Bischwind rüstet sich für seine 750-Jahr-Feier am 24. Juni

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Wenn ein kleines Dorf feiert, helfen wie hier im Seßlacher Ortsteil Bischwind am Dienstag, viele Hände mit. Bis die nagelneuen Zelte auf der Festwiese stehen, braucht es viel Geduld. Bis zum großen Fest mit Matinée, historischen Gewerken wie Speisen sowie einem ausgefallenen Kinderprogramm am Sonntag, 24. Juni, wird alles stehen, da waren sich alle Helfer einig. Foto: Bettina Knauth
Wenn ein kleines Dorf feiert, helfen wie hier im Seßlacher Ortsteil Bischwind am Dienstag, viele Hände mit. Bis die nagelneuen Zelte auf der Festwiese stehen, braucht es viel Geduld. Bis zum großen Fest mit Matinée, historischen Gewerken wie Speisen sowie einem ausgefallenen Kinderprogramm am Sonntag, 24. Juni, wird alles stehen, da waren sich alle Helfer einig. Foto: Bettina Knauth
Wenn ein kleines Dorf feiert, helfen wie hier im Seßlacher Ortsteil Bischwind am Dienstag, Jung wie Alt mit. Bis die nagelneuen Zelte auf der Festwiese stehen, braucht es viel Geduld. Doch Ortssprecher Udo Jahn (rechts, im roten T-Shirt) ist zuversichtlich, dass bis zum kommenden Sonntag alles bereit ist. Foto: Bettina Knauth
Wenn ein kleines Dorf feiert, helfen wie hier im Seßlacher Ortsteil Bischwind am Dienstag, Jung wie Alt mit. Bis die nagelneuen Zelte auf der Festwiese stehen, braucht es viel Geduld. Doch Ortssprecher Udo Jahn (rechts, im roten T-Shirt) ist zuversichtlich, dass bis zum kommenden Sonntag alles bereit ist. Foto: Bettina Knauth
 
Wenn ein kleines Dorf feiert, helfen wie hier im Seßlacher Ortsteil Bischwind am Dienstag, Jung wie Alt mit. Bevor die nagelneuen Zelte auf der Festwiese hinter dem Feuerwehrhäuschen aufgebaut werden konnten, mussten die Pakete erst einmal dorthin transportiert und sortiert werden. Ortssprecher Udo Jahn (im roten T-Shirt) zeigte sich zuversichtlich, dass bis zum kommenden Sonntag alles bereit ist. Foto: Bettina Knauth
Wenn ein kleines Dorf feiert, helfen wie hier im Seßlacher Ortsteil Bischwind am Dienstag, Jung wie Alt mit. Bevor die nagelneuen Zelte auf der Festwiese hinter dem Feuerwehrhäuschen aufgebaut werden konnten, mussten die Pakete erst einmal dorthin transportiert und sortiert werden. Ortssprecher Udo Jahn (im roten T-Shirt) zeigte sich zuversichtlich, dass bis zum kommenden Sonntag alles bereit ist. Foto: Bettina Knauth
 
Die Bedienungsanleitung für die zwei nagelneuen Festzelte hatten Martin Wittmann, Günther Schramm, Adrian Vondran und Peter Steinert (von links) am Dienstag zwar schnell gefunden, dennoch geriet der Aufbau zur Geduldsprobe. Foto: Bettina Knauth
Die Bedienungsanleitung für die zwei nagelneuen Festzelte hatten Martin Wittmann, Günther Schramm, Adrian Vondran und Peter Steinert (von links) am Dienstag zwar schnell gefunden, dennoch geriet der Aufbau zur Geduldsprobe. Foto: Bettina Knauth
 
Der knifflige Aufbau Foto: Bettina Knauth
Der knifflige Aufbau Foto: Bettina Knauth
 
Gasthaus und Handlung Höhn Foto: aus der Chronik von Alexander Stich
Gasthaus und Handlung Höhn Foto: aus der Chronik von Alexander Stich
 
Historisches Foto von Bischwind Quelle: Chronik von Alexander Stich
Historisches Foto von Bischwind Quelle: Chronik von Alexander Stich
 
Historisches Foto von Bischwind Quelle: Chronik von Alexander Stich
Historisches Foto von Bischwind Quelle: Chronik von Alexander Stich
 
Historisches Foto von Bischwind Quelle: Chronik von Alexander Stich
Historisches Foto von Bischwind Quelle: Chronik von Alexander Stich
 
Alter Bierkrug der Brauerei Höhn in Bischwind Foto: aus der Chronik von Alexander Stich
Alter Bierkrug der Brauerei Höhn in Bischwind Foto: aus der Chronik von Alexander Stich
 

Der Seßlacher Stadtteil feiert am Wochenende sein 750-jähriges Bestehen. Ohne einen Bierkrug wäre das Jubiläum wohl untergegangen.

Großes Ereignis für einen kleinen Ort: Das vom Lichtensteiner Wald umringte, nur 100 Einwohner zählende Bischwind feiert am kommenden Sonntag sein 750. Jubiläum. Mit alten Gewerken und Mitmachaktionen für Kinder soll es ein besonderes Fest werden. Beinahe hätte niemand an das Jubiläum gedacht, wäre nicht Petra Grell und anderen Bischwindern eines Tages ein Bierkrug von der 725-Jahr-Feier im Jahr 1993 aufgefallen. ",Mensch, ist das schon fast wieder 25 Jahre her?‘, haben wir gedacht und die Idee fürs Fest entwickelt", berichtet Grell.

Der Ortsname, zunächst Biscofeswinede und später Bischoffswind, verrat die slawische Abstammung des Ortes. Hier wurden die "Wenden des Bischofs", die dem Kirchenmann unterstellten Wenden oder Slaven (althochdeutsche winid) zwangsangesiedelt, wie die laut Walter Schneier ("Das Coburger Land") erste urkundliche Erwähnung 1268 informiert. Die Lichtensteiner erhielten den Ort am Weg nach Heilgersdorf als Coburger Lehen.

Als im Bauernkrieg 1525 die Burg Lichtenstein in Flammen aufging und die Schlösser in Heilgersdorf und Untermerzbach niederbrannten, litt auch Bischwind. Für 1671 sind 18 Herd- oder Feuerstellen dokumentiert. Jakob von Lichtenstein (Lahmer Linie), Wilhelm Albrecht von Lichtenstein (Heilgersdorfer Linie) sowie Sylvester von Buttlar in Memmelsdorf teilten sich den Besitz. Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Kirchdorf: Bis 1868 wuchs die Bevölkerung von 20 auf die Rekordzahl von 258 Einwohnern. Nikolaus Löhlein wurde 1876 zum ersten Bürgermeister ernannt; im selben Jahr gründete sich die Feuerwehr. Politisch konnte das kleine Örtchen lange selbstständig bleiben, im Jahr 1920 wurde eine Eingemeindung nach Lichtenstein abgelehnt. 1972 kam Bischwind dann zur Gemeinde Heilgersdorf, der letzte Bürgermeister Adolf Grell fungierte fortan als Ortssprecher. Nur sechs Jahre später wurde Bischwind nach Seßlach eingemeindet, wo Günther Schramm den Ort im Stadtrat vertrat.

In der von Alexander Stich zum Jubiläum erstellten Chronik finden sich weitere Daten aus der Dorfgeschichte: Ab 1878 etwa zog ein Nachtwächter durch Bischwind, 1906 wurde eine öffentliche Telefonstelle bei Bernhard Vondran eingerichtet, 1910 musste gegen eine Mäuseplage erstmals Gift eingesetzt werden und 1969 stand ein Großteil des Ortes unter Wasser. Großes Glück hatte Bischwind gegen Ende des Zweiten Weltkriegs: In der Nacht vom 30. auf den 31. März 1944 stürzte ein britischer Kampfbomber unweit des Ortes ab. Im Wald ist noch heute das "Bombenloch" wegen Minengefahr absperrt.

Zur Schule gingen die Bischwinder lange nach Lichtenstein. Eine Einschulung nach Heilgersdorf war 1897 abgelehnt worden, doch konnte der empfohlene Bischwinder Schulhausneubau wegen Geldmangels nicht verwirklicht werden. Wenn sich ehemalige Mitschüler treffen, sprechen sie noch über die täglichen Strapazen: Um 7 Uhr ging es gemeinsam auf den unbefestigten Weg hinauf. Lederschuhe und gestrickte Strümpfe mussten reichen, egal bei welchem Wetter. Laternen und Taschenlampen gab es nicht. In der Schule warteten die "Zödeltappen", die besonders im Winter zum Aufwärmen heiß begehrt waren. Nach dem Unterricht durften selbst die Grundschüler alleine nach Hause laufen. Hildegard Grell erinnerte sich: "Wir kannten ja den Weg, außerdem trafen wir im Wald immer auf Leute." Für ihren Lehrer mussten die Schüler dazu "schwarze Beeren" sammeln und Holz aufschichten. Bei Ungehorsam und Unaufmerksamkeit gab es Schläge auf die Hände, vor allem für die Jungen. Nach den Hausaufgaben galt es für alle Schüler daheim in der Landwirtschaft mitzuhelfen. Heute betreiben nur noch zwei Landwirte Viehhaltung.


Aktives Vereinsleben

Nicht nur zum Fest hat sich das schmucke Dorf herausgeputzt. Durch das aktive Vereinsleben dank OGV, Feuerwehr und einer regen Dorfjugend konnten die Bischwinder zuletzt in Eigeninitiative unter anderem den Zugang zum Friedhof barrierefrei gestalten und die Renovierung des Feuerwehrhäuschens in Angriff nehmen. Ab 2010 wurde die Ortsdurchfahrt (CO 9) vom Landkreis ausgebaut, Glasfaserkabel für schnelles Internet und Stromkabel wurden verlegt. 2018 nahm Bischwind am Kreiswettbewerb "Unser schöneres Dorf" teil.

Als Zufluss zur Alster windet sich der Bischwinder Graben vorbei an schönen Fachwerkhäusern. Die Häuser mit der Nr. 13 und 26 wurden für ihre vorbildliche Instandsetzung vom Landkreis mit der Eisernen Rose dekoriert. Im ehemaligen Bauernhof Vondran (Nr. 13, heute Familie Jahn) aus dem Jahr 1923 wurde bis 1981 Landwirtschaft mit Milchviehhaltung betrieben. Unter dem Haus von Gabriele und Alexander Stich aus dem 18. Jahrhundert (Nr. 26) verlief früher der Dorfbach. Hier befand sich die Wagnerei Rennert. Später abgerissene Gebäude hat Stich ebenfalls dokumentiert. Wie die Gastwirtschaft mit Gemischtwarenladen im Haus Nummer 24: Johann Höhn hatte 1925 die Konzession erhalten. Dorothea Höhn und ihr Sohn Emil brauten zunächst bis 1937 ihr Bier in der Brauerei Feder in Untermerzbach, 1941 wurden sie als Hausbrauer zugelassen. Auch im Haus von Marina und Günther Grämer (Nr. 17) befand sich ehemals eine Gastwirtschaft mit Brauerei. Das Anwesen von Johannes Engelhardt brannte am 1. Mai 1939 nieder - nach einer ausgerechnet von der Feuerwehr veranstalteten Feier mit Tanz.

Nach dem Aus für das letzte Dorfgasthaus von Fritz Häfner vermissten die Bischwinder ihre Kirchweih. Bernd Storch, Volker und Dieter Zeitner organisierten 1977 einen Kirchweihmontag. "Als wir alles vorbereitet hatten, kam überraschend die Baronin von Lichtenstein zu unserem Feuerwehr-Kommandanten Erwin Storch und übergab ihm 300 DM", berichtet Zeitner. Mit der Spende dankte die Baronin der Wehr, weil sie einen Brand im Rotenhaner Wald gesichtet und gelöscht hatte.


Das Programm

In drei Wochen, vom 14. bis 16. Juli, steht die nächste Kerwa am Gemeindehaus an. Das Jubiläum am Sonntag benötigte einen weitaus längeren Vorlauf. "Rund anderthalb Jahre haben wir geplant", berichtet Petra Grell, die sich mit Ortssprecher Udo Jahn den Vorsitz des Festausschusses teilt. Für das Ereignis wurden extra T-Shirts gedruckt. "Der Wetterbericht lässt uns hoffen, dass wir unser Festprogramm wie geplant durchziehen können", hofft Jahn. Los geht es um 9.30 Uhr mit dem Festgottesdienst in der evangelischen Kirche. Ab 11 Uhr treffen sich die musizierenden Gruppen Seßlachs zur Matinée. Nach dem Mittagessen mit Spezialitäten aus dem Dorfbackofen und Kartoffeln aus dem historischen Dämpfer (ab 12 Uhr) werden ab 14 Uhr Ehrengäste (wie Schirmherr und Bürgermeister Martin Mittag sowie Landrat Michael Busch) und Vereine den Bischwindern gratulieren. Ab 14.30 Uhr unterhalten "Die Annern Drei", dazu präsentieren sich alte Gewerke wie Seiler und Fasspicher. Kinder können Vogelnistkästen bauen, mit Holzspielzeug spielen oder Ballons steigen lassen.


Chronik

1268 Erste urkundliche Nennung.
1875 Laut Verzeichnis 176 Einwohner, davon 6 Katholiken und 170 Protestanten. 100 Gebäude, 38 Wohngebäude, 1 Pferd, 129 Rinder, 7 Schweine, 18 Ziegen. Versicherungssumme: 38,300 Mark
1876 Nikolaus Löhlein wird erster Bürgermeister. Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Bischwind.
1883 Bau des Spritzenhauses.
1902 Anschaffung einer neuen Orgel, Reparatur des Kirchturms.
1906 Errichtung einer öffentlichen Telefonstelle bei Bernhard Vondran.
1908 Anschaffung einer gemeindlichen Viehwaage (heute Buswartehäuschen).
1910 Erste chemische Giftanwendung gegen die Mäuseplage durch die Gemeinde.
1920 Die Eingemeindung nach Lichtenstein wird abgelehnt.
1921 Innenrenovierung der Kirche (erneut 1964).
1925 Johann Höhn erhält Konzession zum Betreiben einer Gastwirtschaft.
1928 Einführung einer Biersteuer.
1929 Neubau eines Gemeindebackofens.
1939 Großbrand bei Engelhardt.
1945 Bischwind beklagt 10 Gefallene und 6 Vermisste, der Ort entgeht nur knapp einer Katastrophe.
1949 Gemeindearbeit in Fronarbeit: Reparaturen am Backhaus und Gemeindebrunnen.
1955 Umschulung von Lichtenstein nach Heilgersdorf.
1956 Kauf eines Heuthermometers. Bau der Gemeindegefrieranlage.
1957 Instandsetzung des Kirchturmes, mit Turmkugel und Wetterfahne. Bau des Schlauch-Trockenturmes (bis 2016).
1958 Errichtung eines Kriegerdenkmals.
1963 Die Gehsteige werden geteert.
1965 Ausbau der Gemeindeverbindungsstraße nach Lichtenstein.
1966 Adolf Grell wird erster Bürgermeister.
1967 Zustimmung zur Bildung eines Wasserzweckverbandes "Heilgersdorfer Gruppe".
1968 Straße nach Heilgersdorf wird Kreisstraße. Anschluss an Schulverband Seßlach. Neubau des Leichenhauses.
1969 Bischwind steht von der Wassergasse bis zum Anwesen Finzel unter Wasser.
1971 Renovierung der Kirche, Einrichtung eines elektrischen Gelautes mit Turmuhr und Automatik.
1972 Gemeindezusammenschluss mit Heilgersdorf. Bürgermeister Grell wird Ortssprecher.
1976 100. Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr.
1978 Eingemeindung nach Seßlach. Günther Schramm wird Ortssprecher.
1979 Gründung des Obst- und Gartenbauvereins. Vorsitzende wird Helga Höhn.
1981 Abschluss der Flurbereinigung. Verleihung der "Eisernen Rose" an Inge Jahn (Nr. 13).
1985 Einweihung des Gemeindehauses.
1988 Anlegen eines Spielplatzes. Errichtung eines Wartehäuschens.
1990 Ausbau der Flurbereinigungsstraßen. Bischwinds erster PC steht bei Alexander Stich.
1992 Der Backofen wird wieder in Betrieb gesetzt. Alexander und Gabriele Stich (Nr. 26) erhalten die "Eiserne Rose".
1993 Die Kirche wird mit neuen Lampen bestückt. 725-Jahr-Feier mit Festgottesdienst und Matinee.
1995 Großbrand durch Blitzeinschlag im Anwesen Rauscher/Schulz.
1996 Auflösung der Gefriergemeinschaft. Nutzung des Gebäudes durch die Feuerwehr.
1997 Bischwind wird Kreissieger im Wettbewerb "Dorfökologie".
2000 Fertigstellung des Abwasserkanals zur Kläranlage Heinersdorf. Erste Solaranlage zur Warmwasserbereitung (Anwesen Stich).
2001 125 Jahre Freiwillige Feuerwehr Bischwind.
2004 25-jähriges Bestehen des Obst- und Gartenbauvereins Bischwind.
2006 Kreisstraße nach Lichtenstein nach Hangrutsch wieder freigegeben.
2009 Ackerfläche von 7,6 Hektar bekommt Photovoltaikanlage mit fast 23.000 Solarmodulen.
2010/11 Ortsdurchfahrt Bischwind wird gebaut, inkl. Glasfaserkabel für schnelles Internet und Erdverkabelung für Strom.
2017 Erstmals Konfirmation in der Bischwinder Kirche.
2018 Barrierefreier Zugang zum Friedhof mit Pflasterung des Gehwegs. Abriss der Trafostation, Abbau von Oberleitungen und Dachständern.