Wie Ahorns Pfarrer Rolf Gorny gelernt hat, mit einem ungeklärten Problem zu leben und warum die Suche nach einer dauerhaften Lösung viel Geduld erfordert.
Risse an Gebäuden sind Warnzeichen - meistens jedenfalls. Einen gezackten Riss bis hinauf zum Dach zeigt auch die Fassade der evangelischen Kirche in Ahorn. Ein Alarmzeichen, das zu schnellem Handeln zwingt? Ahorns Pfarrer Rolf Gorny reagiert gelassen: "Dieser Riss ist 45 Jahre alt", war mithin schon zwei Jahrzehnte sichtbar, bevor er vor 25 Jahren seinen Dienst in dem historischen Gotteshaus an.
Trotzdem: "Wir beobachten das seit Jahren und lassen Fachleute darauf schauen." Gefährlich sei der Riss nicht, ist Gorny überzeugt. Trotzdem wird dieser Riss mit sogenannten Monitoren auf mögliche Veränderungen überwacht.
Regelmäßige Rücksprachen
"Solche Risse werden regelmäßig beobachtet", sagt Rainer Mattern, Geschäftsführer des Kirchengemeindeamtes Coburg und verweist bei diesem Thema auch auf regelmäßige Rücksprachen mit dem zuständigen Fachreferent aus dem Landeskirchenamt. Bei historischen Gebäuden seien solche Risse durchaus üblich. "Risse sehen oft dramatisch aus", sagt Mattern. Viel heikler aus seiner Sicht sind Abplatzungen beispielsweise an Stuckdecken.
"Der Riss verändert sich kaum", weiß Gorny. Nur millimeterweise vergrößert oder verkleinert er sich. "Schon bei meinem Amtsantritt in Ahorn habe ich damals statische Gutachten vorgefunden", erinnert sich der Pfarrer.
Zunächst hieß es, die auch im Inneren sichtbaren Risse sollen vom Glockenstuhl kommen. Also wurde der stählerne Glockenstuhl gegen einen Glockenstuhl aus Eiche ersetzt. Kostenpunkt: rund 80000 Euro. Geholfen gegen die Risse hat es freilich auch nicht, wenngleich der neue Glockenstuhl insgesamt letztlich doch eine lohnende Investition war.
Der Coburger Architekt Martin Peetz ist inzwischen mit der Aufgabe betraut, mögliche Ursachen für die Rissbildung zu eruieren und Kosten für eine mögliche Sanierung zu ermitteln. "Im Moment sind wir dabei, die Situation zu beobachten", sagt Peetz: "Wahrscheinlich werden wir dazu auch eine Kamerabefahrung des Regenrohrs machen." Mögliche Aufschlüsse für die Ursachen der Rissbildungen innen und außen erhofft sich Peetz auch vom Blick in Archive: "Vielleicht lassen sich Anhaltspunkte finden, ob sich diese Risse mit alten Reparaturen erklären lassen."
"Ich denke, dass bei diesem Thema Wasser im Spiel ist", sagt Peetz mit Blick auf den im Coburger Land weit verbreiteten Keuperboden. Denn der kann für Bewegung im Untergrund sorgen, wenn er sich in trockenen Sommern zusammenzieht und bei Nässe wiederum aufquillt.
Bei der Fassade sieht Peetz insgesamt Ausbesserungsbedarf - allerdings weniger bei den Steinen an sich als vielmehr bei den Fugen.
Umfassende Untersuchung
Sorgen bereitet ihm auch das Dach, das auf der von der Straße angewandten Seite total vermoost sei. In welchem Zustand die Ziegel darunter seien, sei deshalb kaum absehbar. Wenn eine Kirche zum Pflegefall werde, stehe man oft vor komplexen Zusammenhängen bei der der Suche nach den Ursachen diverser Schäden.
Die innen sichtbaren Risse nur zu kaschieren wäre jedenfalls nur eine kosmetische Aktion. Irgendwann in den nächsten zehn Jahren kann sich Pfarrer Gorny eine dauerhafte Maßnahme vorstellen. Dazu freilich müsste man überhaupt erst die genaue Ursache benennen können, erklärt auch Steffen Fischer. Als technischer Angestellter ist der Architekt bei der Gesamtkirchengemeinde Coburg tätig. Zuletzt waren am Dach der Kirche wegen eines Wasserschadens diverse Reparaturen erledigt worden. Vielleicht, so Fischer, habe eventuell auch eine Verformung des Dachs auf das darunter befindliche Mauerwerk gedrückt.
Sind noch am Sondieren
Nach seinen bisherigen Erfahrungen im Umgang mit den Rissen weiß Rolf Gorny eines ganz genau: "Wir sollten auf keinen Fall zu schnell auf eine einzige Lösung setzen." Derzeit sei gleichwohl keine Generalsanierung der Kirche geplant, zumal vor rund eineinhalb Jahrzehnten bereits eine Innensanierung der Kirche durchgeführt wurde.
"Wir sind noch am Sondieren", sagt Gorny. Von der Dringlichkeit her sei das Thema Risse in Ahorn keinesfalls mit der Situation in Fechheim zu vergleichen, wo vor Jahren Teile der Stuckdecke in den Kirchenraum gestürzt waren und noch immer keine umfassende Sanierung begonnen werden konnte.
Klar ist in Ahorn freilich: Da das Gotteshaus Eigentum der Kirche ist, muss letztlich die Kirchengemeinde mit Unterstützung der Landeskirche für eine Sanierung aufkommen. Noch kann niemand die voraussichtlichen Kosten genau beziffern. Pfarrer Gorny rechnet derweil vorsichtig mit einem hohen sechsstelligen Betrag.
Rund um die evangelische Kirche in Ahorn
Entstehung Die evangelisch-lutherische Kirche Ahorn stammt in ihrer heutigen Form aus dem 18. Jahrhundert. Bereit 1312 wurde erstmals eine "capella" in Ahorn erwähnt. Wohl um 1400 wurde mit dem Bau des heute 45 Meter hohen Kirchturms begonnen. Die letzte größere Baumaßnahme wurde Ende des 18. Jahrhunderts durchgeführt. Damals wurde eine zweigeschossige Loge für die Schlossherren eingebaut. Gotisch geprägt ist der Chorraum mit zwei Kreuzgewölben.
Epitaphe Den Kirchenraum prägen zwei Epitaphe der Herren von Streitberg. Das rechts vom Chorraum befindliche Sandsteinepitaph stammt aus dem Jahr 1616 und ist eine Arbeit von Johann Werner aus Nürnberg und dessen Schwiegersohn Veit Dümpel aus Altenstein.
Glocken Die Kirche von Ahorn besitzt drei Glocken. Die älteste und größte Glocke stammt aus dem Jahr 1772.
Orgel Um 1619 wurde die erste Orgel in der Ahorner Kirche aufgestellt. Nach der Kirchenerweiterung um das Jahr 1790 errichtete 1794 der Neustadter Orgelbauer Johann Andreas Hofmann die gegenwärtige Orgel auf der oberen Westempore unter Verwendung von Pfeifenreihen der Vorgängerorgel von 1619. Im ersten und Zweiten Weltkrieg mussten Orgelpfeifen abgeliefert werden. Eine Restaurierung der Barockorgel, unter anderem mit einer neuen Manualklaviatur, führte von 1953 bis 1955 der Orgelbauer Walcker aus Ludwigsburg durch. Die letzte umfassende Sanierung der Ahorner Orgel erfolgte in den Jahren 2010/11 durch den Orgelbaumeister Andreas Hemmerlein aus Cadolzburg. Die Orgel besitzt elf Register, verteilt auf ein Manual und das Pedal.red