielszenen aus der Bundesliga auch bei einem ganz normalen A-Klassen-Spiel stattfinden können. Nicht umsonst nickten die Zuhörer immer wieder zustimmend - wohlwissend, dass auch sie derartige Situationen schon erlebt haben.
Im Umgang mit den Spielern mahnte Aytekin zu Kommunikation: "Früher habe ich auch voll abgeräumt. Hat einer gemeckert, gab es Gelb. Ging es weiter, dann hab ich ihn runter geschmissen. Auf Dauer kommst du damit aber nicht durch." Neben Geschichten aus dem Nähkästchen riet Aytekin zu Respekt vor den älteren Kollegen, und dass die jungen Referees nicht aus den falschen Motiven pfeifen sollen. "Über allem steht die Freude. Wenn ich eines Tages keine Freude mehr beim Pfeifen empfinde, dann höre ich auf!", versprach er.