"Ehe für alle" in Bamberg: "Ein Stück mehr Normalität"

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Das Hochzeitsfoto von Sven Kaiser (l.) und seinem Partner Christian Vogel aus dem Jahr 2014 Foto: Andrea Rippstein
Das Hochzeitsfoto von Sven Kaiser (l.) und seinem Partner Christian Vogel aus dem Jahr 2014 Foto: Andrea Rippstein

Auch homosexuelle Paare in der Region freuen sich über die Gleichstellung. Beim Bamberger Standesamt ist man für heiratswillige Lesben und Schwule bereit.

Es ist der Satz, der in den Gesprächen am häufigsten fällt: "Die meisten warten erst mal ab." Als erste sagt dies Stadtsprecherin Ulrike Siebenhaar auf die Frage, ob es denn beim Bamberger Standesamt schon Anmeldungen für Hochzeiten zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren gebe.

"Bisher gab es das sogenannte Verpartnern. Sollte im Herbst das neue Gesetz in Kraft treten, können Homosexuelle auch offiziell heiraten", erläutert Siebenhaar zunächst. Aber: Voraussetzung ist in der Tat, dass der Gesetzesvorschlag zur "Ehe für alle" Realität wird.

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer erwägt bereits eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht - nur wenige Tage, nachdem der Bundestag die "Ehe für alle" beschlossen hatte.


Noch keine Anfragen

In Bamberg warten offenbar viele Lesben und Schwule noch mit einer Anmeldung beim Standesamt. Dort könnten sie prinzipiell ihre eingetragene Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln lassen, oder aus der Partnerschaft heraus direkt heiraten. "Wir haben bisher noch keine Anfragen oder Anmeldungen für standesamtliche Trauungen. Wir fühlen uns aber gut gewappnet", sagt die Stadtsprecherin.

Dass dies nun überhaupt möglich ist, bezeichnet Dave Schneider von "Uferlos", Bambergs schwul-lesbischem Verein, als "großen Schritt Richtung Gleichstellung". Im Verein sei "richtige Freude" und "Feierstimmung" nach der Entscheidung im Bundestag ausgebrochen. Jener Freitag sei ein besonderer Tag gewesen, "nun gibt es ein Stück mehr Normalität für uns".

Etwa 80 Mitglieder zählt der Verein, doch von diesen hat bisher noch keiner einen Termin beim Standesamt ausgemacht. Auch hier fällt der Satz: "Die meisten wollen erst mal abwarten", sagt Schneider. Außerdem ändere sich gar nicht unbedingt für jeden so viel.


Adoption ist ein Thema

Die größte Neuerung betrifft das Adoptionsrecht. Bisher wurden heterosexuelle Paare bevorzugt und homosexuelle benachteiligt. "Das ist schon bei vielen von uns ein Thema", deutet Schneider an.

Gleichwohl lebe es sich für Schwule und Lesben in Bamberg bisher ganz gut, Anfeindungen erlebe man kaum. Beim Thema Trauungen sperre sich jedoch die Katholische Kirche im Vergleich zur Evangelischen noch sehr. "Außerdem finde ich es schade, dass gerade Bayern und Seehofer gegen die Ehe für alle schießen."

Wenn es nach Sven Kaiser ginge, hätte die Entscheidung über eine Art Volksabstimmung stattfinden sollen. Der Inhaber eines Bestattungsunternehmens im Landkreis Bamberg ist seit 2014 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft und bereits für diese Möglichkeit sehr dankbar. Diese Gleichstellung ermögliche, "dass mein Partner und ich im Krankenhaus nicht als Fremde behandelt werden und dass wir auskunftsberechtigt sind. Auch finde ich die steuerliche Gleichstellung mehr als fair."

Die Formulierung "Ehe für alle" bezeichnet er "schwammig" und seine persönliche Meinung lautet: "Ich fand die vorherige Regelung auch nicht verkehrt, da ich die Verbindung von zwei Menschen, die im Normalfall auf biologischem Weg Kinder bekommen können, für das Familienbild wertiger finde. Den Begriff ,Ehe‘ empfand ich als schützenswert."

Trotzdem freue er sich sehr für die vielen schwulen und lesbischen Paare, die nun ihr Recht auf Gleichberechtigung erhalten hätten und auch vor dem Gesetz gleichgestellt sind - gerade beim Thema Kinder.

"Kinder sind eine große Bereicherung für jede Beziehung, bergen aber auch eine große Verantwortung." Ein Kind brauche liebevolle Eltern, ein gutes soziales Umfeld, eine feste finanzielle Basis, das Vermitteln von Werten und Traditionen und ganz viel Liebe, sagt Kaiser. Und: "Das können auch homosexuelle Eltern ihren Kindern geben und vermitteln."

Gleichwohl hat Kaiser eine Vermutung: Er könne sich vorstellen, "dass so manche Neubürger diese über Jahre hinweg gewachsene und hart erkämpfte Gleichbehandlung noch nicht verstehen. Ich befürchte eine Steigerung von Mobbingattacken in Schulen gegenüber Kindern aus gleichgeschlechtlichen Beziehungen."
Auf die Frage, ob er selbst und sein Partner denn über einen Kinderwunsch nachdenken würden, antwortet der Mühlendorfer mit Humor: "Ich glaube, dass wir das Alter für eine klassische Adoption überschritten haben."

Aus dem Standesamt:

Das sind die Zahlen der eingetragenen Lebenspartnerschaften seit 2013 in der Stadt Bamberg:

2013 - 9

2014 - 6

2015 - 15

2016 - 13