Die "Frankentrüffel" soll zu einer exklusiven Spezialität der Region werden. Sie besticht durch ihre inneren Werte und ihr unvergleichliches Aroma.
Sie sieht nicht wirklich gut aus. Ihre Haut ist rauh und von Warzen übersät. Und doch hat sie jede Menge Liebhaber. Woran das liegt? An ihrem einzigartigen Duft und Aroma.
"Die Trüffel ist nicht nur eine Speise, sondern eine Philosophie", sagt Josef Valentin Herrmann. Er kommt bei sahnig geschlagenem Kartoffelpüree mit frisch gehobelter schwarzer Trüffel oder Jakobsmuschel-Carpaccio mit weißer Trüffel so richtig ins Schwärmen: "Das schmeckt hochgradig klasse!" Die Trüffelliebe geht bei ihm aber nicht nur durch Nase und Magen, sondern auch durch Auge und Verstand. Herrmann leitet das Fachzentrum Analytik der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim.
Vor den Toren Würzburgs forscht die LWG an einem spannenden Projekt: Wie kann man die "Frankentrüffel" als exklusive, regionale Spezialität auf dem Markt etablieren?
Im Frühjahr Bärlauch und Spargel, im Sommer und Herbst Wein und im Spätherbst sowie Winter Trüffel - wird diese Kombination in Zukunft immer mehr Urlauber rund ums Jahr nach Ober-, Mittel- und Unterfranken locken? Wenn es nach Hermann Kolesch geht, dann auf jeden Fall. Der Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau freut sich schon jetzt auf die "vierte kulinarische Saison Frankens". Er ist überzeugt davon, dass sich die "Frankentrüffel" unter den Edelpilzen ihren Platz erobern kann.
"Viele fränkische Böden sind gigantisch gute Trüffelböden."
In freier Natur streng geschützt
Doch es gibt ein Problem: Die unterirdisch wachsenden Pilzkörper, die in vielen Teilen Frankens heimisch sind, gehören zu den "besonders geschützten Arten". In freier Natur darf die Trüffel laut Gesetz nirgendwo ausgegraben werden. Deshalb versucht man, sie zu kultivieren. "Trüffelgärten würden uns nicht nur Gaumenfreuden bescheren, sondern auch die Bi odiversität erhöhen, denn die Flächen werden extensiv bewirtschaftet. Außerdem könnte man unrentabel gewordene Kleinflächen in Nutzung halten, etwa an Weinbergen oder Streuobstwiesen", ist Josef Valentin Herrmann sicher.
Elf solcher Trüffelgärten hat das LWG-Team am Thüngersheimer Scharlachberg angelegt.
In den Weinbergen und auf Streuobstwiesen mit ganz unterschiedlichen Böden und Kleinklima haben die Forscher in den vergangenen beiden Jahren 420 Haselnuss-, Buchen- und Eichensämlinge gepflanzt, die zuvor in einer spezialisierten Baumschule mit dem Burgunder-Trüffelpilz ("Tuber uncinatum") "beimpft" wurden. Ob sich an den Wurzeln in einigen Jahren aber tatsächlich Trüffel entwickeln? Erste mikrobiologische Untersuchungen im hauseigenen LWG-Labor zeigen: Es sieht nicht schlecht aus. An vielen Stellen tut sich unter der Erde etwas.
Trüffel sind geheimnisvolle Wesen. Noch immer ist das symbiotische Wurzelgeflecht, die Mykorrhiza, die sich zwischen Pilz und Baumwurzeln bildet, ein Buch mit sieben Siegeln. Sicher ist, dass Trüffel eine Verbindung mit den Wurzeln ihrer Wirtspflanzen eingehen. Und zwar zum gegenseitigen Nutzen. Der Baum erhält Mineralsalze und Wasser, die Trüffel wird mit Photosyntheseprodukten versorgt.
Herrmann und sein Team arbeiten fleißig an der Antwort auf die Frage, ob es gelingt, die Burgundertrüffel tatsächlich zu kultivieren. Regelmäßig entnehmen sie Wurzelproben und analysieren, was im Untergrund geschieht. "Das ist eine hochspannende Sache!"
Winzige Fädelchen, nur im Binokular-Mikroskop zu sehen, wecken Hoffnung. "Es schaut so aus, als ob der Kulturtrüffelanbau funktionieren kann", stellt Herrmann fest. "Wir versuchen Leitlinien zu finden, die zum Erfolg führen." Sowohl in Ober- und Mittel- als auch in Unterfranken gebe es "hervorragende Standorte", ist Herrmann sicher. "Die Trüffel liebt Kalk und durchlässige Böden, einen hohen pH-Wert, Wärme und Sommernieder-schläge. Das ist in vielen Teilen der Fränkischen Schweiz, des Franken- und Steigerwaldes, des Maindreiecks und der Vorrhön gegeben."
Unsere Vorfahren wussten das übrigens längst.
Noch vor 150 Jahren war Deutschland eine Trüffelnation. Damals durften wilde Trüffel gesammelt und sogar exportiert werden - ähnlich wie es in vielen unserer Nachbarländer noch immer erlaubt ist. Die berühmte weiße Alba-Trüffel und die nicht minder exklusive schwarze Trüffel (Périgord-Trüffel) aus Italien und Frankreich sind solche Wildarten. Doch die Frankentrüffel hat auch ihre Qualitäten. "Wenn man durch sie den Charakter der fränkischen Landschaft schmecken würde, dann wäre das doch etwas ganz Besonderes", findet Herrmann.
Nicht zuletzt deshalb bereitet sich die LWG jetzt schon darauf vor, mit regionalen Gastronomen, Fachhändlern und Veredlern zusammenzuarbeiten. Sie sollen gerüstet sein, wenn in fünf, sechs Jahren die ersten dunklen, warzigen Knollen ausgegraben werden - und sich herausstellt, dass sie in Wahrheit echte Bodenschätze sind. Das schwarze Gold Frankens.
Info: Am Wochenende 24./25. Oktober kommen Trüffel-interessierte Praktiker und Forscher erstmals an der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) zusammen. Die LWG und der Verband für Trüffelanbau und Nutzung in Deutschland e.V. wollen Ergebnisse der ersten Trüffelanbau-Projekte vorstellen und analysieren. Infos: www.trüffelverband.de; www.lwg.bayern.de;
Hmmmm. Am Scharlachberg also. Wo genau?