Einblicke in Franken: Unter dem Ellertshäuser See

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Der Abflussstollen mit seinem Rohrsystem unter dem See Fotos: Günter Flegel
Der Abflussstollen mit seinem Rohrsystem unter dem See  Fotos: Günter Flegel
 
 
 
 
 
 
 
 

Es ist in aller Munde, weil es rar werden könnte: Der Sommer 2015 hat mit seinen Rekorden bei Hitze und Trockenheit gezeigt, warum das Wasser kostbar ist. Im Ellertshäuser See werden 2.800.000.000 Liter davon gespeichert. An Freizeitspaß war dabei ursprünglich nicht gedacht.

Das kalte Licht der Leuchtstoffröhren passt zum Klima in der Unterwelt: In der 70 Meter langen Röhre zehn Meter unter der Wasseroberfläche wird es niemals warm noch wird es richtig hell. Dicke Rohre und große Handräder fügen sich in das Bild: Wenn sich die große Stahltür öffnet, taucht man ab in die Unterwelt, fast ein bisschen wie in einem Unterseeboot.

Uwe Seidl klopft beruhigend an die massive Technik, die sich hier, zehn Meter unter dem Wasserspiegel des Ellertshäuser Sees, gegen die Natur stemmt: Der Beton des Tunnels unter dem See hat schon mehr als 60 Jahre auf dem gekrümmten Buckel, aber nichts blättert ab, kein Riss, nur hier und da ein dünnes Rinnsal und weiße Krusten, aus denen vielleicht eines schönen Tages einmal Tropfsteine werden. "Das ist Schwitzwasser, ganz normal hier unten", sagt der stellvertretende Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Bad Kissingen in der feucht-kühlen Luft.


Künstlich angelegt

Hier unten, an diesem Ort, der nur selten Licht und Besuch bekommt, ist unübersehbar, dass das Wasserparadies im Grünen irgendwo da oben ein Werk von Menschenhand ist: Der größte See Unterfrankens, der 2,8 Millionen Kubikmeter Wasser fasst, ist eine riesengroße Badewanne, die an sich gar nicht in erster Linie gedacht war, zum Anziehungspunkt für Wasserratten und Enten zu werden.

"Der See wurde in den 50er Jahren künstlich angelegt", sagt Seidl. Im damaligen Landkreis Hofheim gründete sich ein Wasser- und Bodenverband, der diesen Teil der trockenen fränkischen Platte (das war schon damals, nicht erst 2015 ein Thema!) künstlich bewässern wollte. 1955 wurden der Damm gebaut und die Fläche für den See gerodet. 1957 und 1958 wurde der See geflutet. Dann hatte der Verband zwar genug Wasser, aber keine flüssigen Mittel mehr, um auch noch das Bewässerungssystem anzulegen.

Der See fiel in einen Dämmerschlaf, wurde 1970 an den Freistaat verkauft und wird seither vom Wasserwirtschaftsamt betreut. Die touristische Nutzung, die in den letzten Jahren immer mehr Bedeutung erlangt hat, ist Sache des Marktes Stadtlauringen (Kreis Schweinfurt), zu dessen Gemarkung die 33 Hektar (etwa 60 Fußballfelder) große Wasserfläche gehört.


Schon lange Wüstung

Schlummert im See ein versunkenes Dorf, wie die Sagenwelt rund um das unergründlich grünlich-trübe Wasser wissen will? Nein. Den Namen hat das Flurstück von einer Siedlung, die wohl bereits vor über 500 Jahren aufgegeben wurde. Da läuten keine versunkenen Kirchenglocken, es gibt kein Ungeheuer von Loch Ellertshausen ...
Der See, das wird beim trockenen Tauchgang mit Uwe Seidl klar, ist aus der Fischperspektive ein auch im übertragenen Sinn kühles, technisches Bauwerk. Und das will überwacht und erhalten werden. Am nördlichen Seeufer, wo ein Stück Wald dem neuen großen Badestrand samt Liegewiese, Sportfeld, Spielplatz und Kiosk mit Terrasse über dem See weichen musste, hat der "Hausmeister" des Sees sein Domizil.


Blick ins Grüne

Eine der schönsten Amtsstuben Unterfrankens. Der Seewart Bernhard Müller blickt aus seinem Büro direkt auf die Wasserfläche, die, künstlich hin oder her, sehr lebendig ist und mit dem Jahreslauf und dem Tageslicht ihr Aussehen ändert.

Und den Geruch. Aktuell ist das unterfränkische Meer mitten im Wald grüner als die schon herbstlich angehauchten Bäume rundum. Der heiße Sommer hat die Wassertemperatur nahe an ihr Allzeithoch steigen lassen. "Da wachsen die Algen", sagt Müller. Vom grünen See weht eine Meeresbrise herüber.

Und unter dem See bei Uwe Seidl springt eine Maschine dröhnend an und macht der Eindruck vom Tauchgang perfekt. "Ein Kompressor. Wir belüften den See an der tiefsten Stelle, um das Algenwachstum zu hemmen", sagt er. Belüften, anblasen ... hier ist es ein bisschen wie im U-Boot. Nur enger.