Das nicht mehr alternativlose Florian-Prinzip der SPD in Bayern

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Florian Pronold. Foto: Andreas Gebert, dpa
Florian Pronold. Foto: Andreas Gebert, dpa

Als "Muhakl" bezeichnet man in Altbayern einen Griesgram, einen chronisch schlecht gelaunten Menschen. Durchaus möglich, dass so ein Muhakl am Wochenende ausgerechnet im fränkischen Hirschaid gut lachen hat und ein anderer griesgrämig guckt.

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Walter Adam fordert Florian Pronold heraus. Der 71 Jahre alte Rentner aus Abensberg in Niederbayern, dessen Passion die Volksmusik ist - Künstlername "Muhakl" -, möchte künftig in der bayerischen SPD den Ton angeben: Adam kandidiert beim Landesparteitag der SPD am Samstag und Sonntag in Hirschaid gegen den Landesvorsitzenden Florian Pronold, der mit 42 noch nicht einmal so alt ist wie die Mitgliedschaft seines überraschend aufgetauchten Konkurrenten lang: "Ich bin seit 46 Jahren in der SPD", sagt Adam.

Verschwörung an der Parteibasis? Da antwortet der Muhakl eher griesgrämig. Hinter Adams Kandidatur steht keine Bewegung, keine innerparteilich gärende Opposition. Der Abensberger hat sich im Alleingang für den in den Bayern-SPD unerhörten Schritt entschlossen, weil ihm vieles nicht mehr passt, was die Sozialdemokraten "da oben" tun. Damit wird Adam, nicht verwandt und verschwägert mit einem weiteren SPD-Rebell, dem Regener Landrat Michael Adam, zur Stimme vieler Sozialdemokraten "da unten".

Selbstinszenierung

"Muhakl" Adam hat seinen Aufstand eigenhändig inszeniert und sich selbst gleich dazu. Seine Facebook-Seite und ein You-Tube-Video sind zu einem Quotenrenner geworden. Obwohl Adam, dreht man den Ton ab, einem astreinen CSU-Werbespot entsprungen sein könnte, trifft seine Botschaft das Herz der SPD: zu viele Kompromisse in der Großen Koalition, zu viel Nähe auch zur CSU in Bayern und gar Gedankenspiele über eine bayerische Groko bei Pronold und überhaupt kaum noch Sozialdemokratisches: "Ich wundere mich, dass es nicht schon längst einen Aufstand gegeben hat", sagt Adam. Dass seine Privatrevolte in Hirschaid zum Machtwechsel führt, ist sehr unwahrscheinlich. Die offizielle Bayern-SPD gibt sich gelassen, es sei ja schließlich ein ganz normaler Vorgang in einer Demokratie, dass sich um einen Posten mehrere Kandidaten bewerben, heißt es aus der Parteizentrale.

Konkrete Unverbindlichkeit

Konkret erinnern kann sich an die letzte Kampfabstimmung aber keiner. "Wir müssen ja schon froh sein, wenn sich für diesen Posten auch nur ein einziger findet", grantelt ein auch überregional nicht ganz unbekannter SPD-Politiker aus Franken, der sich vor dem Duell Pronold - Adam namentlich nicht positionieren will. Pronold, so sagt er, steht für einen bedenklichen Trend der "Wohlfühlpolitik": Die Begeisterung für Pronold hält sich bei Bayerns Sozialdemokraten in Grenzen, auf der anderen Seite haben sie keinen anderen, der es machen könnte.
Pronold selbst hat eine denkbar undankbare Aufgabe. Die Aussichtslosigkeit eines Machtwechsels im Freistaat aus eigener Kraft vor Augen, übt er sich in Unverbindlichkeit, um viele Optionen offen zu halten, sogar die einer Zusammenarbeit mit der CSU. Zwischen dem ruppigen SPD-Chef Gabriel und dem polternden CSU-Chef Seehofer steht der brave Staatssekretär im Bundesumweltministerium ein wenig verloren herum.

Vielleicht bringt Adam dem alten und sicher auch wieder neuen Landesvorsitzenden in Hirschaid wenigstens ein paar neue Töne bei. Es kann Pronold nicht schaden, wenn er wenigstens ab und zu mal muhakelt.