Der Steigerwald ist Heimat, Lebensgrundlage und Einkommensquelle von 60 Sägern und ihren Teams. Burkard Müller ist einer davon.
N ationalpark Steigerwald? Mensch, das klingt doch gut. Nach Tier- und Pflanzenvielfalt, nach Erholung und Nichtstun... Wenn Burkard Müller solche Aussagen liest oder hört, schüttelt er vehement den Kopf: "Ich reg' mich nimmer über solche naiven Sätze auf!" Natürlich regt er sich doch auf. Und poltert: "Genau das denken Menschen, die entweder weit weg von der Natur leben oder sich wenig mit der Thematik befassen. Oder beides."
Müller verfolgt die Diskussion um einen möglichen dritten Nationalpark in Bayern seit Anbeginn, also schon zehn Jahre. Aus dem Steigerwald einen streng geschützten Nationalpark zu machen, hält er für eine Schnapsidee, und das längst nicht nur wegen seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen. Der 51-Jährige, der im unterfränkischen Reupelsdorf bei
Wiesentheid in der vierten Generation ein Sägewerk betreibt, sagt: "Nachhaltigkeit ist hier im Steigerwald ganz hervorragend zu erleben: am Beispiel der Waldbewirtschaftung und Holzverwendung. Ein Nationalpark wäre kontraproduktiv, würde das quasi zerstören."
Für den Familienvater ist der Steigerwald Heimat und traditionsreiches Kulturland, das schon sein Urgroßvater gehegt und bewirtschaftet hat. An der idyllisch gelegenen Fuchsenmühle nutzte Valentin Müller bereits 1895 die Wasserkraft des Flüsschens Schwarzach für das erste Einsägegatter. 70 Jahre später kaufte sein Enkel Robert den ersten Gabelstapler und mechanisierte die Sägeproduktion. 1989 übernahm Burkard Müller den elterlichen Betrieb. Er baute sowohl den Maschinenpark als auch das Holzsortiment kontinuierlich aus. Direkt neben den Betriebsgebäuden errichteten Burkard und Uta Müller für sich und ihre Kinder ein Wohnhaus, das zeigt: Die Müllers lieben Holz nicht nur beruflich. Der große Esstisch besteht aus einer massiven Steigerwälder Eichenplatte, das Holz für die Dielenbretter wuchs ebenfalls bei Ebrach im Wald.
"Ich wäre der Letzte, der den Steigerwald nicht schätzt und schützt. Aber das Schützen schließt das Nutzen nicht aus", sagt Burkard Müller. Nachhaltiges Wirtschaften sei lebenswichtig und sinnvoll. "Das gilt für die umweltfreundliche Brennholzversorgung der Bevölkerung direkt vor Ort und natürlich auch für unsere Arbeit als Säger."
Ob Eiche, Buche, Ahorn, Esche, Kirsche oder Lärche - Burkard Müller und seine Männer übernehmen jeden einzelnen Stamm beim Einkauf persönlich. "Wir achten darauf, dass der ganze Stamm verwertet wird. Abfall gibt es nicht." Die Rinde wird direkt in der Heizanlage CO2-neutral in Energie zur Trocknung und thermischen Behandlung der Hölzer umgewandelt. Schwarten und andere Holzreste werden zu Hackschnitzeln oder Brennholz verarbeitet - sie dienen somit wieder als Energielieferant.
Das "Holz der kurzen Wege" habe zwei große Pluspunkte, betont Müller: Es sei ein wichtiger Wettbewerbsvorteil für die 60 klein- und mittelständischen Sägewerke im Steigerwald und es trage dazu bei, den Klimaschutzplan 2050 umzusetzen, den die Bundesregierung beschlossen hat. Müller führt aus: "Wir brauchen den nachwachsenden Rohstoff Holz hierzulande dringend. Deutschland importiert wesentlich mehr Holz als es exportiert." Etwa die Hälfte der jährlich geernteten 76 Millionen Kubikmeter Holz verarbeite die deutsche Säge- und Holzindustrie direkt zu Bauholz. "Mit Blick auf den Klimaschutz könnten es deutlich mehr sein, denn wo Holz verbaut wird, muss nicht auf andere, sehr viel energieintensivere Baustoffe zurückgegriffen werden. Und weniger Energieverbrauch bedeutet weniger CO2-Ausstoß." Bei der Nationalpark-Debatte verweist Eichenspezialist Müller auf die "wunderbaren Eichenbestände" im Steigerwald und fragt: "Soll man diese verwildern lassen? Und stattdessen Holz aus zweifelhaftem Anbau anderswo auf der Welt einführen?"
Die heimischen Förster, betont Burkard Müller, wüssten genau, was sie tun. "Seit 300 Jahren betreiben sie Waldpflege in Deutschland. Sie bauen den Wald so um, dass er den Klimaveränderungen standhält, und sie bewirtschaften ihn nachhaltig." Es wachse deutlich mehr Holz nach, als entnommen wird.
"Und unsere Holzbetriebe stützen die ländliche Region. Viele Arbeitsplätze im Holzbe- und -verarbeitungsgewerbe hängen daran." Burkard Müller selbst beschäftigt in Reupelsdorf zehn Mitarbeiter. "Die Aussage der Nationalpark-Befürworter, dass ein solcher Park neue Arbeitsplätze bringe, ist mit großer Vorsicht zu genießen. Im Bayerischen Wald war das nicht so. Auf jeden Fall würden in unserer Branche viele Arbeitsplätze wegfallen."
Müller bezweifelt zudem, dass der Tourismus im Steigerwald entscheidend von einem Nationalpark profitieren würde. "Die Übernachtungszahlen würden sicher nicht in die Höhe schnellen. Zum Wandern und um die Natur zu genießen, ist ein Naturpark doch ebenso gut wie ein Nationalpark."
Und das Thema Artenvielfalt? "Jeder, der einen Garten hat, weiß: Wenn ich ihn nicht pflege, dann wächst irgendwann nur noch Unkraut. Vielfalt entsteht nicht durch Nichtstun."
Dass sich manche Politiker in Sachen Nationalpark seit Jahren wie "Fähnchen im Wind" bewegen, macht den 51-Jährigen wütend. Kürzlich hat er sich mit Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) unterhalten und ihr seine Argumente dargelegt. "Es war zwar ein sehr freundliches und gutes Gespräch. Aber auf einen Nenner sind wir nicht gekommen."
Burkard Müller hofft, die Ministerin dennoch zum Nachdenken gebracht zu haben: "Natürliche, nachhaltige
Holznutzung ist der beste Naturschutz!"
INFO:
Im Gespräch: Neben dem 1120 Quadratkilometer großen Steigerwald stehen auch die Rhön und der Spessart als möglicher 3. Nationalpark in Bayern (nach Berchtesgaden und Bayerischem Wald) im Fokus. In allen Gebieten gibt es Befürworter und Gegner.
Argumente: Im Steigerwald spricht sich unter anderem der Verein "Unser Steigerwald" gegen den Nationalpark aus. Anstelle eines großen "Totalreservats" begrüßt der Verein das Trittsteinkonzept des Forstbetriebs Ebrach. Dieses sieht besonders geschützte Flächen im Wald vor, ohne auf die Holznutzung ganz zu verzichten. BN (Bund Naturschutz), WWF (World Wildlife Fund) und LBV (Landesbund für Vogelschutz) wollen den Steigerwald zwischen Bamberg, Schweinfurt, Würzburg und Nürnberg dagegen gern zum Nationalpark erheben. Sie glauben, dass Unter- , Mittel- und Oberfranken touristisch und wirtschaftlich profitieren würden.
Zur Info:
Die bayerische Staatsregierung hat beschlossen, daß es in Bayern einen 3. Nationalpark geben soll, aber der Steigerwald wird definitiv nicht dabei sein.
Argumente:
Genauso wie es einen Verein der Befürworter des NP gibt gibt es auch einen Verein der einen NP Steigerwald ablehnt. Hinzu kommt, daß das Bestehen eines Vereins kein Argument ist und sein kann. Deswegen ist dieser Journalismus mehr als verwunderlich, ja einseitig und offensichtlich kenntnislos.
Ein Argument kann nur sein, was dem bestehenden Recht und Naturschutz dient. Ein NP in Bayern bedarf mindestens einer Größe von zusammenhängenden - also nicht zerschnittenen - 10.000 Hektar. Diese zusammenhängende Fläche gibt es jedoch im Steigerwald nicht. Das sollte jeder wissen oder zumindestens erkennen, wenn er auf einer Karte die mögliche Lage eines NP ansieht. Deshalb frage ich mich was dieses Nachtreten und larmoyante Geheule der Befürworter weiterhin soll. Ein NP ist weder rechtlich noch aus Naturschutzgründen möglich und sinnvoll. Das Ziel eines NP, Ruhe und Ungestörtheit der Natur durch den Menschen, ist im Steigerwald infolge der dichten Besiedlung nicht erreichbar. Das ist auch der Grund weshalb sich das sogenannte Trittsteinkonzept (welches schon erheblich länger angewendet wird als die Forderung nach einem NP besteht) - also der Verbund einer menschlichen Bewirtschaftung und Pflege der Flächen in Verbindung mit Ruheinseln und Rückzugsgebiete für Flora und Fauna - so erfolgreich ist. Ein NP würde hier von dem Erreichten in dieser Kulturlandschaft sehr viel wieder zerstören ohne der Natur zu nutzen. Die geplante Schutzfläche ist schlichtweg zu klein. Man sollte endlich einsehen, daß der Steigerwald zu wenig für einen echten Naturschutz in Form eines NP anbieten kann.
Es ist deshalb notwendig etwas Neues im Naturschutz zu wagen. Genau das erfüllt ein Trittsteinkonzept sehr erfolgreich. Oder woher kommt der gegenwärtige hervorragende Zustand der Natur im Steigerwald?
"1120 Quadratkilometer großen Steigerwald", damit meinen Sie wohl die Fläche des Naturpark Steigerwald. Das sind umgerechnet 112.000 Hektar. Ein Nationalpark im Steigerwald, nur auf Staatswaldflächen, soll rund 10.000 Hektar groß werden. Also nicht einmal 10 Prozent der Naturparkfläche. Dies relativiert die Aussagen von Herrn Müller entscheidend. Bitte genauer recherchieren. Es muss möglich sein, weniger als 10 Prozent des Steigerwalds oder 5 Prozent aller Waldflächen in Deutschland (Ziel der Bundesregierung) der Natur zurück zu geben.