Wo Berta härter ist als Paula

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Hans Kurz und Barbara Dicker liefern 111 Gründe, um Franken zu lieben. Foto: BR
Hans Kurz und Barbara Dicker liefern 111 Gründe, um Franken zu lieben. Foto: BR
 
 
 
 

"111 Gründe, Franken zu lieben" stellen Barbara Dicker und Hans Kurz in ihrem neuesten Gemeinschaftswerk vor. Sprachwitz, trockener Humor und satte Ironie zeichnet das Buch aus, das auch als Gebrauchsanleitung für Franken zu verstehen ist. Anbei eine Leseprobe und ein Video.

Gegen alles ist hierzulande ein Kraut gewachsen. Auch gegen die Bayern - ja, selbst die Römer, die in Franken an ihre Grenzen stießen. Nirgendwo sonst als am "Nabel der Welt" gibt's mehr Biere zu probieren. Und Süßholz wird geraspelt, dass es eine wahre Freude ist. Kein Wunder, dass in Franken einst die "Schönste im ganzen Land" lebte - wobei keiner weiß, ob sich Schneewittchen in Lohr am Main eher am Wein oder eben doch Gerstensaft aus Bierfranken berauschte. Ja, manchmal muss man auch ein Loblied auf unsere Region singen, zumal der bescheidene Franke intelligenter als der gemeine Bayer ist. Sie wollen Beweise? Die liefern Barbara Dicker und Hans Kurz schwarz auf weiß: In "111 Gründe, Franken zu lieben" als Liebeserklärung an die "schönste Region der Welt".




"Saufende Bayern"

Vorbei sind die Ferien, der nächste Urlaub ist in weiter Ferne.
Da kommt einem Lidderradur gerade recht, die einem die Vorzüge der Heimat vor Augen führt. Wobei sich die "111 Gründe, Franken zu lieben" keineswegs lesen wie ein touristischer Hochglanzprospekt, der allenfalls Zugereiste aus Regionen jenseits des Bratwurstäqua-tors noch zum Staunen bringt. So kratzen Dicker und Kurz auf rund 240 Seiten nicht an der Oberfläche, sondern schürften bei ihren Recherchen tiefer und gruben mitunter Erstaunliches aus. Wie eben die oben genannte unumstößliche Tatsache, dass Franken schlauer als Altbayern sind. "Amtsärztlich bescheinigt" wurde uns das schon vor über 150 Jahren, nachdem Max II. wissen wollte, "wie es gesundheitlich, aber auch geistig-moralisch um seine Untertanen steht". Und tatsächlich zeichneten die beauftragten Physikusse aller damaligen bayerischen Landgerichtsbezirke ein Bild, angesichts dessen die Oberpfälzer, Ober- und Niederbayern im Boden versinken müssten. Schließlich wurden sie als "saufend, raufend, geistig unflexibel und jedweder intellektuellen Anstrengung gänzlich abhold dargestellt", so Dicker und Kurz. Während man den Franken eine "schnelle Fassungsgabe, sehr gute geistige Anlagen und natürlichen Witz" attestierte.



Bescheidene Franken

Klar, sind wir witzig! Wobei uns Franken der Schenkelklopfer-Humor des Karneval feiernden Rheinländers eher abstößt. "Der Frohsinn hat eine Chance, schwingt sich aber nicht zum Diktator auf", bringt es das Bamberger Autorengespann im Kapitel zur "fünften Jahreszeit" auf den Punkt. Vornehmlich amüsiert sich der "homo franconius par excellence" über trockene Späße, Sarkasmus und Selbstironie, an der es den "111 Gründen, Franken zu lieben" nicht mangelt. Schließlich stinkt zu viel Eigenlob, weshalb wir uns als ausgefuchste Taktiker selbstkritisch und bescheiden geben: "Die typisch fränkische Reaktion auf Lob ist ein ,scho', gefolgt von einem einschränkenden ,Aber'".

Ja, als Stammfränkin weiß Barbara Dicker, wovon sie schreibt. Während Hans Kurz als gebürtiger Schwabe "erst" seit 27 Jahren unter uns weilt, als Gemütsmensch aber von Haus aus große Integrationsfähigkeit bewies. Vielleicht zählt sich das Paar angesichts dieses Migrationshintergrunds auch nicht zu den "hartleibigen Separatisten, die Frankenfähnchen schwenken", wie die Autoren bei aller Liebe zur "schönsten Region der Welt" klar stellen.


Kastrierter Schweinsbraten

Natürlich kommt die fränkische Küche bei Dicker und Kurz nicht zu kurz, nachdem beide zuvor schon drei Kochbücher mit berauschenden Rezepten (rund ums Bier, Wein und Schnaps) auf den Markt brachten. Wussten Sie beispielsweise, was man unter einem "kastrierten Schweinebraten" versteht? Nach wem die Elisenlebkuchen benannt sind? Oder gar, dass der Siegeszug der Kartoffel in Franken begann? Um die Wurst geht's an anderer Stelle: dicke, dünne, kurze, lange, würzige und eher fade Varianten samt Herkunft. Was lässt sich nicht alles aus den Rezepturen herauslesen: "Je höher der Feinbrät-Anteil der Wurst, desto katholischer der Ort, an dem sie hergestellt wird", erfahren Leser beispielsweise. Mit Hilfe von Bratwursthistorikern belegen die Autoren diese Gesetzmäßigkeit auch, die eben mehr ist als nur eine Stammtischschote.
Wo schimpft man origineller als im Frankenland? Kurz und Dicker geben uns gelungene Beispiele von Verbalattacken an die Hand - samt Übersetzungshilfe für Nordlichter: "Bissgurn" (zänkischer Mensch meist weiblichen Geschlechts), "brunzdummer Besn" (extrem unintelligenter Besen), "aufgschdellda Mäusdreck" (aufgestelltes Exkrement einer Maus), "Hömmerleuder" (Hemd-Heraushänger) und "Hirnheimer" als Beleidigung für eine Person, deren Gehirn auf Tauchstation ist.

Noch kurioser: fränkische Ortsnamen wie Strullendorf, Wichsenstein, Busendorf und Fickmühle. Aber genug an dieser Stelle. Lesen Sie lieber selbst die "111 Gründe, Franken zu lieben". Übrigens erscheint schon im November das nächste Werk der Autoren: Eine Mixtur aus Kochbüchern und mörderischen Geschichten, die Hans Kurz bislang im Alleingang schrieb. "Promillekiller" ist der Titel der "zwölf kulinarischen Krimis mit Schuss".



Weitere Infos auf einen Blick

Das Buch "111 Gründe, Franken zu lieben - Eine Liebeserklärung an die schönste Region der Welt" von Barbara Dicker und Hans Kurz (Taschenbuch, 248 Seiten, ISBN 978-3-86265-463-5, 9,99 Euro) ist überall im Handel und im FT-Shop erhältlich.

Die nächste Lesung mit den Autoren findet am 2. Oktober ab 20 Uhr in der neuen Stegauracher Bücherei statt.

 
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