Als Bühnenautor sagt Klaus Karl-Kraus "seelenlosen" Café-Ketten den Kampf an und zeigt die Reize alteingesessener Varianten: In "Net die Bohna" beschreibt er in Bamberg ab 30. April einen über Jahrzehnte gewachsenen Mikrokosmos. Anbei gibt's Videos von Karl-Kraus als Kabarettisten.
"Alles wärd goud": Ja, die Franken sind im Kommen. Welches Boddenziol unser Dialekt hat, sollte spätestens seit dem ersten Nämbercher "Dadord" klar wie Kloßbrühe sein - nachdem Franken zuvor allenfalls fürs Münchner Ermittlerteam den Debb vom Dienst spielen durften. Klaus Karl-Kraus erforscht seit Jahrzehnten das heimische Mundartbiotop, um die hiesige Mentalität mittels Übersetzungshilfen selbst Nordlichtern nahezubringen. Als Bühnenautor stellt der Kabarettist nun ab 30. April im Theater am Michelsberg sein sechstes Stück "Net die Bohna" vor. Wir sprachen mit dem gewürfelten Original, das darin gegen Trend-Cafés zu Felde zieht.
Gleich vorweg: Hat der erste frängische "Dodord" Ihre Erwartungen erfüllt?
Klaus Karl-Kraus: Nein. Es war mir zu wenig Fränkisch sowohl von der Sprache als auch von den Bildern her. Tunnelfahrten durch Nürnberg bei Nacht beschreiben doch wirklich nicht, was unsere Region sehenswert macht.
Nur an der Oberfläche Wie stehen Sie überhaupt zum Mundarthype, der mehr Zuschauer, aber auch mehr Konkurrenz für Künstler bedeutet?
Die zunehmende Konkurrenz ist nicht mein Problem. Nur muss ich zusehen, wie mehr und mehr Masse statt Klasse geboten wird. Künstler bleiben comedymäßig an der Oberfläche statt in der Tradition des politischen Kabaretts in die Tiefe zu gehen.
Wie kamen Sie als Bühnenautor eigentlich dazu, sich mit dem Mikrokosmos Café zu befassen?
Auch die Café-Kultur beherrscht zunehmend der Turbo-Kapitalismus. Traditionelle Läden verschwinden aus den Städten, um durch anonyme Trend-Varianten ersetzt zu werden. Wo kann man auf diese Weise noch gemütlich sitzen und Zeitung lesen, während Smartphone-Hektiker mit ihrem Coffee to go an einem vorbei zum nächsten Meeting hetzen? Von der Konditorenkunst mal ganz zu schweigen, die einen an solchen Orten erwartet.
Jeder kennt jeden "Net die Bohna" beschreibt im Gegensatz dazu ein über Jahrzehnte gewachsenes Refugium oder? Ja, mein Erlanger Lieblings-Café am Schlossplatz. Hier sitze ich mit einer Tasse duftendem Earl Grey vor mir, umgeben von Stammgästen. Sie alle haben ihre speziellen Geschichten und Marotten bis hin zur immer gleichen Bestellung. Man kennt sich seit Jahren - und das brachte mich auf die Idee zum Theaterstück. Dazu kommen neue Gäste, die reden, lachen, streiten und wieder gehen. Auch diese Zufälligkeit der Begegnungen greife ich in "Net die Bohna" auf. Wobei "Helga" als Kellnerin und drei Stammgäste der rote Faden sind: Alles Verlierer, die aber auf die Barrikaden gehen, als ihr geliebtes Café geschlossen werden soll. Allen voran "Helga", die fränkisch-diplomatisch in dem Laden seit Jahren "zu viel Geschäft und Hektik" verhindert.
Was verbindet Sie als Erlanger mit dem Bamberger Theater am Michelsberg?
Der Michelsberg hat eine eigene Energie. Vom ersten Auftritt an spürte ich das spezielle Flair dieses kleinen, atmosphärisch so dichten Theaters. Alle Schauspieler arbeiten mit Herzblut an ihrer Rolle und leben sie auf der Bühne. Das spüre ich als Regisseur. Tja, im TaM iss so schee wie daham.
"Frange" versus "Brais" Sprechen alle Charaktere Fränkisch, so dass sich Nordlichter zuvor Wörterbücher besorgen sollten? Einige Rollen sind in Fränkisch angelegt, aber einigermaßen verständlich. Darüber hinaus tauchen Rheinländer auf. Gerade in der Reibung zwischen daham und Brais ergeben sich spannende Dialoge. Musik spielt eine Rolle. So versucht sich "Hildegard Unterberg" (Regina Kopp) als Sängerin, die Knef-Songs mit den Bamberger Symphonikern interpretieren möchte. Nur holt sie sich beim Strullendorfer Feuerwehrfest im Bierzelt vor 1200 Grölenden einen irreparablen "Bühnen-Batscher". Während sich Kellnerin Helga (Johanna Wagner-Zangl) als Mireille Mathieu versucht . . .
Was war Ihre peinlichste Nummer auf der Bühne?
Da fällt mir eine Firmenveranstaltung ein, bei der ich als Kabarettist an einem heißen Sommertag nach einem Fußballturnier gebucht war. Allerdings waren da alle schon so besoffen, dass ich nur mehr sehr grob arbeiten konnte. Zunächst reduzierte sich mein Auftritt auf die Frage: Wer ist Club-Fan, wer Bayern-Fan? Woraufhin Handzeichen schwankend kamen und sich das Zelt anschließend eigenständig mit der Thematik befasste. Der Rest des Auftritts verging, indem ich nach dem Beispiel sämtliche Bundesligavereine abfragte. Was man mir übrigens nicht übel nahm. Vielmehr verlangte das Publikum anschließend noch eine Zugabe.
Auf einen Blick