Hoch auf Stelzen über den Markt

4 Min
Af Stelzen in die Geschichte Herzog Casimirs: Ein farbenprächtiges Spektakel ist morgen und übermorgen auf dem Coburger Marktplatz zu erwarten. Foto: Veranstalter
Af Stelzen in die Geschichte Herzog Casimirs: Ein farbenprächtiges Spektakel ist morgen und übermorgen auf dem Coburger Marktplatz zu erwarten.  Foto: Veranstalter
 
 
 
 
 

Das Coburger Zentrum wird am Freitag und Samstag, 26. und 27. September, zur Freilichtbühne. Eine sehr spezielle Theatertruppe führt in die Zeit von Herzog Johann Casimir. Der Eintritt zu dem Lichter- und Kostümfest der Historischen Gesellschaft ist frei.

Coburg — In eine historische Bühne verwandelt sich der gesamte Coburger Marktplatz an diesem Freitag und Samstag, sogar in eine durchaus authentische. Als Höhepunkt in diesem Casimir-Jahr nämlich, zum Gedenken an den 450. Geburtstag des ersten autonom regierenden Coburger Herzogs Johann Casimir, der das Stadtbild geprägt hat wie kein anderer, kommen "Die Stelzer". Die international renommierte Theatergruppe aus Landsberg am Lech spielt auf Stelzen von bis zu 1,60 Meter Höhe, was in den raffinierten Kostümen zu fantastischen Effekten führt.
Das Beste dabei: Das Spektakel im Stile der Commedia dell`arte kostet keinen Eintritt. Es ist ein Geschenk der Historischen Gesellschaft zum Jubi läumsjahr, die damit nochmals, nach der ambitionierten Reihe von Vorträgen und den Ausstellungen, Einblick geben will in die Geschichte Casimirs.
14 Schauspieler auf Stelzen werden hoch über den Köpfen der Zuschauer ein buntes Pa norama aus Licht und Fackeln, mit farbenprächtigen Kostümen, Masken, Sprachen und Musik entfalten. Der Marktplatz wird verdunkelt. Ein Lichterspiel erhellt vom Boden aus die Szenen gegen die schwarze Nacht. Musik und Sprache wird durch Lautsprecher von allen Seiten zu hören sein. Für ältere oder gebrechliche Besucher ist der Marktplatz zum Teil bestuhlt. Ab 20.30 Uhr wird ein großer Theaterwagen von der Ketschengasse quer über den Markt ziehen, um Herzog Casimir zu begrüßen, der im Erker des Stadthauses an der Herrngasse schon wartet.

Romeo und Julia

Ihm zu Ehren und den Coburgern zur Freude wird dann in der burlesken und mitreißenden Weise der italienischen Commedia dell' arte des 16. Jahrhunderts Shakespeares damals ganz modernes Stück "Romeo und Julia" aufgeführt. Es endet allerdings nicht in tragischer, sondern heiterer Weise, von Casimir höchstselbst zu einem guten Ende gebracht. Casimir wird übrigens von Stephan Mertl, Schauspieler am Landestheater, dargestellt. Einblicke in das tatsächliche Leben und Wirken Casimirs sind in die Rahmenhandlung aufgenommen. Da können eine lutherische Coburgerin und ein katholischer Seßlacher in der Zeit Casimirs nicht zueinander kommen.
Die aufwändigen Aufführungen zu finanzieren, ist der Historischen Gesellschaft nur möglich geworden durch die Unterstützung der Niederfüllbacher Stiftung, der VR-Bank Coburg, der Stadt Coburg und des Stadtmarketings.

Stelzentheater Historisches Spektakel der Theatergruppe "Die Stelzer", Freitag und Samstag, 26. und 27. September, 20.30 Uhr auf dem Coburger Marktplatz. Eintritt frei. Weitere Informationen unter www.die-stelzer.de

Auszug aus dem fürCoburg erarbeiteten Rahmenprogramm:


1. Akt
Vorspiel (eine lutherische Coburgerin und ein katholischer Seßlacher treten auf):

Anna: Nein, lass den Schwur! Ach Johann, ich hab solche Angst. Ich weiß nicht, was wir machen können, damit wir zusammensein dürfen. Sie werden nie zulassen, dass ich einen Katholischen heirate und deine Familie wird mich auch nie annehmen, denen bin ich doch nicht gut genug. Hier in der Stadt gibt es ständig neue Verordnungen. Schau mal dort ist schon wieder eine ausgehängt. Lies sie mir mal vor!
Johann: (sie gehen zum Aushang und Johann liest laut vor) Kleiderordnungen zur Eindämmung der übermäßigen Pracht, Schwelgerei und Unordnung, sonderlich auf Verlöbnissen, Hochzeiten, Kindtäufften, Begräbnis und dergleichen. Was aber gemeine Bürger und begüterte Handwerksleute betrifft, die sollen so wohl als ihre Weiber und Kinder nichts von gutem Sammet oder Seiden tragen außer der Krägen auf den Mänteln!
Anna: Zieh bloß schnell deinen guten Mantel aus. Es wird immer ärger. Vor 6 Tagen haben sie die Margarethe Ramhold auf dem Scheiterhaufen hingerichtet. Furchtbar. Der Hexenverfolger Centgraf Caspar Lang hat sogar vor der Frau des Bürgermeisters Bachenschwanz nicht halt gemacht.
Johann: Mach dir keine Sorgen Anna, ich hab schon einen Plan, wie wir doch noch zusammen kommen. Ich hab vor ein paar Stunden eine Schauspielergruppe aus Mantua überholt. Die kommen nach Coburg und sollen für den Fürsten ein Theaterstück aufführen. Ich hab da einen Plan.
Anna: Ich hoffe, dass dein Plan gelingt, sonst geht's mir wie der armen Herzogin Anna selig und d'Leut spotten über mich wie auf dem Kusstaler:
WIE KÜSSEN SICH DIE ZWEI SO FEIN
WER KÜSST MICH - ARMES NUNNELEIN
Johann: Aber ich will doch gar keine andere.
Anna: Aber wenn du musst?
Johann: Hörst du's? Die Spielleute kommen. Lass uns mal abwarten
................
................

(Eine große italienische Theatergruppe tritt auf; einige Dialoge über die beschwerliche Reise und über die Angst, in Coburg nicht auftreten zu dürfen, da sie Einnahmen so dringend bräuchten. Sie bauen sich erwartungsvoll vor dem Erker auf, in dem sie Herzog Casimir vermuten.)
................
................

2. Akt

(Casimir erscheint im Erkerfenster. Johann versteckt sich.)
Casimir: Fahrentleut und Komödianten, Sie sind uns willkommen, die Sie von weit herkommen aus Italien. Viel Kunst und Schönheit gebieret dieses Land seit langer Zeit. Wir selbst wollten unsere östlich Fassad inner der Ehrenburg einem Italianer, Maestro Bonalino, für eine lobliche Neugestaltung - zu unserem Ruhme und Freud - anvertrauen. Ihrer Kommen erscheint uns unvermutet - unser Geburtstag und auch unser Hochzeitstag seien schon lang gewest.
Impressario: Die lange Reise, die Wegelagerer, der Krieg, die Berge, der Schnee. Mantua ist weit und die Zeiten sind unruhig, die Straßen unsicher. Eine unserer Schauspielerinnen ist schwer krank geworden, wir mussten sie in Bamberg zurücklassen und ihr einen von uns als Begleiter zur Seite stellen.
Casimir: Auch haben die furstlich Vetter zu Jena per decretum verkundt, keine Spielleut mehr zu Hofe zu lassen. Es ist uns schwer, so leichten Sinnes sich darüber hinwegzusetzen. Gleichwohl lasst uns ein Compromissum machen, denn allzu gerne höret und sieht man Ihrer wohlgefällig Kunst, auf hohen Stöcken groß‘ theatrum feilzubieten, mit Musica gar, klingenden Worten und Lichterspiel. Zumal Sie ein modern und innovativ Stück hochgefällig anbieten, das aus des Poeten William Shakespeares Händen stammet und den Namen trägt: "Romeo und Julia". So sei's, dass Sie auf dem Markte hier spielen sollen - gar sehr zur Ergötzung und educatione der Bürger unser geliebten Residenzstadt Coburg. Sie mögen sich zu Gaste fühlen unter unser Gnad. Platz zum Schlaffen sei Ihnen im Marstall gewähret. So fangen Sie nun gedeihlich an!
(Casimir geht ab, bzw. schließt das Fenster)
Magda: Bei den Pferden will er uns unterbringen? Sind wir Frauen denn dort vor den Studiosis aus dem Gymnasium sicher?
Manolo: Ich werde schon auf euch aufpassen und Miguele wird sie mit seinem Knüppel von euch fern halten.
.