CSU versammelt sich in Coburg: Was passiert nach dem Rückzug von Jürgen W. Heike?

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René Boldt spricht bei der Versammlung der CSU Coburg Foto: Bettina Knauth
René Boldt spricht bei der Versammlung der CSU Coburg Foto: Bettina Knauth
Markus Blume Foto: Bettina Knauth
Markus Blume Foto: Bettina Knauth
 

CSU-Mann René Boldt feuert bei der Kreismitgliederversammlung in Coburg-Beiersdorf gegen den SPD-Kandidaten. Die Partei zeigt sich mit sich zufrieden.

Als "Motor und Gestalter der Region" sieht René Boldt die CSU. Und in Martin Mittag den "vernünftigen politischen Erben" von Jürgen W. Heike im Landtag.

"Die anderen zählen die Probleme, wir haben die Lösungen!" Dieses Motto gab Vorsitzender René Boldt bei der Kreismitgliederversammlung des Kreisverbandes der CSU Coburg-Stadt am Donnerstagabend im "Schwarzen Bären" in Beiersdorf für den Wahlkampfendspurt aus. In seiner kämpferischen Rede teilte Boldt nicht nur kräftig gegen den politischen Gegner aus, sondern ging auch kritisch mit Vertretern der eigenen Partei ins Gericht.

"Jürgen W. Heike braucht einen vernünftigen politischen Erben in München"

Als besondere Herausforderung bezeichnete es Boldt, den Stimmkreis nach dem Rückzug von Jürgen W. Heike "bei der CSU zu halten". Die Region brauche "eine starke Vertretung in München". Einen Landtagsabgeordneten wie Martin Mittag, der für die CSU als zukünftige Regierungspartei im Maximilianeum sitzen werde - und nicht für eine Oppositionspartei mit elf Prozent. "Was will ein solcher - von den eigenen Genossen weggelobter - Kandidat denn bitte in München von der Oppositionsbank aus für Coburg Stadt und Land erreichen?", fügte der Vorsitzende mit Blick auf Landrat Michael Busch hinzu, ohne dessen Namen in seiner Rede nur einmal zu nennen. Obwohl Boldt betonte, in Busch nicht den Hauptkonkurrenten für Mittag zu sehen, schoss er weiter scharf gegen den SPD-Kandidaten: Mittag sehe sich als Vertreter der Menschen im Coburger Land, "nicht als Selbstdarsteller, der ohne Rückhalt in den eigenen Reihen und ohne Netzwerk dasteht". Dieses benötige aber ein Abgeordneter, der das Beste für die Region herausholen wolle. Jürgen W. Heike brauche dazu einen "vernünftigen politischen Erben im Landtag", einen Erben, dem die Verantwortung als MdL bewusst sei - "und keinen Minnesänger, der mit der Gitarre vor der Brust in München ein bisschen Sing-Sang veranstaltet".

Auf "bewegte, aber sehr erfolgreiche Zeiten" im Kreisverband blickte der Vorsitzende zurück. Auf der Haben-Seite verbuchte er die Verteidigung des Bundestags-Direktmandats durch Hans Michelbach. Außerdem konnte mit Birgit Weber erstmals ein Mitglied den stellvertretenden Bezirksvorsitz erobern. Die Coburger CSU bezeichnete Boldt als "Motor der Stadtentwicklung": "Durch zahlreiche Veranstaltungen zeigen wir, dass wir nach wie vor eine tief in der Bevölkerung des Coburger Landes verwurzelte Partei sind und eine Koalition mit den Menschen bilden." Als verlässlicher Partner setze sich die CSU für die Interessen der Menschen und der Wirtschaft in Coburg ein, ohne Hirngespinsten zu folgen und haltlose Versprechungen zu machen. Gute Vorschläge würden aufgegriffen, egal von wem sie kämen. Boldt: "Wir sind keine Nein-Sager rein um des Nein-Sagens willen."

Aber nicht alles läuft optimal

Dennoch verhehlte der 45-Jährige nicht, dass es "hier und da zwacke" und nicht alles so gelaufen sei wie erhofft. So könne die Zusammenarbeit zwischen Kreisvorstand und Fraktion "sicherlich weiter optimiert werden". Unzufrieden verlaufe auch die Mitgliederentwicklung: Von aktuell 290 Mitgliedern sind lediglich 21 Prozent Frauen. Elf Männer sowie drei Frauen sind jünger als 30 Jahre, kein Mitglied jünger als 18 Jahre. "Wir haben zunehmend Probleme, junge Menschen und Frauen zu erreichen", konstatierte der Vorsitzende. Die zehn in den letzten 18 Monaten ausgetretenen Mitglieder hätten fast alle "die große Politik" als Grund angegeben. Es sei zuletzt "oftmals nicht vergnügungssteuerpflichtig gewesen, sich offen zur CSU oder zur Politik zu bekennen", kritisierte Boldt. Dabei sei es die Basis, die den Kopf hinhalte und mit dem konfrontiert werde, was "die da oben gesagt und getan haben". "Fassungslos" machten den Vorstand manche Entwicklungen in der Bundespolitik. Selbst manch alter Hase vergesse, "dass es eben gerade nicht nur um die eigene Überzeugung, sondern um das "große Ganze" gehe, "um unser Land und die Menschen, die darin leben". Boldt: "Eine solche Politik am Bürger vorbei schlägt an der Basis mit voller Wucht zu Buche."

Boldt vermisst Transparenz in Coburg

In Coburg vermisst Boldt Transparenz, etwa beim geplanten Gesundheits-Campus auf dem ehemaligen BGS-Gelände. Seine Forderung: "Die medizinische Versorgung in der Region darf nicht allein im Hinterzimmern ausgekartet und bis zur Landtagswahl - aus welchen Gründen auch immer - verschwiegen werden." Das Globe als Interimsspielstätte des Landestheaters sei ein Erfolg der CSU-Fraktion, die hartnäckig die Verschwendung durch Steuergelder im Falle der Ertüchtigung der Angerturnhalle abgelehnt und stattdessen für eine nachhaltige Lösung geworben habe. Und das digitale Gründerzentrum, Coburgs neues "Leuchtturmprojekt", sei Heikes und Michelbachs Werben zu verdanken. An Letzteren appellierte der Anwalt, "keinen Millimeter davon abzurücken, dass die direkte ICE-Verbindung nach München uns erhalten bleibt".

Blick auf die Kommunalwahl 2020

Boldts Blick richtete sich über den 14. Oktober hinaus bereits auf die Kommunalwahl 2020. Diese werde für Coburg weitreichende Konsequenzen haben. "Es gilt, vernünftige Prioritäten zu setzen und die Politik nicht nur an den Rändern, sondern sich programmatisch auf die breite Masse der Menschen zu konzentrieren", forderte der Vorsitzende. Er fuhr fort: "Wir müssen und wir werden den Menschen für 2020 ein überzeugendes Angebot machen."

Wie das Programm, das sich "an den Bedürfnissen, Wünschen, Sorgen und Nöten" der Menschen orientieren soll, aussehen wird, ließ Boldt offen. Ebenso wenig äußerte er sich zu einem möglichen Kandidaten für die Oberbürgermeister-Wahl. Lediglich schärferen Tempolimits auf der Stadtautobahn sowie "kommunalen Unterstützungen einseitig für eine Klientel" erteilte Boldt eine Absage.

Zum Delegierten für die Landesversammlung zur Aufstellung der Europaliste bestimmten die 35 Stimmberechtigten Hans Michelbach (bei zwei Gegenstimmen). Für René Boldt als Ersatzdelegierten votierten 34 Anwesende (bei einer Gegenstimme).

Landtags-Kandidat Martin Mittag mochte nicht über die neuesten Prognosen sprechen. Er forderte, Politik für die Menschen zu machen, keine Oppositions- oder Protestpolitik: "Eigentlich gut funktionierende Themen schlecht zu reden, das kann nicht Sinn der Sache sein." Ängste zu schüren helfe erst recht nicht weiter. Eine gute Regierung gestehe - wie beim G8 - auch Fehler ein, denn "sicher bringt nicht jede Entscheidung eine 100-prozentige Lösung". Doch um Lösungen für die Brennpunkte - der Seßlacher Bürgermeister nannte vor allem die ärztliche Versorgung, Pflege, Verkehr und Digitalisierung - gehe es den Mitbewerbern weniger: "Sie sagen nicht, wie sie es besser machen würden." Die CSU hingegen bringe Lösungen mit, habe ein offenes Ohr für die Bürger und sage ihnen ehrlich, was gehe und was nicht. Mittag: "Die Art, wie die CSU Bayern und ganz Deutschland in den letzten zehn Jahren unterstützt hat, ist einmalig." Nun gehe es nicht darum, einzelne Personen nach München zu bringen, sondern es gehe um die Region und ihre Menschen.

"Er kann Landtag"

Gastredner Markus Blume, seit März Generalsekretär der CSU, beglückwünschte die Anwesenden zu ihrer Kandidaten-Wahl: "Nach Lage der Dinge gibt es hier nur einen Favoriten - und Martin Mittag hat heute gezeigt, dass er Landtag kann, er ist in allen Themen zu Hause." Blume erinnerte an die "einzigartige Erfolgsgeschichte" der CSU, die Bayern vom Agrarland zum Hightech-Standort gemacht habe, mit "quasi Vollbeschäftigung in allen Landesteilen", Schuldentilgung und einem "Rekord-Haushalt, bei dem kein Auge trocken bleibt". Vor möglichen Koalitionen warnte der "General", der Blick in andere Bundesländer zeige: "Je bunter die Koalitionen, desto blasser die Ergebnisse." Obwohl es den Bayern durch die lange Stabilität "so gut wie nie zuvor" gehe, fühlten sich viele Menschen abgehängt. Diese gelte es stärker einzubeziehen und zu entlasten, zum Beispiel durch die Abschaffung des Soli. Auch das Familien- und Pflegegeld sowie die bayerische Eigenheim-Zulage hülfen dabei. Dann gelte es den Zusammenhalt zu stärken, die Weichen für morgen zu stellen und die besondere kulturelle Prägung Bayerns zu erhalten. Dessen Integrationsgesetz sorge dafür, dass sich "an unsere Werte halten muss, wer zu uns kommt". Nun sei keine Zeit für Experimente oder Denkzettel, forderte Blume: "Wer will, dass Bayern stark, erfolgreich und stabil bleibt, macht ein Kreuz bei der CSU."