Die Sandkerwa tobt - zum 65. Mal. Der Blick zurück zeigt, wie die Veranstalter in früheren Jahren für Aufsehen sorgten. Ein sagenhaftes Spektakel bewunderten Besucher 1955: Wagners "Schwanenritter" erschien und Wassernixen tanzten. 1965 drehte die "Gabelmann-Parade" die Zeit zurück.
"Ausnahmezustand" im Sand: Kerwa-Enthusiasten drängen sich in den engen Gassen und machen traditionsgemäß Stimmung. So ließen's auch frühere Generationen krachen, wie der Blick auf längst vergangene Kirchweihen zeigt, bei denen allerdings noch keine 300.000 Besucher Bambergs Partymeile während der Festivitäten stürmten.
Kein Bier mehr und keine Bratwürsten
Immerhin pilgerten der
Chronikdes Bürgervereins zufolge 1955 schon 35.000 Menschen täglich ins Sandgebiet. Klar waren Bier und Bratwürste in einigen Wirtschaften rasch ausverkauft. So hatten die Veranstalter im Jahr zuvor im Landkreis mit Erfolg für das Fest geworben, das auch Oberbürgermeister Weegmann in höchsten Tönen lobte: "Ich weiß, was sie für Dunnerkeiler sind, meine bewährten Mitbürger und Stadtratskollegen vom Sande, Organisatoren von grandiosem Ausmaße. Sie übertreffen das Vorjahr noch durch die Gestaltung der Festtage, eine Gestaltung, wie sie schöner und größer kaum gedacht werden kann, ein Höhepunkt ohnegleichen . . ."
"Fluss als Hauptdarsteller"
Ja, manches hatten sich die Veranstalter einfallen lassen, um Besucher nicht nur mit Bier und Bratwürsten abzuspeisen. Ein besonderes Highlight war 1955 natürlich der Auftritt "Lohengrins", den ein gigantischer Schwan in einem Kahn zog und auf der Regnitz schaukeln ließ. Wassernixen tanzten, was die romantische Stimmung noch unterstrich. "Ganz im Sinne Franz Albingers wurde der ,Fluss zum Hauptdarsteller und das Festgebiet zur Bühne'", meint Gisela Bosch als heutige Vorsitzende des Bürgervereins 4. Distrikt. Als einer ihrer Vorgänger hatte der Malermeister die Sandkerwa 1951 mitinitiiert, "um dabei auch an das Wasserfest zu erinnern, das es vor dem Zweiten Weltkrieg noch an der Regnitz gab - samt Feuerwerk vor Klein Venedig".
Kein Wunder, dass 1955 die Kassen klingelten und sich der Vereinskassier nach einem mauen Vorjahresergebnis (340 Mark) über 1 466,54 Mark freute. Dabei hatten zwei Festzeichenverkäufer das Ergebnis geschmälert und landeten auf diese Weise sogar im Volksblatt. Demnach lieferten der "28-jährige O. und 27-jährige B." (heute 88 und 87 Jahre alt) das eingenommene Geld "nicht ordnungsgemäß ab, sondern machten sich vergnügte Abende: Sie aßen, tranken und rauchten nach Herzenslust", wie es in dem Zeitungsbericht heißt, bis "O." und "B." rund 100 DM "verjubelt" hatten.
Miese statt Gewinne
Wie hätten sich die Veranstalter 1965 über einen nicht existierenden Gewinn gefreut, nachdem sie erstmals ein sattes Defizit in Höhe von 1872,62 Mark verbuchten. Dabei gab's bei der Kerwa großes Theater: das Festspiel "Gabelmann-Parade auf der Regnitz". "Im Zwiegespräch zwischen Humsera, Gabelmann, einem Beckenknecht und einem Herold wurden Szenen aus sechs Jahrhunderten Geschichte im Sand eindrucksvoll vor Augen geführt", heißt's in der Chronik des Bürgervereins 4. Distrikt. Offenbar zog die Festivität diesmal auch etliche Touristen an, nachdem der Berichterstatter vom "starken Auslandsbesuch" schwärmte. Die Sandkerwa habe sich "in den Dienst der Völkerverständigung und Völkerverbindung gestellt". Obwohl "wegen des ,Ge
wörchs' Tausende das Festgebiet wieder verlassen mussten, ohne auch nur eine Stehmaß bekommen zu haben".
"Zur Jubiläumskerwa" organisierte die Bundesbahn erstmals sogar einen "Sonder-Express", der von Basel aus über Freiburg, Würzburg und weitere Zusteigebahnhöfe Bamberg mit weiteren Besuchern erreichte. Dabei regnete es so, dass die Kirchweih "bis zum Ende ein Wasserfest im wahrsten Sinne des Wortes war", wie der Berichterstatter vermerkte. Und doch feierten die Massen ausgelassen bis hin zu Bürgermeister Schleyer, der beim Bieranstich reimte: "Ihr Stammtischbrüder seid's gewohnt, freut euch am Bier, dass sich's lohnt. Nun sage ich euch allen: Prost, damit die Zunge nicht verrost!"