Guru von Lonnerstadt: "Das juckt uns nicht groß"

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Fotos: Christian Bauriedel/Marian Hamacher
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Nächste Woche wird es für den Guru aus Lonnerstadt und seine Lebensgefährtin ernst: Der Bundesgerichtshof befasst sich mit ihrem Fall. Letztes Jahr wurden sie zu drei Jahren Haft verurteilt. Der Anwalt des gebürtigen Forchheimers rechnet nun mit einem Freispruch.

Dutzende Räucherstäbchen sind überall auf der Terrasse verteilt. Ihr Geruch steigt sofort in die Nase. Der Guru und seine Lebensgefährtin sitzen mittendrin. Sonnen sich auf ihren Gartenstühlen in der Mittagshitze.

Ob sie das auch künftig so unbeschwert tun können, wird sich nächste Woche entscheiden. Am kommenden Dienstag befasst sich der Bundesgerichtshof in Karlsruhe mit ihrem Fall. Er ist die letzte Instanz in Zivil- und Strafverfahren, eine Revision ist also nicht mehr möglich. Wegen der Misshandlung von Schutzbefohlenen sprach das Landgericht Nürnberg Gerhard L. und seine Partnerin im August vergangenen Jahres schuldig. Das Urteil: jeweils drei Jahre Gefängnis. Sie sollen in Kauf genommen haben, dass der damals 15-jährige Sohn der Lebensgefährtin des Gurus in eine potentiell lebensbedrohliche Lage geraten sei, indem ihm Medikamente vorenthalten wurden. Er leidet an Mukoviszidose.

Gefängnis noch weit weg

Der aus Forchheim stammende Guru und seine Freundin wollen bei der Revisionsverhandlung am liebsten persönlich dabei sein. Doch ihre Anwälte haben ihnen bereits schriftlich zu verstehen gegeben, dass das eher unüblich wäre - sie seien nicht persönlich geladen. Außerdem fehlt ihnen ein Auto, um nach Karlsruhe zu kommen. Auch eine Fahrt mit dem Zug käme in Frage, doch der fährt bereits morgens um zwanzig vor sechs Uhr. "Das Problem ist aber, dass wir ohne Wecker schlafen", erklärt der Guru. Doch er will sich noch nicht ganz damit abfinden, zuhause bleiben zu müssen. "Ich vertraue auf den da oben, dass wir doch irgendwie hinkommen", sagt der Guru optimistisch und deutet mit dem Finger Richtung Himmel.

Auf die Frage, ob er denn schon nervös sei, reagiert der Guru gelassen: "Nervös macht mich im Moment eher die Geschichte mit der Börse." Die drohende Gefängnisstrafe beschäftigt ihn dagegen noch nicht wirklich. "Der Gedanke ist noch weit weg von uns. Das juckt uns nicht groß", sagt der Guru ganz gefasst. Und auch seine Lebensgefährtin wirkt noch relativ entspannt: "Wir leben im Hier und Jetzt. Was nicht in unserer Macht steht, müssen wir auf uns zukommen lassen."

Beide sehen sich als Teil der Allgemeinheit. Statt über die bevorstehende Entscheidung in Karlsruhe äußert sich Gerhard L. deshalb auch lieber über die derzeitige weltpolitische Lage. "Der große Crash lässt nicht mehr lange auf sich warten."

Anwälte sind vor Ort

Für Rechtsanwalt Axel Graemer, Verteidiger des Gurus aus Erlangen, ist der Ausgang der Verhandlung ganz offen. Er wird mit der Anwältin der Lebensgefährtin, Christine Eberlein, persönlich anwesend sein. Neue Zeugen werden nicht geladen. Auch neue Beweise werden nicht präsentiert, sondern nur das Verfahren auf Rechtsfehler überprüft. Der Bundesgerichtshof kann das Urteil des Landgerichts Nürnberg abändern, aufheben oder an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverweisen. Eine höhere Strafe muss der Guru nicht befürchten. "Ich gehe davon aus, dass er nicht ins Gefängnis kommt. Ich habe Freispruch beantragt und werde mein Bestes geben."

Seit 1999 lebt der Guru mit seiner Partnerin in Ailsbach. "Seitdem bin ich ununterbrochen hier. Ich war höchstens mal weg, um meinen Personalausweis zu verlängern oder bei unserer Verhandlung letztes Jahr", sagt der gebürtige Forchheimer. Was er wohl am meisten vermissen würde, wenn er ins Gefängnis müsste? "Den Kontakt mit den Menschen und die Freiheit. Aber die geistige Freiheit kannst du ja zum Glück überallhin mitnehmen", ist er überzeugt. Auch seine Ernährung - er ist Vegetarier - müsste er umstellen. Allerdings habe er im Fall Hoeneß auf einem Bild gesehen, dass es in der Kantine in der Justizvollzugsanstalt Landsberg auch vegetarische Gerichte gebe.

Eine Verurteilung würde ihm zufolge aber überhaupt keinen Sinn machen. "Was wir hier in den letzten 20 Jahren alles aufgebaut haben, das wäre alles futsch, auch unsere Beziehung, wenn wir in unterschiedlichen Gefängnissen untergebracht würden."

Doch das es soweit kommt, glaubt der Guru gar nicht. Er rechnet mit einem Freispruch. "Ich vertraue auf unseren Rechtsstaat. Der Bundesgerichtshof ist kompetenter. Und unsere Anwälte haben uns bisher auch gut vertreten." Seine Freundin ergänzt: "Wir können auch nicht für etwas bestraft werden, das überhaupt nicht wahr ist. Wir wollten immer nur das Beste für unsere Kinder."

Kein Aufatmen

Sollte es wirklich zur Aufhebung der Haftstrafe kommen, wollen sie aber auch keine Sektkorken knallen lassen. Die Sorge um die Menschen und Kinder, die auf der Welt verhungern, ist für sie zu groß. "Wir würden noch mehr daran arbeiten, dass es allen gut geht."