Tourismus in Bamberg: Auf der Suche nach Maß und Mitte

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6,3 Millionen Tagestouristen im Jahr: Bamberg boomt.Foto: Ronald Rinklef
6,3 Millionen Tagestouristen im Jahr: Bamberg boomt.Foto: Ronald Rinklef

Die steigende Zahl der Tagesbesucher ist eine riesen Herausforderung für die Stadt Bamberg. Experten suchen Lösungen.

Braucht Bamberg wirklich Rolltreppen zum Michelsberg? Mit solch einer Idee überraschte ein Teilnehmer der Diskussion "Tourismus in Bamberg - Lust oder Last!?". Hintergrund für diesen Vorschlag: die weiter zunehmenden Besuche von Schiffstouristen, die die Altstadt zu Stoßzeiten bevölkern und so auch den Unmut vieler Bürger auf sich ziehen. Ein etwas unorthodoxer Vorschlag. Doch er zeigt deutlich, wie sehr manche Bamberger mittlerweile mit dem Riesen-Erfolg Tourismus ins Hadern kommen.

Wo liegen aber eigentlich die Grenzen für dessen weitere Entwicklung in der Stadt? Dieser Frage ging die IHK-Veranstaltung in der Altenburg nach. Zu Beginn stellte Kammer-Präsident Heribert Trunk eines klar: "Tourismus ist gut für eine Stadt. Viele Unternehmer profitieren davon und auch für den Staat ist das Geschäft mit Gästen lukrativ, da so auch mehr Steuern fließen. Aber klar ist auch, dass das Gesamtpaket stimmen muss. Tagesbesucher, die per Schiff Station machen, dürfen nicht qualitativ hochwertigen Tourismus verdrängen."

Bürgermeister Christian Lange (CSU) erinnerte im Anschluss daran, dass Bamberg in den kommenden Jahren vor wichtigen Weichenstellungen stehe. Das betreffe etwa das Thema der Konversion auf den ehemaligen Liegenschaften der US-Armee. Hier forderte er unter anderem eine Ansiedlung von Gewerbe und Kultur. "Beim Thema Tourismus müssen wir zudem die Zahl der Übernachtungen steigern und attraktive Wochenend-Pakete für Besucher schnüren. Außerdem müssen wir als Stadt dafür sorgen, die Gäste-Ströme besser durch die Stadt zu leiten, um so einen Kollaps zu vermeiden."

Ein Rekord nach dem anderen

Bamberg schreibt derzeit eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Menschen aus aller Welt reisen ins Weltkulturerbe. Regelmäßig werden neue Rekorde aufgestellt. 6,3 Millionen Tagesreisende werden laut einer Studie von Manfred Zeiner derzeit pro Jahr gezählt, zusätzlich übernachten etwa 700 000 Gäste in den Hotels und Pensionen der Stadt. Nicht mit inbegriffen sind bei diesen Auflistungen die Besucher, die bei Bekannten oder Verwandten unterkommen.

Über 250 Millionen Euro Umsatz bringt der Wirtschaftszweig den heimischen Betrieben. Ein Übernachtungsgast gibt am Tag etwa 166 Euro aus, die sogenannten Kreuzfahrer dagegen nur 25 bis 30 Euro. 5000 Menschen leben mehr oder direkt von den Geschäften mit den Reisenden. Zeiners Fazit: "Bamberg ist im Top-Segment bei den Tourismus-Zielen angekommen. Aber unter den Welterbe-Städten sind die Anteile der Besucherströme dennoch nicht außergewöhnlich hoch."

Aber selbst Bamberger Geschäftsleute kommen ins Grübeln. Eine Frau forderte etwa während der Diskussion, mehr Plätze mit Aufenthaltsqualität in der Stadt zu schaffen. "Der Platz vor dem Dom ist meist leer, warum unternimmt man nichts dagegen?" Bürgermeister Lange antwortete: "Wir wollen Dezentralisieren - möchten dafür am Michelsberg und im Gärtnerviertel die Voraussetzungen schaffen. Auf dem Domberg sind wir als Stadt nicht der Eigentümer, hier müssen wir Lösungen mit dem Freistaat finden."

Der Kommunalpolitiker deutete auch eine Lösung für die längst überfällige Schaffung eines Besucherzentrums Weltkulturerbe an: "Es zeichnen sich gewisse Dinge an. Es gibt Ideen, das Zentrum in der Altstadt anzusiedeln." Nähere Angaben blieb Lange jedoch schuldig. Laut FT-Informationen könnte es sich bei dem Standort um das Untere Mühlenviertel an der Regnitz handeln, das seit Jahren nicht genutzt wird und verfällt. Es wäre eine Top-Lage für ein derartiges Projekt.

Wohin aber steuert Bamberg mit seinen einzigartigen Stätten und Plätzen? "Maß und Mitte finden", das forderte Trunk von einer künftigen Weiterentwicklung des Tourismus. Die Stadt müsse seiner Meinung nach definieren, "was geht und was nicht geht". In diesem Zusammenhang schlug er vor, unterschiedliche Angebote von Stadtführungen für Schiffstouristen anzubieten. "Sind einzelne solcher Führungen ausgebucht, dann müssen Gäste eben auf andere Touren ausweichen. So entgeht Bamberg einer weiter zunehmenden Konzentration auf wenige Anlaufpunkte in der Altstadt."

Klar sei weiter, dass sich auch die Bürger in ihrer Heimat wohl fühlen müssen. Angesichts der Massen, die sich an den Wochenenden durch die Gassen wälzen, meiden nämlich schon jetzt viele Einheimische den Trubel. "Es ist nicht unser Ziel, noch mehr Tagestouristen anzulocken. Wir möchten viel mehr, dass wir die Zahl der Übernachtungsgäste steigern. Das muss unser Anspruch sein", so Lange. Eine echte Herausforderung, die wohl nur in einem Miteinander zwischen Politik und Wirtschaft zu schultern sein wird.


Kommentar von Peter Groscurth

Bamberg und seine Touristen - eine echte Erfolgsstory. Auf den ersten Blick zumindest. Der Aufschwung der letzten Jahre hat aber auch seinen Preis. Zu schnell sind die Gästezahlen in die Höhe geschnellt. Zu rasch mussten sich die Menschen mit den Besucherströmen arrangieren. Das überfordert viele. So entstehen Ängste und Vorurteile. Kritische Stimmen sollten jetzt aber nicht einfach weggebügelt werden. Bamberg lebt schließlich von seiner Vielfalt. Von den wundervollen mittelalterlichen Bauten, seinen Besonderheiten wie dem Gärtnerviertel oder auch von der Uni und deren Studenten, die für Leben und Modernität sorgen. Wachstum um des Wachstums willen führt im Tourismus in eine Sackgasse. Viele Regionen können ein Lied davon singen. Selbst der Schwarzwald musste das schmerzlich erfahren und sucht nun mit teuren Lösungen nach dem Ausweg aus dem Billig-Reisesegment. Bamberg darf kein beliebiges Ziel werden - Bamberg ist einzigartig und das sollte es auch selbstbewusst nach außen tragen. Die beste Werbung ist schließlich noch immer die, wenn zufriedene Gäste zuhause von schönen Momenten in unserer Stadt erzählen.