Im Zweiländermuseum in Streufdorf befasst man sich bis 1. November mit den Themen Freiheit und Glaube. Ausgestellt werden auch 22 geliehene Luther-Bibeln.
Kleiner Aufruf, große Wirkung: Für die Sonderausstellung "Von der Freiheit eines Christenmenschen" suchte der Förderverein des Zweiländermuseums Rodachtal über die Presse alte Lutherbibeln. "Wir waren überwältigt von der Reaktion", sagte Kuratorin Katrin Schlefke. 22 Bürger aus der Region meldeten sich und liehen dem Museum ihre besonderen Gebetbücher. Die gezeigten Heiligen Schriften stammen aus drei Jahrhunderten, aus Coburg, Römhild, Schleusingen oder Themar.
In den ehemaligen Kemenaten, in der sich während des Dreißigjährigen Krieges Streufdorfer vor den vorbeiziehenden Soldaten versteckten, bilden die überwiegend aus privaten Beständen stammenden Bibeln das Mittelstück der derzeitigen Ausstellung. Bei einer Führung durch die Ausstellung erläuterte Schlefke einzelne Exemplare: Die älteste stammt aus dem Jahr 1700, eine Haus-Bibel von Bettina Rüttinger (Streufdorf). Auch Horst Gärtner vom Förderverein hat ein besonderes Exemplar beigesteuert: die Traubibel "Biblia" aus dem Jahr 1720. Und von Rosalinde Sokolowski (Gleichamberg) wurde die Prachtausgabe einer Hausbibel von 1857 zur Verfügung gestellt, mit einem Konterfei Martin Luthers, 52 Stahlstichen und einer Karte von Palästina. Das gezeigte Neue Testament (1707) von Friedhelm Haßner (Schleusingen) hatte sein Vater Markus selbst im Russland-Feldzug dabei.
Das Thema Freiheit passt ausgezeichnet zum Museum nahe der ehemaligen Grenze, die über vier Jahrzehnte eine Region teilte, die eigentlich zusammengehört, wie Hans-Jürgen Dinter vom Förderverein bei seiner Begrüßung anlässlich einer Führung, organisiert von der Initiative Rodachtal, betonte: "Wir sind Franken und haben uns immer eher nach Süden orientiert, nicht über den (Thüringer) Wald." Sprache, Architektur und Geschichte zeugten von diesen Gemeinsamkeiten.
Drei Abschnitte umfasst die Sonderausstellung. Der erste Teil erläutert in großen Schautafeln Luthers Freiheitsbegriff und ordnet ihn geschichtlich ein. Schlefke erläutert: Der Reformator bezog "Freiheit" auf die Menschen, meinte ihn nicht politisch. Seine Schrift über die Freiheit der Christen stammt aus dem Jahr 1520 und entstand, als Luther nach dem Thesenanschlag unter Zugzwang stand und seine Auffassungen vom Glauben und vom freien Menschen mit weiteren Schriften untermauern musste. Der ehemalige Mönch tat zunächst einiges, um Gott zu gefallen und wusste um die innere Unfreiheit, infolge deren die Seele nie zur Ruhe kommt. Bis er zu der Erkenntnis gelangte, dass frei ist, wer innerlich frei ist, schildert Schlefke. Und sagt: "Ich war beeindruckt, wie aktuell Martin Luthers Aussagen heute noch sind." Auch von "Luthers Ethik und Ökonomie des Genug" erzählt die Ausstellung. "Der christliche Glaube braucht keinen Prunk, allein die Schrift genügt", so seine Auffassung.
Was verstehen Menschen dies- und jenseits der Grenze heute unter Glauben und Freiheit? Darum geht es im dritten Teil. Die Organisatoren schrieben prominente Vertreter, vom Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow über aktuelle und ehemalige Bürgermeister der Initiative Rodachtal an. Haben sie die Freiheit zu glauben und glauben sie an die Freiheit? Die zwölf ausgestellten Antworten zeigen ganz unterschiedliche Herangehensweisen. Bad Rodachs Bürgermeister Tobias Ehrlicher etwa stellt den Fall der Mauer und die Gründung der EU als "zwei wichtige Meilensteine der Freiheit" heraus: "Das Beste, das meiner Generation passieren konnte." Horst Gärtner, ehemaliger Bürgermeister von Straufhain, erinnert daran, dass es in der DDR gefährlich war zu glauben, erst recht an die Freiheit zu glauben. "Jetzt habe ich die Freiheit zu glauben - und ich glaube an die Freiheit", so Gärtner. Hendrik Dressel (Gemünda) zitiert Artikel 4 des Grundgesetzes, der erlaubt "an Jesus Christus, den Propheten Mohammed oder an nichts zu glauben". Sorgen macht Seßlachs früherem Bürgermeister die "Entkoppelung von Freiheit und Verantwortung". Schon Martin Luther habe gewusst, dass der Christenmensch zwar "ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan" sei, gleichzeitig aber "ein dienstbarer Knecht und Jedermann untertan" sei.
Luthers Auffassung am nächsten kommt nach Schlefkes Meinung Roland Hopf von der christlichen Band Heaven's Gate (Linden), die zur Eröffnung der Ausstellung am 31. Oktober zu Gast war. "Jesus bleibet meine Freude, das Vaterunser und Glaubensbekenntnis - mehr brauche ich nicht", so Hopf. Frei sei er durch Jesus, nicht durch die Menschen.
Öffnungszeiten
Die Sonderausstellung ist von Donnerstag bis Samstag jeweils von 13 bis 18 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 10 bis 18 Uhr im Zweiländermuseum Rodachtal in Streufdorf (Gemeinde Straufhain, Obere Marktstraße 3) zu besichtigen. Noch bis 1. November 2017. Näheres unter
www.zweilaendermuseum.de.