Hektik kann die Schillings nicht beeindrucken

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Seit 30 Jahren in der Graf-Stauffenberg-Halle und der Stechert-Arena zu Hause: Die Bamberger Schilling-Brüder Udo, Rainer und Michael (v. l.) gehören längst zu den Kampfgericht-"Institutionen" in Deutschland. Foto: Bertram Wagner
Seit 30 Jahren in der Graf-Stauffenberg-Halle und der Stechert-Arena zu Hause: Die Bamberger Schilling-Brüder Udo, Rainer und Michael (v. l.) gehören längst zu den Kampfgericht-"Institutionen" in Deutschland. Foto: Bertram Wagner
Nicht nur den Bundesliga-Schlager gegen den FC Bayern München souverän gemeistert, sondern schon seit drei Jahrzehnten am Kampfgericht im Bundesliga-Oberhaus: Die Schilling-Brüder Udo, Rainer und Michael (v. l.), hier mit BBL-Kommissar Uli Sledz und Nachwuchs-Anschreiber Adrian Hümmer.
Nicht nur den Bundesliga-Schlager gegen den FC Bayern München  souverän gemeistert, sondern schon seit drei Jahrzehnten am Kampfgericht im Bundesliga-Oberhaus: Die Schilling-Brüder Udo, Rainer und Michael (v. l.),  hier mit BBL-Kommissar Uli Sledz und Nachwuchs-Anschreiber Adrian Hümmer.
 

Die drei Bamberger Brüder versehen seit 30 Jahren zuverlässig ihren Dienst am Anschreibetisch. Deutschlands EM-Sieg 1993 in der Münchner Olympiahalle erlebten sie hautnah.

Ob FC Barcelona oder FC Bayern München wie zuletzt, die drei Bamberger Schilling-Brüder am Kampfgericht ließen sich von diesem "Hype" wie gewohnt nicht anstecken. Alles verlief wie immer: Michael (44) hatte Spieluhr und Anzeigetafel im Griff, Udo (45) füllte den Spielberichtsbogen aus und Rainer (49) achtete auf die "24 Sekunden". Zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk und gleichermaßen unauffällig wie unaufgeregt erfüll(t)en die "Schilling-Brothers" ihre Aufgaben in Sachen Leitung eines Basketballspiels.

Das Trio bildet eine Einheit, dessen Wurzeln nach einer privaten Notiz bis zum 20. November 1982 zurückreichen. 30 Jahre Kampfgericht oder anders ausgedrückt: An die 800 Spiele der Brose Baskets (früher GHP, TSK, TTL und 1. FC) und der Nationalmannschaft haben sie "von den besten Plätzen in der Halle", wie Michael Schilling die Vorzüge der Stammplätze am Spielfeldrand preist, in offizieller
Mission mit begleitet. Dass sie auch bei den Damen des Bundesliga-Aufsteigers DJK Brose am Kampfgericht sitzen, versteht sich beinahe von selbst.

Die Zeiten, in denen sich nur ein Technischer Kommissar zwischen den Dreien fand, sind seit kurzem vorbei, nun ist auch ein Anschreibe-Assistent vorgeschrieben. Da haben die Schillings gleich voll auf die Jugend gebaut: Adrian Hümmer, Felix und Pia Loch, Jonas Bretag, Tim Vogler sowie Eva, Jonas und Marie Ulshöfer werden an die Aufgaben herangeführt. Das echte Bamberger Brüder-Trio mit der Altersspanne von 44 bis 49 Jahren gehört in der nationalen Kampfgerichts-Szene zu den "Urgesteinen", noch dazu auf hohem internationalen Niveau.

Als Höhepunkte nennen die Schillings unisono sofort die Endrunde der Europameisterschaft (1993) mit Gastgeber Deutschland als Titelträger und das Euroleague-Final Four - jeweils in der Münchner Olympiahalle, nicht zu vergessen viele internationale Partien und natürlich auch die Länderspiele, zuletzt der Supercup 2012 in der Stechert-Arena sowie die fünf Bamberger Titelgewinne.

"Die erste Meisterschaft 2005 in Bamberg war das Nonplusultra", gerät Michael, der seit vielen Jahren auch in der Basketball-Geschäftsstelle der DJK Don Bosco und zudem auf Bezirks- und Landesebene (Mitglied im BBV-Sportausschuss) aktiv ist, ins Schwärmen. Er schmunzelt und meint, dass der "Einsatz" mit dem E.T.A.-Hoffmann-Theater in der Arena recht amüsant gewesen sei. Die damals noch neue Halle geriet unvermittelt zur Bühne. EDV-Administrator Michael, FT-Redakteur Udo und Datenverarbeitungskaufmann Rainer koordinieren mit Alex Vogler, Jens und Annette Ulshöfer, Kathrin Gut, Tonia Lohneiß und Petra Bierlein die Einsätze des Teams selbst, so dass sich die Brose Baskets darum überhaupt nicht kümmern müssen. Schilling & Co. sind für ihre Zuverlässigkeit bekannt - mit entsprechender Arbeitseinteilung.

"Was Michael macht, Anzeige, Uhr und Hupe bedienen, dies dürfte wohl am schwierigsten sein. Da muss man höllisch aufpassen bei dieser Lautstärke. Auszeiten, Auswechslungen, Ball-Übergabe, da gibt es viel zu beachten. Aber auch die 24-Sekunden-Uhr von Rainer ist kein leichtes Unterfangen. Da darf nichts schief gehen", urteilt Anschreiber Udo ("Große Böcke sind noch nicht passiert, auch wenn manche Trainer das meinen und vor dem Tisch das Toben anfangen. Da muss man cool bleiben.") über die Aufgaben seiner Brüder. "Höchstens die letzten zwei Spielminuten sind in engen Spielen manchmal etwas stressig", erklärt Michael.

Die Anfänge zu Beginn der 80er-Jahre: Wie heute noch, herrschte damals in vielen Vereinen eine permanente Kampfrichter-Suche. Michael begann bei Spielen seines Jugendtrainers und wurde schnell "hoch gelobt". "Du kannst es so gut, dann kannst Du auch bei der ersten Mannschaft schreiben", sagten die Vereinsverantwortlichen. Die Anfänge seiner Brüder (Rainer, der Freizeit-Basketballer; Udo spielte in der Regionalliga, war Schiedsrichter und Damen-Bundesliga-Coach) sind ebenso in diesen Jahren "Anfang/Mitte der Achtziger" zu suchen. Ein Ende ist nicht in Sicht.

"Wir sind neutral, bei uns steht nicht der Verein im Vordergrund, wir machen es gerne und wollen damit dem Basketballsport dienen", spricht Michael für seine Brüder. Eine von ihm für die DJK vereinsintern verfasste Anschreiber-Lern-Vorlage findet bundesweite Verbreitung, nachdem der Deutsche Basketball-Bund (DBB) aufmerksam geworden ist.

Anerkennung erhalten d Schillings dadurch, dass sie zum einem für Länderspiele "gebucht" werden oder im Alltag der Bundesliga (BBL) durch das eine oder andere Schiedsrichter-Lob mittels "anerkennendem Nicken" oder durch "einen Daumen nach oben". Mindestens eine halbe Stunde vor dem Jump da sein, mehr oder weniger hektische effektive 40 Spielminuten, nach dem Schlusspfiff den Bogen fertig machen - wieder einer der unzähligen Kampfgerichts-Arbeitstage, die bei den Dreien keine Nervosität mehr hervorrufen. Die Schillings sind - wie alle im Team - offiziell von der BBL lizenziert, dazu gehört auch eine Schulung und die entsprechende Prüfung.