Wann tut sich was beim Digitalen?

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Susanne Dörfler, die Schulleiterin der Grund- und Mittelschule Gaustadt, wartet wie ihre Kollegen auf neue Digitalausstattung. Foto: Ronald Rinklef
Susanne Dörfler, die Schulleiterin der Grund- und Mittelschule Gaustadt, wartet wie ihre Kollegen auf neue Digitalausstattung. Foto: Ronald Rinklef

Mit großer Euphorie haben auch die Grund- und Mittelschulen Medienkonzepte entwickelt und Hardware ausgewählt, um von verschiedenen neuen Fördertöpfen zu profitieren. Dass der Weg zur Umsetzung aber lang ist, beklagt nicht nur die Gaustadter Schulleiterin Susanne Dörfler.

Viel Geld aus dem Digitalbudget vom Freistaat und aus dem Digitalpakt vom Bund soll auch an Bamberger Schulen den digitalen Wandel vorantreiben. Doch bislang ist noch nichts davon angekommen. "Wir wissen alle noch nicht, was wir wann bekommen, das zieht sich wahnsinnig in die Länge", sagt etwa die Gaustadter Schulleiterin Susanne Dörfler, die sich zum Thema Digitalisierung erst in dieser Woche mit den anderen Bamberger Schulleitern ausgetauscht hat.

Denen geht es nicht anders. Anfang August mussten die Schulen ein Medienkonzept abgeben und bekamen je nach Schulgröße bestimmte Budgets zugeteilt, für die sie digitale Warenkörbe füllen durften. Aufgrund des Gesamtvolumens habe dann die Stadt die geplanten Anschaffungen europaweit ausschreiben müssen. Inzwischen lägen die Ergebnisse vor und müssten nun ausgewertet werden. Dörfler hatte für ihre Grund- und für ihre Mittelschule jeweils 30 iPads bestellt, daneben unter anderem Dokumentenkameras und große Bildschirme für die Wände. "Es ist auch Aufgabe jeder Schule, ihren Weg zu finden. Wir wollten zum Beispiel die iPads für die Arbeit in Kleingruppen nutzen, damit man nicht immer mit der ganzen Klasse in den Computerraum muss", sagt die Schulleiterin. Ihr Kollegium habe schon im Vorfeld vielfältige Beratungsangebote und Informatik-Fortbildungen genutzt. Der Initiative des früheren Konrektors Ernst Griebel sei es zu verdanken, dass ihre Schule bereits "Internet in jeder Ecke" und auch ein schuleigenes, sicheres WLAN habe.

Zusätzliche Stellen

Der Schulleiterin ist klar, dass die Bestellungen aufgrund des Bamberger Auftragsvolumens komplizierter sind als in einigen Landkreis-Kommunen, wo bereits Computer angeschafft wurden. "Aber wir hatten ein Jahr Vorlauf, intensive Gespräche und Konferenzen mit Kollegen, die wir nun vertrösten müssen." Sie hoffe nun, dass die Vergabe zügig über die Bühne gehe und für die Installation nicht noch einmal viel Zeit ins Land ziehe.

"Wir nehmen das Thema Digitalisierung an Schulen sehr ernst, unsere Lebenswirklichkeit verändert sich und damit muss auch das Lernumfeld Schritt halten", sagt Schulreferent Christian Lange (CSU). "Es geht dabei immer um die pädagogischen Ziele, die ich mit der digitalen Ausstattung erreichen möchte." Den Prozess werde die Verwaltung mit den Schulfamilien angehen. Dass es auch in Bamberg zu Verzögerungen gekommen ist, weil das bayerische Kultusministerium erst spät Förderrichtlinien und Antragsformulare zum Digitalpakt veröffentlicht hat, bedauere Lange sehr. Bei den Zweckverbänden für Gymnasien und Berufsschulen wurden zusätzliche Stellen geschaffen, um die Fördermittel aus dem Digitalpakt effizienter abrufen zu können.

Dadurch stünden nun auch für die Schulen in städtischer Trägerschaft mehr personelle Kapazitäten für den Digitalisierungsprozess zur Verfügung. Jede Geräteanforderung müsse fundiert begründet werden, das sei mit enormem Aufwand verbunden. "Die Situation an jeder Schule ist unterschiedlich und daher brauchen wir auch für jede Schule maßgeschneiderte Lösungen", sagt der Zweite Bürgermeister.

Die Schulen bei der digitalen Weiterentwicklung unterstützen möchte auch Stefan Kraus von der Mittelschule Eggolsheim. Kraus ist informationstechnischer Berater digitale Bildung für die Schulamtsbezirke Bamberg und Forchheim. "Ich helfe den Schulen bei der Ausstattungsplanung und erarbeite mit ihnen, was für die Durchsetzung der jeweiligen Ziele notwendig ist." Dafür besuche Kraus in jeder Woche zwei bis drei Schulen, verschaffe sich einen Eindruck und berate die Verantwortlichen. "Wir wollen einen Standard erarbeiten, mit dem man langfristig arbeiten kann." Die Umsetzung des Digitalpakts werde Jahre dauern, ist Kraus überzeugt. "Der Pakt ist bis 2024 angelegt und wo zusätzliche Sanierungen anstehen, wird es ohnehin Verzögerungen geben." Aber insgesamt werde sich das Niveau der digitalen Ausstattung spürbar anheben lassen. Das Unterstützernetzwerk der Schulämter stehe Gewehr bei Fuß, biete unter anderem Beratungen zu Informationstechnik, Medienpädagogik und Fortbildungsplanung an.

Signifikante Verbesserungen

Schulen im Freistaat bieten sich zwei große Förderprogramme auf Landes- und Bundesebene (vgl. Infokasten). Matthias Pfeufer vom städtischen Bildungsbüro hatte zuletzt im Zweckverband Gymnasien erläutert, dass der erste Teilantrag zum bundesweiten Digitalpakt spätestens Ende des ersten Quartals 2020 gestellt wird, zwei weitere folgen dann bis Ende 2021.

"Wichtig ist dabei, dass für jeden Teilantrag mit allen Schulen zusammengefasst abgestimmt sein muss, welche Anforderungen die Schulen aus ihren individuellen Medienkonzepten im jeweiligen Maßnahmenabschnitt umsetzen wollen", führte Pfeufer dazu aus. Im ersten Schritt würden "Maßnahmen ergriffen, die ein Weiterarbeiten auf hohem Niveau ermöglichen". Erforderliche Neubeschaffungen und Entwicklungen hin zu den auch in den schulischen Medienkonzepten festgelegten Schwerpunkten könnten dann in den nächsten Jahren sukzessive erfolgen.

Eine angemessene Digitalausstattung der Schulen hat sich auch der Gesamtelternbeirat der Bamberger Grund- und Mittelschulen auf die Fahnen geschrieben, dessen Vorsitzender Lothar Herlitzius aber auch feststellt: "Man muss schon sehen, wofür Geld ausgegeben wird und ob die Ausstattung der Schulen dadurch signifikant verbessert wird." Und wenn die pädagogisch sinnvolle Ausstattung da sei, müsse auch deren Wartung, Pflege und Betrieb finanziert werden. Digitalität setze zudem neben technischem Equipment häufig auch räumliche Veränderungen voraus.

"Der Status quo ist derzeit sehr unterschiedlich", sagt der Vater von zwei Grundschulkindern. "Ich weiß nicht, wie viele Geräte mit Betriebssystemen genutzt werden, mit denen man besser nicht mehr ins Internet gehen sollte." Das sei auch unter Gesichtspunkten des Datenschutzes bedenklich.

Während jede Bamberger Schule ihr eigenes Medienkonzept entwickelt und aus dem Digitalbudget Hardware ausgewählt hat, tritt Ute Schmid, Professorin für Angewandte Informatik an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, ein wenig auf die Euphoriebremse. "Es reicht ja nicht, wenn jetzt alle iPads und Smartboards bestellen. Es müsste noch mehr in Lehrpläne und Materialien investiert werden sowie in die schulische Infrastruktur - vom Schulklo bis zum WLAN", sagt die Professorin.

Lernlabor an der Martinschule

"Viele Grundschulen wurden in Sachen digitaler Entwicklung ein bisschen alleine gelassen. Und manche Lehrkräfte haben Angst, dass die Technik dann vor ihren Klassen nicht so funktioniert, wie sie das gerne hätten."

Ganz losgelöst vom Digitalpakt wird am heutigen Montag an der Bamberger Martinschule ein digitales Lernlabor eröffnet, für das sich Schmid schon lange eingesetzt hat. Als sie vor gut 15 Jahren nach Bamberg kam, veranstaltete sie Informatik-Workshops für Kinder ab der fünften Klasse, dann kamen auch Vor- und Grundschulkinder hinzu. "So entstanden ganz vielfältige Materialien. Wir haben zunehmend gemerkt, dass Vor- und Grundschulkinder zwar intuitiv daddeln oder Nachrichten verschicken, aber auch verstehen möchten, was sie da tun und was dahintersteckt. Solche Fragen didaktisch reduziert, aber nicht falsch aufzuarbeiten, ist unser Ziel." Viele Jahre hat Schmid nach Finanzierungspartnern für ein Lernlabor gesucht. Zunächst stieg die Hermann-Gutmann-Stiftung ein. Als dann dank einer Projektförderung durch die Oberfrankenstiftung ein dreijähriges Projekt möglich wurde, entschloss sich auch der Freistaat für die flächendeckende Einrichtung solcher Labors.

Multiplikatoren willkommen

An der Martinschule soll es nun vorrangig um die Fragen gehen, welche Materialien Kinder spannend finden und was sie bei deren Nutzung lernen. Es werden zum Beispiel Pixelspiele angeboten, Materialien zu Algorithmen, Analogem und Digitalem. "Wir wollen die Module und Konzepte systematisch evaluieren, von dem Forschungsprojekt sollen neben den Kindern auch die Lehrkräfte profitiert. Was halten sie für relevant und was nicht?" Entsprechend sind als Multiplikatoren auch Vertreter anderer Schulen im Lernlabor willkommen.

Digitalbudget und Digitalpakt

Digitalbudget Das Förderprogramm "Digitalbudget für das digitale Klassenzimmer" im Rahmen des sogenannten Masterplans Bayern Digital II speist sich aus Mitteln des Freistaats Bayern. Die maximale Zuwendung beträgt hier laut Bildungsbüro für die Stadt Bamberg - also für die Grund- und Mittelschulen, die Graf-Stauffenberg-Realschule und die Graf-Stauffenberg-Wirtschaftsschule sowie die Berufliche Oberschule Bamberg (FOS/BOS) - rund 380 000 Euro, für den Zweckverband Gymnasien Stadt und Landkreis Bamberg - also für sechs Gymnasien - rund 420 000. Aus diesem Topf können nur Geräte finanziert werden, aber keine Infrastrukturmaßnahmen wie WLAN oder Kabelverlegungen. Für die soll es aber im Digitalpakt entsprechende Mittel geben.

Digitalpakt Die Förderrichtlinie für das Programm "digitale Bildungsinfrastruktur an bayerischen Schulen" (dBIR) im Rahmen des Digitalpakts Schule sieht aus Bundesmitteln maximal 1,67 Millionen Euro für die Stadt Bamberg, 1,81 Millionen Euro für den Zweckverband Gymnasien und 1,59 Millionen Euro für den Zweckverband Berufsschule vor.

Eigenanteil Der kommunale Eigenanteil liegt bei beiden Förderprogrammen bei mindestens zehn Prozent.

KOMMENTAR von Stefan Fößel

Nichts zu verschenken

Es leuchtet ein, dass die Bestellung von Digitalausstattung für eine vielfältige Schulstadt wie Bamberg komplexer ist als in einer kleinen Landkreisgemeinde. Es geht zusammen um mehr als vier Millionen Euro Förderung - bei einem Eigenanteil von zehn Prozent. Bei solchen Summen muss europaweit ausgeschrieben werden. Das kann ebenso wenig der Stadt angelastet werden wie die langsame Ausgestaltung des Digitalpakts durch das bayerische Kultusministerium. Stadt und Zweckverbände tun aber gut daran, das Personal nun so aufzustocken, dass das Millionengeschenk von Bund und Land auch in voller Höhe angenommen und an die Schulen weitergereicht werden kann. Denn eingebettet in gute pädagogische Konzepte kann damit viel bewirkt werden. Die Schulen haben es verdient, dass dieses nicht leicht zu erreichende Ziel mit Nachdruck verfolgt wird.