Pippi Langstrumpf wäre begeistert. Friedensreich Hundertwasser bestimmt auch. Bei Anne Huberth ist alles anders: bunter, fantastischer, märchenhafter.
W er kauft denn hübsche Wandfliesen, um sie daheim mit einem Geschirrtuch zu umwickeln und dann mit einem großen Hammer draufzuschlagen?
Anne Huberth tut das. Die Scherben sortiert sie nach Größe. Dann klebt sie sie zum Beispiel auf Wände. Riesige Blumen entstehen und andere fantastische Motive. Am Ende rührt die kreative Grundschullehrerin Mörtel an und verfugt ihre Mosaike damit.
Die Menschen, die über den Gartenzaun linsen, staunen: Das Haus und der Garten im unterfränkischen Bibergau bei Dettelbach sind ein Gesamtkunstwerk. Eine Art orientalisches Hundertwasser-Objekt, an dem aber auch Pippi Langstrumpf mitgewirkt zu haben scheint.
Neben den Mosaiken an Haus- und Garagenwänden fallen die bunten "Vorhänge" an den Fenstern auf. Sie sind nicht aus Stoff, sondern aus Glasfragmenten, die Anne Huberth mit Kupferfolie und Lötzinn im Tiffany-Stil zusammengefügt hat. Sobald die Sonne scheint, tanzen Regenbogenfarben durch die Scheibe bis auf den Wohnzimmer-Boden. Ein faszinierendes Schauspiel.
Etwa zehn Kilometer von Würzburg entfernt, am Ortsrand des Dorfes Bibergau, stand vor 17 Jahren ein ganz normaler Neubau, blau verputzt, daneben eine Doppelgarage. "Eher langweilig", fand Anne Huberth. Die junge Frau, die Bastelläden schon damals ebenso liebte wie Baumärkte, wollte es sinnlicher haben. Also wälzte sie Bücher und Zeitschriften. "Als Erstes habe ich mir einen Spritzschutz hinters Waschbecken im Badezimmer gebaut." Mit Holzleim klebte sie kleine Fliesenteile auf eine passend ausgesägte Holzplatte. Nach dem Verfugen bohrte sie diese an der Wand fest - der Spritzschutz war perfekt. Und zugleich ein Hingucker.
"Da das so toll funktioniert hat, bin ich richtig mutig geworden." Warum nicht auch die Außenhaut verschönern? Zuerst versuchte die gebürtige Würzburgerin an der Garage ihr Glück. Mit frostsicherem Fliesenkleber brachte sie unzählige Mosaik-Steinchen in Stellung und verfugte sie mit Mörtel. Die Garage war nun kein Klotz mehr, sondern ein filigranes Kunstwerk. "Nachdem es über den Winter toll gehalten hat, hab' ich gedacht: Und jetzt kommt das Haus dran."
Anne Huberth legte los - ohne vorzuzeichnen, nur mit einem groben Plan im Kopf. "Ich koch' auch nicht nach Rezept", sagt sie lachend. "Nachdem die Mosaike fertig waren, habe ich die freien Wände daneben angemalt, wie ich gerade Lust hatte." Jahrelang arbeitete sie so.
Dass kein Kraut- und Rüben-Durcheinander entstanden ist, sondern eine in sich stimmige, kleine Fantasievilla, ist dennoch kein Zufall. Handwerkliches Geschick und Fingerspitzengefühl hatte sie schon als Kind an den Tag gelegt, als sie mit ihrer Oma Bauernschränke und Seidentücher bemalte. Darüber hinaus brauche man nur noch Mut, meint Anne Huberth: "Man muss sich's einfach zutrauen und ausprobieren!"
Und Ideen haben. Zum Beispiel, wie man aus zwei dicken Betonringen aus dem Baumarkt ein im doppelten Sinn herausragendes Hochbeet zaubern kann. Die Bibergauerin hat die Betonringe übereinandergestapelt und mit Fliesen und Steinchen in allen Grün- und Blautönen "verputzt". Ein paar Meter weiter hat sie auf ähnliche Art einen märchenhaften Brunnen gestaltet - nebst Froschkönig.
"Mein buntes Haus gefällt sicher nicht jedem", sagt Anne Huberth. Sie aber genießt es, in einem Kunstwerk zu leben, das sie mit eigenen Händen geschaffen hat. 17 Jahre lang hat sie Farben und Formen ("lieber rund als eckig"), die ihrer Seele gut tun, auf alle möglichen Arten in ihr Haus und ihren Garten eingearbeitet. Sterne, Sonne und Mond - ihre Lieblingsmotive - finden sich an Wänden, Decken, Fenstern, Spiegeln und Sitzbänken. Manche Handwerkstechnik hat sie sich selbst beigebracht, aber sie hat auch Fachleute befragt und einen Kurs für Tiffany-Glaskünstler besucht. "Ich bin aber kein Profi - und ich will auch keiner sein!", betont die 42-Jährige. "Ich bin einfach jemand, der öfter mal eine Idee hat und dann anfängt, sie umzusetzen."
Leider ist um ihre kleine Villa Kunterbunt herum nicht genügend Platz für ein Bauwerk, das in ihrem Kopf schon existiert: "Ich würde wahnsinnig gern ein rundes Haus bauen mit einem Kamin in der Mitte, Buntglasfenstern und einem goldenen Zwiebelturm."
Ein anderer Traum ist der Verwirklichung schon näher: eine Reise in Anne Huberths "Traumland" Marokko. Noch gibt es keinen Termin, aber eins ist jetzt schon sicher: Die kreative Grundschullehrerin wird nicht ohne neue Form-, Farb- und Gestaltungs-Ideen von dort zurückkehren. In einem Gedicht, das sie selbst geschrieben hat, ist der Orient schon ganz nah:
"Fantasien entsprungen,
mit Liebe gemacht,
Träume aus 1001 Nacht.
Ein Hauch von Märchen,
auch du kannst ihn spüren -
wenn deine Blicke
den Spiegel berühren."
Die Mossaikarbeiten finde ich toll, das war ne Arbeit.