Stephan Bach packt fürs Bamberger "Theater im Gärtnerviertel" literarische Preziosen in eine Rahmenhandlung.
Ehrlich ist er, dieser Christian Sigismund Ahlberg. Von Beruf ist der gebürtige Däne Sohn, das schwarze Schaf der Familie, dennoch von ihr ausgehalten, eine Drohne. Und der kleine Weinberg in der Nähe von Zeil, den er sich zugelegt hat? Er dient eher der Erbauung als dem Ertrag, denn die Qualität des selbst gekelterten Weins schwankt zwischen "ekelhaft und ungenießbar".
Gut, dass man dieses Gesöff auch nicht in einem Akt des "Schluckheroismus" oder des "Trinkathletentums" konsumieren muss. Dafür stehen am aktuellen Spielort des "Theaters im Gärtnerviertel" edlere Tropfen im Regal. Ganz intim geht es zu in der Vinothek "Vino e Camino" beim Einpersonenstück "Er ist reif. Weinseliges mit Bach" in der Regie von Nina Lorenz und der Textbearbeitung von beiden.
Denn so einfach wie bestechend ist die Idee für diesen Abend. Statt "nur" Gedichte und Geschichten vorzutragen, konstruierten Bach und Lorenz eine Rahmenhandlung um den Erzähler, eben jenen von Bach gespielten Christian Sigismund Ahlberg, der buchstäblich hautnah am Publikum agiert, das dicht gedrängt an den Tischen in der kleinen Weinhandlung sitzt. Der beneidenswerte Däne, der allerdings durch einen Schlaganfall gehandikapt ist, schaltet des Öfteren unmittelbar um vom Erzähl- in den Vortragsmodus. Robert Gernhardt, der 2006 viel zu früh gestorbene Meister des literarischen Hochhumors, Freund des Weins, wird gleich eingangs zitiert: "Flascherl Wein, Flascherl Wein, wirst gar bald geleeret sein, denn ich brauche pro Gedicht grad ein Flascherl und mehr nicht."
Die "Ostfriesische Romanze" ist zu hören oder auch "Schön, schöner, am schönsten" oder "Die Deutung eines allegorischen Gemäldes". Das ist schön, wenn es von einem Vortragskünstler wie Bach zu hören ist. Schöner jedoch und die eigentlichen Herzstücke des Abends sind zwei dramatisierte Erzählungen. Da ist Edgar Allan Poes grusliges "Das Fass Amontillado" (der übrigens kein Wein, sondern ein heller Sherry ist), in dem der Ich-Erzähler seinen Feind in einen Weinkeller lockt und dort Schreckliches mit ihm anstellt, zum andern die wenn man so will Kriminal-Groteske "Lord Arthur Saviles Verbrechen" von Oscar Wilde. Wieselflink schlüpft Bach in diverse Rollen, hustet als dem Tod geweihter, betrunkener Fortunato oder näselt als die snobistische Lady Windermere vor sich hin.
Einziges Requisit: ein Stuhl. Mit wenigen Gesten, einem Sidestep deutet der Schauspieler mit der grollenden Stimme den Rollenwechsel an, fixiert auch schon mal den vordersten Zuschauer, als wenn er nur zu ihm spräche. In der Pause darf man sich von der salpetergetränkten Katakombe erholen, nachher gibt's den leichteren Wilde, Kurt Tucholsky auch, Eugen Roth ward schon im ersten Teil (re)zitiert. Ein leichter, beschwingter Abend also nach der Maxime unseres fiktiven Helden: guter Wein, gutes Essen, gute Gesellschaft, was will man mehr?
Termine und Karten Weitere Vorstellungen in der Vinothek "Vino e Camino", Mittelstr. 7, am 26./27. 2., 5. 3., 18. 3., 2. 4., 8. 4., 9. 4., 14. 4., 17. 4.
Karten Betten-Friedrich, Obere Königstr. 4, Tel. 27578, auf Wunsch Essensbon für gem. italienische Platte und ein Glas Wein im Vorverkauf
Dauer ca. 2,5 Stunden mit längerer Pause