Ein Pfeil aus dem Hinterhalt

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Vom (Schreib-)Pfeil getroffen: Gerd Hans Schmidt Fotos: Diana Fuchs
Vom (Schreib-)Pfeil getroffen: Gerd Hans Schmidt  Fotos: Diana Fuchs
Wie früher: Den "Mord in der Harrer-Klinik" beschrieb Gerd Hans Schmidt handschriftlich in einem Notizbuch. Den "Zuckerrübenmord" verfasste er schon per Laptop. Fotos: Diana Fuchs
Wie früher: Den "Mord in der Harrer-Klinik" beschrieb Gerd Hans Schmidt handschriftlich in einem Notizbuch. Den "Zuckerrübenmord" verfasste er schon per Laptop.  Fotos: Diana Fuchs
 
 
 
 
 
 

Als Rechtsanwalt verteidigt Gerd Hans Schmidt Gesetz und Ordnung. Als Krimi-Autor sieht er in fränkischen Schlössern den perfekten Ort für Mord.

Er stand auf der steinernen Brücke und sah über die niedrige Mauer. Es hatte aufgehört zu regnen und der Wind hatte nachgelassen. Er atmete noch einmal tief ein und wollte sich gerade umdrehen, als ihn ein geräuschloser Schlag in den Rücken traf. Ein stechender Schmerz durchbohrte seine Brust. Dann, keine zehn Sekunden später, ein zweiter Schlag, ebenso heimtückisch und geräuschlos. Ihm wurde schwarz vor Augen, er kippte vornüber und stürzte leblos in den Schlossgraben. Die Band spielte gerade "Knockin' on Heaven's Door" und niemand vermisste den Professor am Tisch oder sonst irgendwo bei dieser Feier. Es kannte ihn ja kaum jemand.


W er hat den Professor auf dem Gewissen? Wer hat Interesse daran, den hohen Beamten der EU-Behörde bei einer Hochzeit auf dem fränkischen Schloss Atzelsberg hinzurichten? Hauptkommissar Wolff Schmitt und sein Team von der Nürnberger
Mordkommission ermitteln. Als sie herausfinden, dass Professor Dr. Hans Habermüller offenbar hinter einen gigantischen Subventionsbetrug gekommen war, liegt ein Mordmotiv auf der Hand. Doch da ist auch noch Habermüllers Beziehung zu einer verheirateten Frau...

"Zuckerrübenmord" heißt der Frankenkrimi, in dem es ebenso um Liebe und Leidenschaft geht wie um das große Geld. Der Autor Gerd Hans Schmidt ist ein waschechter Franke, 1960 geboren. Er scheibt nicht um den heißen Brei herum, sondern treibt die Handlung zielgerichtet vorwärts. "Ewige Schilderungen der Umgebung sind nicht so meins. Mein erstes Buch, 'Mord in der Harrer-Klinik', ist ziemlich dünn ausgefallen. Meine Frau hat gesagt: zu dünn", meint der 56-Jährige und lacht dabei. "Bei den nächsten beiden hab' ich dann ein bisschen mehr drumrum geschrieben."

Schmidt, der bei Erlangen lebt, ist seit gut 20 Jahren Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei. Nur Aktenwälzen und Rechtskämpfe führen, das hat ihn jedoch nie ganz erfüllt. Schon während seines Studiums der Rechtswissenschaften lockerte er die trockene Lern-Materie mit semiprofessioneller Musik auf. Ende der 80er Jahre arbeitete er für lokale Zeitungen, später moderierte er eine kleine Radiosendung. Vor fünf Jahren ist seine Musikleidenschaft wieder aufgeflammt. Als "HansBass" macht Gerd Hans Schmidt am E-Bass seither Rockmusik in einer Band. Und vor zwei Jahren wurde er schließlich auch noch Krimi-Autor. Wie? Durch einen Aufenthalt in der Nürnberger Erler-Klinik. Schmidt bekam eine neue Hüfte. Nach der OP hatte er viel Zeit - und ein Panoramafenster, durch das man nicht nur zur Nürnberger Burg schauen konnte, sondern auch in Parterre-Räume der Klinik.
Eines Abends blickte eine der Krankenschwestern aus eben diesem Fenster. Um den Patienten aufzumuntern, meinte sie, wenn dort unten ein Mord passiere, könne er ihn am besten beobachten. "Da hat's bei mir im Kopf klick gemacht", erzählt Schmidt. "Ich wollte immer schon schreiben. Jetzt hatte ich mein Thema."

Also erfand Schmidt Schmitt. Genau gesagt: den Kriminalkommissar Wolff Schmitt. Logisch: Die Namensähnlichkeit ist kein Zufall. Wie der Autor muss sich auch sein Kommissar einer Hüft-OP unterziehen und liegt in einem Privatzimmer mit Panoramablick. Von dort aus sieht er eines Abends eine Pharma-Referentin, die wenig später plötzlich weg vom Fenster ist - im wahrsten Sinn des Wortes. Als ein Unbekannter dem Polizisten bald darauf nach dem Leben trachtet, wird klar, dass er als vermeintlicher Mordzeuge aus dem Weg geräumt werden soll. Wie gut, dass Schmitt wachsame, fränkische Kollegen hat...

"Im Januar 2014 habe ich angefangen zu schreiben", berichtet Gerd Hans Schmidt. "Nach den ersten 40 Seiten habe ich meine literarisch sehr interessierte Frau mal drüberlesen lassen und sie gefragt, ob das überhaupt was ist. Sie hat nur gesagt: 'Schreib' weiter!'. Im April war der 'Mord in der Harrer-Klinik' fertig." Zwar hatte Schmidt ein Grundgerüst für das Buch erstellt, viele Szenen dann aber spontan verfasst, einfach so, wie ihm der Schnabel gewachsen ist oder wie es ihm seine Lebenserfahrung einflüsterte. Vorbilder? Fehlanzeige. "Ich will niemanden nachahmen." Und obwohl er auch vermeiden wollte, dass Personen sich erkennen, muss er zugeben, dass etwa die Hälfte aller Beschreibungen auf Menschen passt, die er irgendwann einmal kennen gelernt hat. "Manche kleine Geschichte, die ich eingebaut habe, hab' ich auch als Anwalt erlebt. Beispielsweise die kleinen Gaunereien der bildhübschen Studentin, die mit dem Mordopfer liiert war. Also die, die zum Beispiel den Opferstock in einer Kirche aufgebrochen hat."

Die verdächtige Studentin, Schmidts Schmitt und die übrigen Figuren haben dem Engelsdorfer Verlag aus Leipzig offenbar gefallen. Jedenfalls erhielt der Autor einige Wochen, nachdem er dem Verlag das Manuskript zugesandt hatte, einen Vertrag. "Insgesamt habe ich ein Dutzend Manuskripte verschickt. Und viel dabei gelernt. Zum Beispiel, dass man versucht, Autoren oftmals erst richtig zur Kasse zu bitten. Finger weg von diesen Verlagen! Man muss sich die Bedingungen genau durchlesen."

Wenn es einem nicht in erster Linie darum geht, Geld zu verdienen, könne man heute aber vergleichsweise einfach ein Buch publizieren, meint Schmidt. Er freut sich, "einen guten Verlag" gefunden zu haben. Auch deshalb ist sein dritter Frankenkrimi um Kommissar Schmitt schon so gut wie fertig - und mit über 300 Seiten doppelt so dick wie der "Zuckerrübenmord". "Mittlerweile gehen mir auch die Dialoge ganz leicht von der Hand. Beim ersten Buch war ich da noch viel gehemmter."

Ob nach der Kommissar-Schmitt-Trilogie weitere Bücher folgen? Diese Frage will Gerd Hans Schmidt jetzt noch nicht beantworten. "Ich bin so ein Typ, der die Vielseitigkeit des Lebens mag. Mal sehen, was so kommt. Spaß macht mir das Schreiben auf jeden Fall sehr."

Ganz unwahrscheinlich ist eine Fortsetzung nicht. Denn wie sagt Schmidt selbst: "Das Leben hilft beim Schreiben." Im Jahr 2014 war er selbst zu einer Hochzeit auf Schloss Atzelsberg eingeladen - und entdeckte hier plötzlich den perfekten Ort für einen heimlichen Mord: die Burggrabenbrücke. Bestimmt eignen sich für ähnliche Zwecke auch noch viele weitere markante Bauwerke in Franken...



"Wenn der Professor zu viel weiß, dann kann er uns hinter Gitter bringen, und das für sehr lange! Dazu habe ich keine Lust!"- "Und?" - "Du fährst in die Schweiz und transferierst von deinem Bankkonto dort 500 000 Schweizer Franken auf dieses Nummernkonto... Den Rest besorge ich dann." - "Wird der Professor dann erschossen?" - "Nein, das passiert geräuschlos, zisch, sozusagen."


INFO:
Die beiden Frankenkrimis von Gerd Hans Schmidt - der dritte soll heuer noch erscheinen - sind nicht nur im Buchhandel erhältlich, sondern auch online über Amazon.de oder Thalia.de.
Weitere Infos: www.ghs-krimis.eu