Während sich ihre Eltern abschwitzen, lassen sich einige Knirpse gemütlich im Babyjogger herumkutschieren. Darunter auch Bernd Deschauers und Tobias Gradls Nachwuchs. Wir sprachen mit den Familienvätern über ihre Trainungserfahrungen für den Bamberger Weltkulturerbelauf.
Rauf und runter spurten Bamberger die sieben Hügel der Domstadt: Der Weltkulturerbelauf (WKEL) naht und bringt letzte Couchpotatoes auf Trab. Manche rennen im Alleingang, andere schnaufen im Team dem Sportereignis entgegen. Ja, und dann gibt's noch Spezialisten, die mit dem Nachwuchs trainieren, der sich im Kinderwagen bequem chauffieren lässt. Wie Bernd Deschauer und Tobias Gradl, um nur zwei Beispiele ambitionierter Familienväter und -mütter zu nennen.
"Vor zehn Jahren begann ich zu laufen", berichtet Deschauer, der ursprünglich aus München stammt und im vergangenen Jahr erst einen Kinderwagen-Wanderführer veröffentlichte. Der WKEL machte dem Sozialpädagogen Beine. Mit Freunden absolvierte er 2005 die 4,4-Kilometer-Strecke. Bald aber schon suchte sich Deschauer größere Herausforderungen. "So folgte 2008 in Berlin mein erster Marathon und 2010 im Berner Oberland mein erster Berg-(Jungfrau)-Marathon."
Mit beiden Söhnen trainieren Im gleichen Jahr noch wurde der Wahlfranke Vater, was Deschauer aber nicht aus der Laufroutine brachte. "Ich nahm meinen Sohn eben im Kinderwagen mit und nach etwa fünf Monaten im Jogger. Auf diese Weise kam ich zu meinem Sport und Leopold zu seiner Mittagsruhe."
Lorenz' Geburt im Dezember 2012 bedeutete für den Läufer die nächste Schwierigkeitsstufe. "Wenn ich nun meine zwei Jungs vor mir herschob, spürte ich ihr Gewicht doch recht deutlich." Genau das aber bringt Kondition, wie sie Deschauer für den Zermatt Marathon, den Brixen Dolomiten Marathon, den Vienna City Marathon und Hamburg Marathon in den kommenden Jahren brauchte. Ganz zu schweigen vom Allgäu Panorama Marathon (Ultra-Trail), bei dem der Wahlbamberger im vergangenen Jahr 69 Kilometer und 3.000 Höhenmeter zurücklegte.
Attraktiv sind natürlich auch Wettbewerbe, zu denen Teilnehmer mit dem Kinderwagen antreten dürfen. "Da fragten mich Zuschauer schon, ob ich noch einen Platz frei hätte." Wenn man als Läufer mit dem Nachwuchs vorneweg dann andere Teilnehmer überholt und in einer guten Zeit das Ziel erreicht, wäre das ein wunderbarer Erfolg. "Da hängst du dann anschließend auch deinen Kindern die Medaille um."
Wettbewerbe mit Baby-Jogger Neben diversen Läufen im Hain bestritt Deschauer den Halbmarathon des Obermain-Marathons 2012 inklusive Filius (in einer Zeit von 1:44 Stunden). "Jetzt möchte ich mit dem Kinderwagen beim WKEL die 4,4-Kilometer-Strecke nehmen und anschließend noch solo die 21,1-Kilometer-Strecke."
Die gleichen Ziele wie Deschauer steckte sich Tobias Gradl, der seit Anfang des Jahres mit dem Babyjogger trainiert. "Auch Tim schläft über weite Strecken, wenn wir bis zu 20 Kilometer laufen." Oder aber er ist wach und beobachtet das Geschehen um sich herum. Wobei eine kürzliche Panne dem kleinen Mann besonders gefiel: "Ein Reifen war geplatzt, was Tim zum Lachen brachte, nachdem er im Babyjogger hin und her schaukelte." Glücklicherweise war Mama mitgeradelt, "heizte gleich nach Hause" und sammelte ihre beiden Männer anschließend mit dem Auto ein.
Auch über Schotter- und Waldwege Welche Trainingsstrecken eignen sich in Bamberg, sofern Eltern den Nachwuchs mitkutschieren möchten? "Werden die Kleinen im klassischen Kinderwagen mitgeschoben, so sollte der Untergrund möglichst eben sein", meint Deschauer. "Mit dem Babyjogger aber läuft man problemlos über Teer-, Schotter- und Waldwege." Holpern die Hosenmätze denn tatsächlich klaglos über Stock und Stein? Ja, auch Deschauers Söhne sind darin mittlerweile geübt. "Meine Standardstrecke mit Kindern liegt bei rund 15 Kilometern, zuweilen kommen wir auch auf fast 25 Kilometer." Nur einmal musste der Marathon-Mann seinen Lauf abbrechen, "weil Leopold partout keine Lust mehr hatte".
Den Berg hinauf Die erklärte Lieblingsstrecke der Deschauers führt übrigens am Kanal entlang und weiter durch den Hain. "Richtig anspruchsvoll wird's dann, sofern man noch die Verlängerung von Bug aus weiter übers Missionsmuseum und durch den Bruderwald zum Klinikum nimmt. Da ist noch eine Steigung und etwas Wald dabei, was Abwechslung bedeutet."
Berge muss man mit Kinderwagen erst mal bewältigen. "In Bamberg ist der Weg zur Altenburg wohl die schwierigste Strecke - machbar, aber äußerst anstrengend." Auch bergab geht's nur "mit äußerster Konzentration, nachdem das Gewicht des Wagens nach unten zieht". Der Profi empfiehlt für derartige Situationen "ein Sicherungsseil, das ums Handgelenk führt und mit dem Wagen befestigt ist".
Ja, und eine Unterkühlung der Kinder sollten Läufer ebenfalls vermeiden, die im Gegensatz zu ihnen naturgemäß schwitzen."Die Kleinen aber sitzen im Wagen ohne sich zu bewegen und sollten dementsprechend warm in Decken eingepackt werden." Als Verpflegung empfiehlt der Marathon-Mann geschnittene Äpfel, Bananen, Reiswaffeln und natürlich immer etwas zu trinken. "Darüber hinaus nehme ich gerne Spielsachen (Autos) oder auch Bücher mit, damit meinen Söhnen nicht doch noch langweilig wird."
Neue Wandertouren Weitere Infos gibt Deschauer auf der
Wanderzwerg-Website. Gerade arbeitet der Autor auch an der zweiten Auflage der "Kinderwagen-Wanderungen", die im Juli erscheinen soll und weitere fünf Touren enthält. "Ich war ja selbst überrascht, wie groß die Nachfrage nach dem Buch ist."