Sassanfahrter baut Möbelstück aus 82.000 Teilen

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Ein Blick in die Werkstatt Roger Schlemers. Auf dem Bild im Hintergrund der damals noch nicht ganz fertiggestellte, rekonstruierte Roentgen-Sekretär. Foto: Schlemer
Ein Blick in die Werkstatt Roger Schlemers. Auf dem Bild im Hintergrund der damals noch nicht ganz fertiggestellte, rekonstruierte Roentgen-Sekretär. Foto: Schlemer
Foto: Christofzik
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Roger Schlemer hat einen von David Roentgen für Königin Marie Antoinette gefertigten Sekretär rekonstruiert.

82 000 Einzelteile. Roger Schlemer hat nicht nachgezählt. Es gibt zwei Möbelstücke, die als die kompliziertesten gelten, die jemals gebaut wurden: einander sehr ähnlich sehende Sekretäre aus der Werkstatt von David Roentgen. Einer für Katharina die Große gefertigt, der andere für den preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm II.

Der 1743 geborene Ebenist (Kunsttischler) hat aber noch einen dritten aus dieser Serie angefangen. Königin Marie Antoinette sollte ihn bekommen. Ganz fertig ist er nicht geworden. Ohne den Uhren-Aufsatz, den die beiden anderen besitzen, wurde er dennoch ausgeliefert - in den Tagen der beginnenden Französischen Revolution. Seitdem gilt er als verschollen.


Experten haben aufgegeben

In der Möbelmanufaktur Schlemer in Sassanfahrt wurde diese Nummer 3 rekonstruiert. "Museen in aller Welt haben sich daran versucht - und aufgegeben." Über 1000 Stunden Arbeit stecken in dem Stück, das jetzt in einem Privatmuseum in London steht. "David Roentgen hat - mit 40 Leuten - für die beiden anderen dreieinhalb Jahre gebraucht", sagt Roger Schlemer.

Dabei arbeitet er, was die Anfertigung der Intarsien angeht, mit ähnlichen Mitteln, wie der Meister vor rund 230 Jahren: mit der Laubsäge und einer nachgebauten historischen Sägevorrichtung. Bis auf den Zehntelmillimeter genau.

Das Wissen, wo auf der Welt es welche Materialien in welcher Verfügbarkeit gibt, die Kommunikations- und die Transportwege sind anders. Doch an der Arbeitstechnik hat sich wenig geändert.


"Seitensprünge"-Preisträger

"Mich hat die Frage gereizt, kann man im 21. Jahrhundert sowas bauen, oder nicht?", sagt der 56-Jährige, der in diesem Jahr von der Handwerkskammer für Oberfranken mit dem Design- und Erfinderpreis "Seitensprünge" für sein Lebenswerk im Bereich Restaurierung und Entwicklung exklusiver Möbel für Kunden weltweit ausgezeichnet wurde.

Ein Jahr lang hat es gedauert, um die für die Fertigung des Sekretärs notwendigen 75 Holzarten aus 16 Ländern zusammenzubekommen. Aufwändige Recherchen, wer in der Lage ist, die benötigten Messingleisten herzustellen und Beschläge nachzugießen, liefen parallel.

Die beiden noch erhaltenen Roentgen-Sekretäre befinden sich in Wien und Berlin. Roger Schlemer durfte sie fotografieren, aber nicht berühren. Bei der Fertigung der Vorlagen für die Intarsien war er auf diese Bilder angewiesen.

Viel wurde geforscht über die Arbeiten Roentgens. 25 Jahre lang hat sich Professor Hans Michaelsen mit der Farbigkeit der Intarsiensschränke befasst. Diese Erkenntnisse wird Roger Schlemer nutzen, wenn er den Sekretär Nummer 3 zum zweiten Mal nachbaut. Diesmal in der Farbgebung, die die Originale aufweisen. Sie ist noch im Inneren der Schränke zu erkennen, dort, wo kein Licht aufs Holz gefallen ist.

Der Sassanfahrter hat damit schon angefangen - und weiß, dass es diesmal deutlich länger als 1000 Stunden dauern wird. Die Farben mischt er nach Rezepten aus dem 17. Jahrhundert. Auch alle seine Lacke macht er selbst.


"Nie das Ganze sehen"

82 000 Einzelteile (beim nachgebauten Pariser Sekretär sind es einige weniger, weil der Aufsatz für die Uhr fehlt) - kapituliert man nicht vor solch einem Arbeitsaufwand? "Man darf nie das Ganze sehen. Runterbrechen auf die kleine Einheit. Dann kommt man zum Erfolg."

Und Erfolg hat Roger Schlemer keineswegs nur auf dem Gebiet der Rekonstruktion. Er arbeitet als Restaurator für Museen und Privatpersonen, baut exklusive Möbel, entwirft und fertigt Designermöbel.

20 Jahre hat der gebürtige Oberpfälzer in Erlangen und zehn in Hallstadt gelebt und gearbeitet. Vor fünf Jahren hat er die alte Gastwirtschaft Wichert (Josef Wichert am Semmelberg) als heruntergekommenes Anwesen gekauft und zusammen mit seiner Frau zum Wohnhaus mit Werkstatt umgebaut.


Kunden in 35 Ländern

Arbeiten des Möbelbauers und Designers, der Einzelkämpfer ist, für bestimmte Arbeiten jedoch auf die Unterstützung durch Spezialisten zurückgreift, stehen in 35 Ländern der Erde.

Mit einem Werkstück ist er sogar bei "1stdibs", der bedeutendsten Kunstplattform der Welt, vertreten. Dieses "Möbel 5:8,09", eine Sammlervitrine aus Massivholz mit goldfarbig bedampften, polierten Aluminiumoberflächen, wurde nach den Regeln des "Goldenen Schnitts" konstruiert. Es ist, zusammen mit anderen Design-Möbeln Schlemers, in der Galerie Landskron Schneidzik in Nürnberg zu sehen.