"Musiker sind ein ganz spezielles Volk"

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Immer freitags probt das Hauptorchester im eigenen Musikheim in Gundelsheim. Nach den Proben geht der gesellige Teil weiter. Foto: privat
Immer freitags probt das Hauptorchester im eigenen Musikheim in Gundelsheim. Nach den Proben geht der gesellige Teil weiter.  Foto: privat

Der Musikverein Gundelsheim feiert am Wochenende 30-jähriges Jubiläum.Im Gespräch mit jungen und langjährigen Mitgliedern erfährt man mehr über die besondere Vereinsphilosophie.

Jugendliche lieben klassische Musik. Sicherlich nicht alle: Aber in Gundelsheim ist die musikalische Begeisterung der Jugendlichen besonders groß.

Zum 30-jährigen Bestehen des Musikvereins Gundelsheim wird am Wochenende gefeiert. Vorab haben sich Mitglieder des Musikvereins zu einem Gespräch im eigenen Musikheim getroffen. Die zentrale Frage: Was macht den Musikverein Gundelsheim so besonders?

Die Problematik, dass es immer weniger junge, dafür aber viele alte Menschen gibt, erfährt auch die Gemeinde Gundelsheim in den letzten Jahren zunehmend. Das Problem in Gundelsheim ist, "dass alle zur gleichen Zeit, in den 70er, 80er Jahren gebaut habe", diagnostiziert die ehemalige Vorsitzende Angelika Becher. Es fehle in der Gemeinde an Bauplatz für junge Familien, die sich hier niederlassen wollen.


"Die ersten jungen Erwachsenen verlieren wir, wenn sie zum Studieren wegziehen", sagt Angelika Becher und Andreas Ritter, Erster Vorsitzender, fügt hinzu: "Man muss sich da schon etwas einfallen lassen."

Die Vereinbarkeit von Schule und Probenalltag kennen die Jugendvertreter - Stefanie zeigt, dass es durchaus möglich ist, Gymnasium und Musik unter einen Hut zu bekommen. Demografische Entwicklung auf der einen, Ganztagesschule auf der anderen Seite: Eine Mitgliedschaft im Musikverein erfordert regelmäßige Teilnahme an den Proben. Hin und wieder auch die Motivation, sich zu Hause noch einmal hinter die Noten zu klemmen. Für Sebastian Gold, der im Jugend- und Hauptorchester spielt, ist der Zeitaufwand kein Hindernis. Die meisten seiner Freunde sind im Fußballverein - "auch hier fallen viele Zusatztermine an. Beim Sport weiß man aber nie, ob man sicher zum Einsatz kommt, das gibt es im Musikverein nicht."

Keine Ersatzbank
In einem Orchester wird jeder gebraucht. Jeder spielt sein Instrument. Es gibt niemanden, der kurzfristig nicht spielen darf. Ob bei den "Pimphonikern", dem jungen Nachwuchsorchester des Vereins, oder im Hauptorchester, in dem Jung und Alt zusammenspielen. Dirigent Josef Gentil achtet bei der Sitzordnung im Orchester darauf, dass Erfahrene und neue Mitglieder gemischt sitzen.

Er schätzt den pädagogischen Anspruch des Vereins: "Wir vermitteln schon von klein auf pädagogische Inhalte und bieten eine sehr gute musikalische Ausbildung." Dass der Musikverein ein erfolgreiches Konzept verfolgt, zeigt sich auch an den zahlreichen Mitgliedern, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben: "Es fängt bereits damit an, dass außerordentlich viele Schüler sich für den Leistungskurs "Musik" in der Oberstufe entscheiden", erklärt Pressesprecher und Vater eines Vereinsmitgliedes Wolfgang Schön. Vom Studium des Instruments, der Ausbildung zum Dirigenten oder auch die Arbeit als Musikpädagoge ist bei den besonders herausstechenden Lebensläufen alles mit dabei.

"Musiker sind schon ein ganz spezielles Volk", lacht Alfred Blumm, Zweiter Vorsitzender. Er selbst spielt kein Instrument, fühlt sich aber im Verein wohl und kann sich gezielt um Organisatorisches kümmern.

Eine große Musikerfamilie
"Außer, dass man sein Hobby mit der Musik ausleben kann, werden hier viele private Dinge unternommen. Man hilft zusammen und hat viel Spaß mit der Truppe", sagt Andreas Ritter. Für Josef Gentil ist der junge Vorstand ein gutes Beispiel, dass das Engagement in einem Musikverein die Persönlichkeitsentwicklung der jungen Leute unterstützt.

Angelika Becher, ehemaliger Vorstand und Kreisvorsitzende im Verband, weiß: "Ein Verein ist erst dann ein richtiger Verein, wenn die Gemütlichkeit und Geselligkeit stimmt." Besonders nach den Proben zähle ein gemütliches Bier. "Im Sommer ist es vorgekommen, dass wir einfach mal schnell den Grill angeworfen haben", schwärmt Andreas Fischer. Mit einem eigenen Musikheim ist das möglich.
Mit der Fertigstellung des "Leistungszentrums Musik" im Juni 2007 haben die Gundelsheimer eine einmalige Probenkulisse im Landkreis geschaffen. "Wir haben in den Bau über 5000 Stunden Eigenleistung reingesteckt", erinnert sich Alfred Blumm. Das eigene Musikheim ist nicht nur für die Gundelsheimer selbst, sondern überregional sehr gefragt. Die besondere Akustik lockt die umliegenden Vereine und auch der Bayerische Rundfunk hat bereits Konzertstücke aufgenommen.

Trotz der vielversprechenden Mitgliederzahlen und erfolgreichen Teilnahmen an Wettbewerben erlebt Pressesprecher Wolfgang Schön immer wieder, dass es schwieriger wird, den Verein nach außen hin zu repräsentieren.

Ein neues Projekt, das dem Verein am Herzen liegt, ist der Aufbau eines Musikkurses für die ältere Generation, die ein Instrument erlernen will. Bei einem Workshop in der Schule kam die Nachfrage auf. Mit zunehmender Lebenserwartung müsse etwas für Geist und Sinne getan werden, dass dieser auch lebendig bleibe: "Hier profitieren wir Älteren eindeutig von der Zusammenarbeit mit den Jugendlichen", sagt Andreas Fischer.

Zum 30-jährigen Jubiläum lädt der Musikverein Gundelsheim über das Festwochenende zum gemütlichen Beisammensitzen mit vielen musikalischen Beiträgen aus den eigenen Reihen ein. Am Sonntag können sich die Gäste in Schnupperangeboten selbst beim Musizieren ausprobieren.

Das Besondere am Musikverein Gundelsheim bringt Josef Gentil auf den Punkt: "In unserem vielseitigen Repertoire ist für jeden etwas dabei - von symphonischer Blasmusik bis zu aktuellen Soundtracks."