Sie mal drauf, was normalerweise drin ist: Hannelore Riedl verewigt (Greif-)Vögel, Krokodile, Schlangen und sogar Katzenhaie auf deren Eiern und Eihüllen.
b der Osterhase ihr Eier bringt? Bestimmt. Denn niemand freut sich mehr über Kalk-Ovale als Hannelore Riedl. Die 72-jährige Fränkin macht daraus etwas Einzigartiges: Tier-Lexika zum Anfassen.
Der Gast kommt aus dem Staunen kaum heraus: Hannelore Riedls Stadtwohnung mitten in Nürnberg ist selbst ein riesengroßes Überraschungs-Ei. Überall stehen und hängen Zeugen ihrer Mal-Kunst - Glaskugeln, Steinfiguren, vor allem aber Eier.
Auf den ersten Blick eher unscheinbar ist der Wandschrank im Wohnzimmer. Doch das kaum 25 Zentimeter breite Holzregal mit den zahlreichen Glasböden hat es in sich: Dort lagern Dutzende Eier aller Größe und Gestalt - fein bemalt mit den Tieren, denen sie einst gehörten.
Es ist ein Lexikon zum Anfassen, vom Daumennagel-kleinen Buchfinken-Ei bis hin zum Menschenkopf-großen Straußen-Ei.
Dass die geborene Erlangenerin mit ungeheuer viel Liebe und Geduld den Pinsel geführt haben muss, sieht jeder. Haargenau - im wahrsten Sinn des Wortes - hat sie Dutzende Vögel verewigt, vom Emu über den Strandläufer bis zum Paradieskranich, aber auch Krokodile, Schlangen wie den Tigerphython oder die schwarze Erdnatter und sogar den Schopf-Tinamu, einen asiatischen Urwaldlaufvogel.
"Ich bin ein großer Natur-Fan", sagt die jung gebliebene Rentnerin, die als 20-Jährige den Jagdschein gemacht hat. "Schon immer wollte ich Tiere an ihrem Gelege unterscheiden können." In Lauf der Zeit entstanden Kontakte zu Tiergärten und Rangern in aller Welt. Diese lieferten der malenden Tierfreundin unbebrütete oder verwaiste Eier. Die forsche Fränkin säuberte und konservierte sie gewissenhaft.
Aber wie schafft sie es, auf eine gewölbte Fläche so authentische Bilder zu zeichnen? Hannelore Riedl lacht fröhlich: "Jahrzehntelange Übung." Schon als Kind habe sie viel gemalt, überhaupt viel Handarbeit gemacht. "Meine Oma hat sich zu jedem Fest immer etwas Selbstgefertigtes gewünscht. Und ich hab's gemacht."
Kein Wunder, dass sie später keinen alltäglichen Beruf wählte: Sie arbeitet in einer Firma für Vergoldungen und Beschichtungen aller Art. Seit ihrem 60. Lebensjahr mischt sie ihre eigenen Künstlerfarben. "Ich bin halt einfach eine Tüftlerin", meint die Tochter eines Chemikers mit verschmitztem Lächeln. Sie freut sich, wenn ihre Aquarellfarben aus Perlglanzpigmenten zum Beispiel das Gitter eines Berliner Schlosses zieren oder ein kunstvolles Grabkreuz.
"Das macht wirklich Spaß und die Leute sind dankbar, wenn sie einen finden, der sowas macht."
Mit naturgetreuen Farben, winzigen Pinseln und unendlicher Geduld bemalt sie neben den "Lexikon-Eiern" viele andere Eier mit Märchen- und Tier-Motiven. Bis vor einiger Zeit hat sie ihre Kunstwerke zum Beispiel beim Erlanger Eiermarkt verkauft. "Aber nach zehn Jahren hab' ich aufgehört. Ich hab' richtig Angst vor dem Telefon bekommen." Zu viele Menschen wollten Eier nachbestellen. "Das ist viel zu stressig geworden."
Und Stress mag sich die 72-Jährige nicht nach Hause holen. Sie malt und bastelt "aus Spaß an der Freud'", betont sie und zeigt dem staunenden Besucher ein riesiges Lager voller verschiedenster Eier - sie besitzt eine fünfstellige Zahl. Aber auch andere Naturmaterialien hat sie in großen Kisten gesammelt, von schönen, weichen Vogelfedern über Zapfen bis hin zu Mohnblumenkapseln.
Egal, ob sie malt oder, je nach Jahreszeit, dekorative Engel, Blumen und Holztiere gestaltet - eins ist für Hannelore Riedl immer wichtig: "Wenn was schön werden soll", sagt sie, "dann gibt's kein Schnell-Schnell."