Was macht eine junge Frau, eingemummt wie für einen Winterspaziergang, an einem Sommertag am Geländer der Bamberger Luitpoldbrücke?
Der Blick geht geradeaus aufs Wasser. Oder ins Buch auf dem Schoß. Mütze, Schal, Winterschuhe. Eine Decke über den Knien. Mittags kurz vor 12 Uhr bei schätzungsweise 20 Grad in Bamberg.
Am Montag saß sie schon da, sie sitzt jetzt da und wird auch am Mittwoch noch dasitzen. Auf einem Klappstuhl am Geländer der Luitpoldbrücke. Victoria hat die Gefahr im Blick, die aus dem Süden kommt. Wenn ein Schiff naht, greift sie zum Handy. Das ist ihr Job - und einige hundert Meter weiter das Signal für die Arbeiter an der Löwenbrücke, den Hubsteiger einzufahren.
Gewährleistungsfrist endet
Brückenhauptuntersuchungen finden alle sechs Jahre statt. In diesem Fall handelt es sich um die gerichtlich festgelegte Prüfung zum Ende der Gewährleistungsfrist im Zuge der Erstellung des Brückenbauwerks, informiert die Stadt Bamberg.
Festgestellte Baumängel könnten damit auf Kosten der verantwortlichen bauausführenden Firma beseitigt werden.
Victoria, Abiturientin aus Nürnberg, ist froh über das "brave" Wetter an diesem Dienstag. Ganz anders als am Tag zuvor, als sie unter ihrem Regenschirm nicht nur ein bisschen, sondern ganz ordentlich eingeweicht wurde. "Als es dann auch gewitterte, war es hier nicht mehr so lustig. Aber man hat mir versichert, dass die Brücke einen Blitzschutz hat."
Wie kommt man an so einen Job, der Passanten dazu veranlasst, mitten auf der Brücke umzudrehen und die junge Frau nach dem Grund ihres Auf-den- Fluss-Starrens zu fragen?
"Mein Freund sitzt auf der anderen Seite der Löwenbrücke. Etwa so weit davon entfernt wie ich. Sein Papa ist der Ingenieur, der für die Brückenprüfung zuständig ist. So bin ich hierhergeraten", erzählt Victoria. "Ich mag es, wenn die Leute mich ansprechen.
Das bringt ein bisschen Abwechslung. So richtig viele Schiffe kommen hier nämlich nicht vorbei."
Warme Gedanken
Mit Lesen vertreibt sich die 18-Jährige die Zeit. "Fifty Shades of Grey" hat sie in der Hand. "Das muss sein", lacht sie spitzbübisch. Und was hält sie sonst noch warm? "Gestrickte Wollsocken, zwei Fleece-Hosen, Fleece-Pullover, winddichte Regenjacke."
Vesper, wie sie sagt, hat sie dabei. Und wenn es um das Loswerden von Essen und Trinken geht? "Dann muss ich Bescheid sagen, dass ich meinen Posten verlasse. Nicht so viel trinken, beugt da vor. Für die paar Tage geht das schon mal."
Kurzer Fußmarsch zur Löwenbrücke. Der Hubsteiger, der bis auf 53 Meter ausgefahren werden kann, steht am Georgendamm-Ufer. Gerade ist ein Container-Schubverband "durch". Richtung Viereth. Die Arbeiter warten aufs Weitermachen-Können.
Der Chef ist am nächsten Tag wieder in Bamberg. Erst dann gibt es Informationen zum Brücken-Check.
Und vielleicht auch die Antwort auf die Frage einer Passantin an die Prüfer: "Wieso sind da so viele Kabelbinder am Geländer? Erst waren es 36. Ich habe sie gezählt. Und jetzt sind es 70. Das ist doch eine neue Brücke!"
.......dass sie aufpasst dass niemand auf den Main-Donau-Kanal schifft! Ach, ich Dummerchen!