Eine "sensationelle Entdeckung" verspricht Martin Neubauer zu Beginn der neuen Spielzeit des Brentano-Theaters. Und stellt den "exhumierten" Briefwechsel Clemens Brentanos mit E.T.A.-Hoffmann vor. Elisabeth Wasserscheid kehrt als Tatort-Star zu ihren Wurzeln zurück (dazu ein Video-Porträt).
Spielzeiteröffnung am Brentano-Theater! Zum Auftakt der Herbst- und Wintersaison warten Martin Neubauer und Andreas Ulich ab 8. September sogar mit einer "waschechten Sensation" auf: "Der bisher unbekannte Briefwechsel Clemens Brentanos mit E.T.A. Hoffmann taucht aus dem Nebel des Versunkenen und Nie-da-Gewesenen auf", schwärmt der Prinzipal der Erkerbühne.
Aufgeregt? "Sehr. Gerade wenn die Saison beginnt und man einige Wochen lang nicht auf der Bühne war, erscheint einem das Sprungbrett wieder sehr hoch", gesteht Neubauer. Schlaflose Nächte verbringt der Bamberger zwar nicht, "aber ich träume von der Premiere". Zumal der Theaterleiter die neue Spielzeit traditionell an Brentanos Geburtstag startet. "Diesmal ist es das 22. Wiegenfest unserer kleinen Bühne und das 237.
ihres Namenspatrons."
Zwei Feuerköpfe prallen aufeinander
Aber zurück zur versprochenen "Sensation", über die wir vorab mehr wissen wollten. "Zwei geniale Feuerköpfe suchen Kontakt, tauschen sich aus, und prallen schließlich aufeinander", meint Neubauer. In ihren Briefen würden die großen Dichter ungeahnte Facetten zeigen. "Zudem entsteht aus dem allzeit ironischen Blickwinkel der beiden Romantiker ein lebendiges und erheiterndes Bild des einstigen Bamberg." Ja, ein authentisches Stück des Zeitgeschehens des angehenden 19. Jahrhunderts lässt sich so rekonstruieren, fügt Andreas Ulich an.
Man erlebe Brentano, "der sich mit seinem überbordenden Gestus immer wieder Hoffmanns Unmut zuzog, und Hoffmann, dessen ironische Nadelstiche den überaus empfindsamen Brentano stets aufs Neue reizten und irritierten". Wie sie zu den verborgenen "Kostbarkeiten" kamen, darüber schweigen sich die beiden Interpreten vorab allerdings aus. "Dieses Geheimnis wird erst vor Ort gelüftet."
Weiter geht's mit dem "Literarischen Spaziergang über das Gelände von Sankt Michael", der letztmals am 13. September ab 16 Uhr geboten wird. Drei Wiederaufnahmetermine des Sommererfolgs "Naus die Affen!" stehen am 18., 19. und 20. September an. Danach verschwinden die einstigen Hain-Bewohner erneut in der Versenkung.
Erstes Oktoberfest
Im Anschluss daran winkt wieder eine Premiere: Ab 14. Oktober warten Heiko Triebener und Martin Neubauer mit einem "poetisch-musikalisch-kulinarischen Oktoberfest" im Bootshaus auf.
"Dabei geht's uns aber nicht primär um Schenkelklopfer und Bierzeltschunkler. So stehen die Ursprünge, die einstige Nostalgie, Kuriosität und die erstaunlich reichhaltigen literarischen Auswirkungen des Volksfestes im Blickpunkt." Klar, wollen die beiden Kollegen ihr Publikum auch amüsieren. "Nur ist mir pure Unterhaltung um der Unterhaltung willen, die letztlich immer den fatalen Status quo untermauert, in unserer krisengeschüttelten Welt einfach zu wenig", gibt Neubauer zu bedenken. "Bei allem Humor darf man am Theater weder seine soziale Verantwortung noch den literarischen Anspruch für den flüchtigen Erfolg aufgeben."
"Goldener Oktober"
Trübsal sollten Menschen angesichts der nahenden dunklen Jahreszeit natürlich nicht blasen. So möchte der Theatermacher mit seinem Programm "Goldener Oktober" dem "Herbst den Trauerstachel ziehen". Zuschauer erwartet am 11.
Oktober in der Gartenstraße ab 17 Uhr eine Lesung mit sagenhaften Geschichten. Woran sich Anfang November ein Abend anschließt, an dem "Goethes relativ unpopuläres Märchen ,Die neue Melusine' Premiere feiert". Damit käme der "Weimarer ,Olympier' den von ihm so hart gescholtenen Romantikern erstaunlich nahe". Den zauberhaften Prosatext setzt Neubauer übrigens mit Victoria Heinz an seiner Seite in Szene. Wobei sich die Akteure der Frage widmen, "was geschieht, wenn man sich in eine Frau verliebt, die immer wieder zur Zwergin mutiert".
Besonders freut sich der Brentano-Theater-Prinzipal auf die Wiederkehr von Elisabeth Wasserscheid, die inzwischen bekanntlich in München Schauspielerfolge feiert und zum Tatort-Star wurde.
Im November wird die Bambergerin in einer Rolle zu sehen sein, "die sie vor über 17 Jahren bei ersten Bühnenschritten im Brentano-Theater verkörperte": als Brentanos geniale und unkonventionelle Schwester Bettine von Arnim.
Publikumsmagneten wie der "Literarische Nikolausabend" und ein Silvesterprogramm dürfen nicht fehlen. Die "Kultur der Stille" in der Karmelitenkirche bleibt ein Herzensanliegen Neubauers "in einer immer lärmiger werdenden Zeit". Als Advents- und Weihnachtsprogramm stellt der Theaterleiter "Die Flucht nach Ägypten" vor. "Viele liebenswerte, zarte und wundersame Geschichten ranken sich um dieses Ereignis, das uns zugleich daran erinnert: Wir feiern die Geburt eines jüdischen Flüchtlingskinds!"