Rolf Minges röstet wieder Kaffee

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Rolf Minges an seiner Kaffeeröstmaschine: "Mein kleines neues Geschäft macht sehr viel Spaß", sagt der 65-Jährige. Foto: Matthias Hoch
Rolf Minges an seiner Kaffeeröstmaschine: "Mein kleines neues Geschäft macht sehr viel Spaß", sagt der 65-Jährige. Foto: Matthias Hoch
Rolf Minges prüft die gerösteten Bohnen Foto: Matthias Hoch
Rolf Minges prüft die gerösteten Bohnen Foto: Matthias Hoch
 
"Am Kanal 11" in Bamberg: In einem Raum im Hinterhof röstet Rolf Minges seinen Kaffee. Foto: Matthias Hoch
"Am Kanal 11" in Bamberg: In einem Raum im Hinterhof röstet Rolf Minges seinen Kaffee. Foto: Matthias Hoch
 

Von dem Unternehmen, das der Bamberger aufgebaut hat, besitzt er heute nichts mehr. Doch der Kaffee-Experte will es jetzt noch einmal wissen.

Wer tagsüber am alten Kanal spazieren geht, bekommt an manchen Tagen den Duft frisch gerösteter Kaffeebohnen in die Nase. Seit November ist das so. Quelle dieses Duftes ist ein kleiner Hinterhofraum, gerade mal 35 Quadratmeter groß.
Dort steht ein Mann an einer Maschine und röstet Kaffee, den die meisten Bamberger zumindest dem Namen nach kennen: Rolf Minges.
Minges - der Name stand für ein Familienunternehmen, das einst unter den fünf größten deutschen Kaffeeanbietern zu finden war, rund 20 Millionen Euro Umsatz verbuchte, bis zu 140 Mitarbeiter beschäftigte und in Breitengüßbach (an der A 73 gelegen) über rund 6000 Quadratmeter Produktions- und Verwaltungsflächen verfügte.
Das Unternehmen gibt es heute noch. Rolfs Sohn Ulli Minges führt es. Aber es ist nicht mehr im Familienbesitz. Eine Investorengruppe hat inzwischen das Sagen.


"Den Alten brauchen wir nicht"

Die Probleme kamen unter anderem durch einen Lizenzstreit um Kaffee-Pads. Minges siegte, geriet aber wegen Produktionsausfällen infolge einstweiliger Verfügungen in Finanzierungsschwierigkeiten. Eine Schadensersatzklage wollten die Banken laut Minges nicht finanzieren. "Das ist das Problem, wenn man von diesen abhängig ist", sagt er. Doch damit nicht genug. Die Geldgeber beschlossen: "Den Alten brauchen wir nicht mehr", wie es Rolf Minges ausdrückt. Der Seniorchef schied Anfang 2007 als Geschäftsführer aus dem Unternehmen aus. Verbittert ist er nicht. "Ich habe damit abgeschlossen", sagt er.
Einige Jahre bekam Minges noch sein Gehalt. Ende 2013 eröffnete er in Bamberg in der Hellerstraße einen Laden mit italienischen Lebensmittelspezialitäten. Nach einem Dreivierteljahr war schon wieder Schluss. "Ich habe gesehen: Das wird nichts." Es folgten eineinhalb Jahre bei einer mittelständischen Rösterei in Hamburg. Ein Bekannter hatte Minges gebeten, seine Erfahrung dort einzubringen. "Die Fahrerei ging auf Dauer nicht", erzählt Minges. Deshalb habe er im Frühjahr vergangenen Jahres den Job in Hamburg wieder beendet.


Bei Eilles gelernt

Es folgte ein gelegentlicher Einsatz als Kaffee-Experte in Russland. "Ich habe einem Freund in St. Petersburg geholfen, der dort eine Rösterei gekauft hat."
Den Beruf "Kaffeeröster" gibt es nicht. Rolf Minges ist gelernter Groß-, Außen- und Einzelhandelskaufmann. Bevor er mit eigener Marke Feinkostläden und Kaffeemaschinenhändler belieferte, hatte er bei den Großen der Branche Erfahrungen gesammelt - bei Eilles in München zum Beispiel oder bei einer der großen Röstereien in Hamburg.


"Kaufe Dir doch eine Maschine"

Irgendwann im Herbst vergangenen Jahres kam Minges' Freundin mit einem interessanten Vorschlag: "Kaufe Dir doch eine Maschine und röste wieder selber." Der Mann, der in seinem bisherigen Leben ständig mit Kaffee gearbeitet hatte, musste nicht lange überlegen. 14 000 Euro kostete die Röstmaschine, eine Lizenz brauchte er nicht, nur die Abnahme durch den Kaminkehrer. Und jetzt steht Minges wieder da, wo er schon einmal seinen Betrieb hatte, bevor er nach Breitengüßbach umsiedelte: am alten Kanal, Hausnummer 11. Der Platz ist kleiner als damals, viel kleiner. Minges arbeitet nur noch abgetrennt in einem Räumchen. Aber Platz braucht der Einzelkämpfer auch nicht. "Ich habe keinerlei Personalkosten. Nachdem ich alles allein mache, stehe ich niemandem im Weg."
Die Farbe der Bohnen ist beim Kaffeerösten entscheidend. Minges weiß genau, wie weit er gehen muss beziehungsweise gehen darf. Etwa 25 Minuten dauert ein Röstvorgang. Röstet er zu kurz, schmeckt der Kaffee später säuerlich. Bleiben die Bohnen zu lang in der Rösttrommel, schmeckt er fad und bitter. "Eine reine Gefühlssache", sagt Minges. Wie bei einem Koch oder einem Bäcker, der wisse, wann sein Steak durch oder sein Brötchen knusprig sei.


Sohn Leo soll einsteigen

Zehn Kilo Rohkaffee - Minges bezieht seine Bohnen aus Hamburg - verarbeitet er pro Röstvorgang. Daraus entstehen ca. achteinhalb Kilo Röstkaffee. Je nach Auftragseingang steht Minges an drei bis fünf Tagen in der Woche an seiner Maschine. Den Kaffee verkauft er - auch in Kleinstmengen - an ausgewählte Läden und Märkte in Stadt und Landkreis Bamberg. Aktuell lebt er von seinen Stammkunden und Freunden. "Die Leute wissen, dass ich schon früher einen guten Kaffee hergestellt habe." Es sei im Moment noch wie ein Hobby, aber es soll anders werden, sagt Minges. Er möchte, dass Sohn Leo (22) ins Kaffeegeschäft mit einsteigt. Ihm will er das Kaffeerösten beibringen.


Sieben bis acht Tassen täglich

Bis es soweit ist, mahlt, verschweißt und etikettiert Rolf Minges seinen Kaffee alleine. In Bamberg liefert er die Tüten mit dem Auto aus, der Rest landet in Kartons per Post beim Kunden. Vor allem in der Altstadt sucht der 65-Jährige noch nach einem Abnehmer. "Ein Café wäre nicht schlecht." Bis es soweit ist, heißt es für Minges abwarten und - Kaffee trinken. Letzteres ist er gewohnt. Sieben bis acht Tassen konsumiert er jeden Tag.

Historie: Kaffee mit dem Namen Minges


Ursprünge
Rolf Minges' Vater gründete 1932 in Bamberg ein Unternehmen. Die Firma Minges war anfangs ein kleines Lebensmittel-, Süßwaren- und Kaffeegeschäft mit eigener Kaffeerösterei.

Expansion 1981 übernahm Rolf Minges von seinem Vater den Laden. Rund 20 Jahre später übersiedelte er in das Gewerbegebiet Breitengüßbach. Inzwischen produzierte die Firma Kaffee für den europäischen Markt. Daneben betrieb Minges zwei Geschäfte in Bamberg. Mehr als 100 Mitarbeiter waren bei Minges beschäftigt.

Probleme Unter anderem ein Lizenzstreit mit einem Großkonzern um Kaffee-Pads (in dem Minges 2006 siegte) brachte das Unternehmen in Finanzierungsprobleme. In der Folge wurde Seniorchef Rolf Minges aus dem Unternehmen gedrängt. Die Geldgeber wollten nur noch mit seinem Sohn Ulli Minges als alleinigem Geschäftsführer weiterarbeiten.

Insolvenz Als die Firma Minges im Frühjahr 2013 Insolvenz beantragen musste, hatte Rolf Minges schon gar nichts mehr mit dem Unternehmen zu tun.

Investorengruppe Heute gehört das Breitengüßbacher Unternehmen einer deutschen Investorengruppe, die nach der Insolvenz mit Ulli Minges als Geschäftsführer weitermachte. Sie verkauft ihren Kaffee nach wie vor unter dem Namen "Minges".

Privatrösterei Rolf Minges hingegen vertreibt seinen von ihm selbst in Bamberg gerösteten Kaffee eigenständig unter dem Namen "Privatrösterei Rolf Minges".