Wegen Betrugs muss eine junge Bambergerin für elf Monate ins Gefängnis. Vor Gericht verheddert sich die Frau in einem Gespinst aus Lügen und Selbstlügen.
Elf Monate muss eine 21-jährige Bambergerin ins Gefängnis, weil sie ihren 85-jährigen Großvater aus dem Landkreis im Oktober und November 2018 um 900 Euro erleichtert haben soll. Die arbeitslose Frau hatte mit der entwendeten EC-Karte, einem gefälschten Überweisungsträger und einem gefakten Paypal-Konto das Vermögen ihres Opas angegriffen, um sich ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Und noch einige andere Dinge, die nun im Gerichtssaal zur Sprache kamen.
"Meine Mandantin braucht keine Bestrafung. Sie ist krank und braucht Hilfe." Auf diese Formel brachte es Rechtsanwalt Thomas Drehsen (Bamberg). "Vom Kopf und Charakter her haben wir es hier mit einem Kind zu tun." Die junge Frau, die neben ihm saß, gestand die Betrugstaten, die aufgrund objektiver Beweise freilich auch nicht mehr zu leugnen waren. "Ich habe Mist gebaut und möchte mich behandeln lassen."
Allerdings ist auch nach zwei psychiatrischen Gutachten, eines durch Dr. Majd Chaoud (Bamberg), eines von Dr. Christoph Mattern (Bayreuth), nicht ganz klar, worunter die Angeklagte eigentlich leidet. Außer dass ihre Intelligenz laut eines der Sachverständigen so weit gemindert und ihre Persönlichkeit soweit gestört ist, dass sie von ihrem Freund zu sexuellen Späßen und der Unterschlagung des Geldes gebracht werden konnte.
"Bei den Taten selbst ist die Lage eindeutig. Beim Drumherum allerdings weiß ich nicht, was ich glauben soll." Nach knapp zwei Stunden war nicht nur Amtsrichterin Magdalena Becker etwas ratlos. Auch die übrigen Prozessbeteiligten und die Zuhörer, darunter die Eltern der Angeklagten, wussten nicht so recht, was sie davon halten sollten. Zu sehr hatte sich die Angeklagte in einem Gespinst aus Lügen und Selbstlügen verheddert. Zu sehr hatte sie sich und andere in ihrem Umfeld, wie ihre behandelnde Nervenärztin und ihren Bewährungshelfer, in den vergangenen Jahren manipuliert. Und sich jeder Hilfe konsequent entzogen, sei diese durch die Familie, durch Behörden oder durch Mediziner an sie herangetragen worden.
Immer neue Antworten
Auf die Frage der Strafrichterin Becker, wofür sie das Geld gebraucht hätte, hatte die Angeklagte immer neue Antworten. Zuerst berichtete sie unter Tränen, sie habe sich ein Jahr lang unter der Kettenbrücke aufgehalten, sei weichen Drogen und einer Spielsucht verfallen. "Ich habe in Casinos gezockt." Dann war die Rede "von total vielen Jungs, die ich kennengelernt habe, und bei denen ich mich nie getraut habe, nein zu sagen." Sogar eine Schwangerschaft redete sie sich und ihren Freunden ein. Selbst einen Mutterpass hatte sich die Angeklagte schon besorgt und vorsorglich Ultraschallbilder machen lassen. Auf denen jedoch nichts zu sehen war. "Hier ist schon vor vielen Jahren etwas in den Brunnen gefallen, hätte eine Behandlung in einer Klinik oder eine Erziehungsbeistandschaft greifen müssen", so die gesetzliche Betreuerin der Angeklagten. "Sie muss eine Erkrankung haben, die wir nicht kennen, weil sie den Gutachtern gegenüber ständig etwas anderes sagt."
Staatsanwältin Christiane Schütte plädierte schließlich wegen gewerbsmäßigen Computerbetruges, Urkundenfälschung, Betruges und Fälschung beweiserheblicher Daten auf ein Jahr und sieben Monate. "Wir haben hier aber keine klassische Kriminelle vor uns, auch wenn der Diebstahl am eigenen Großvater eine Riesensauerei ist." Eine Bewährung komme nicht mehr in Frage. Die Angeklagte selbst sitzt bereits seit November 2018 hinter Gittern. Zum einen in Untersuchungshaft, zum anderen jedoch in Strafhaft, weil sie wegen ganz ähnlicher Vorwürfe im Juli 2018 von Jugendrichter Martin Waschner zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Diese Bewährung aber nicht durchgestanden hatte. Weshalb das neuerliche Urteil der Strafrichterin Magdalena Becker auch eine elfmonatige Freiheitsstrafe vorsieht. Aber erst nachdem die Reststrafe vom letzten Mal abgesessen ist.