Sigi Hirschs aktueller Nonsens-Krimi ist ein literarisches Schmankerl, das sich Freunde des schwarzen Humors auf der Zunge zergehen lassen sollten. Noch bizarrer als der "Kartoffelmord" ist das Geschehen um ausgekochte Pasta: Ein letzter Genuss, dann war Schluss.
"Bitte nehmen Sie die Schippe!" Schon blicken Leser ins offene Grab eines Nudelfabrikanten, den Sigi Hirsch in einem Sarg aus Hartweizengriesgleich ins Jenseits schickt. Im Teigwarenmilieu spielt der zweite Nonsens-Krimi des Autors um Tod bringende Kohlehydrate, die Adolf Fussilini auf der letzten Reise begleiten. Wie schon beim "Kartoffelmord" hat der Wahnsinn im "Nudelmord" Methode und karikiert jede Krimi-Konvention so gekonnt, dass wir den durchgeknallten Fall als Tipp zu "Franken Kulinaria" servieren.
Absurditäten des Lebens
Leise Kritik? Nein! Hirsch schwingt die Schaufel, um Zeitgenossen die Absurditäten des Lebens (und Ablebens) im 21. Jahrhundert vor Augen zu führen. Auf die Schippe nimmt der Autor nach den Nudeln, die die Trauergemeinde anstelle von Blumen ins Grab wirft, absonderliche Konventionen, Klischees, Stereotypen und Trends, darunter der liebgewonnene Hang der Unternehmenswelt zum Missmangagement. Auch die Krimi-Branche, in deren Haifischbecken sich zunehmend Blindgänger tummeln, bekommt ihr Fett ab. Wobei Hirsch angeödeten Genrefans zeigt, dass gegen selbstverliebte TV-Kommissare und andere Banausen sehr wohl ein Kraut gewachsen ist: Wickelkraut, wie sich der Ermittler nennt, den der Wahlbamberger als Alternative zu Batic, Leitmayr, Schweiger & Co. schon beim "Mantelmord" ins Spiel brachte.
Seither lösen Wickelkraut und Forensiker Winkelmuss Fälle erfrischend anders. Zumal der Kommissar seine grauen Zellen gern mit einer Tasse Stroh-Rum aus der Thermoskanne ins Trudeln bringt. Zumal er die grauen Zellen gern mit einer Tasse Stroh-Rum aus der Thermoskanne in Schwung bringt. Anders wäre die Inkompetenz, gegen die die Ermittler im "Nudelmord" ankämpfen, auch kaum zu ertragen. Beginnend beim Raubdezernat, das in den Fall involviert ist. Nachdem die Schweinegrippe alle Kollegen ausschaltete, ist die Putzkolonne als Aushilfstruppe in Doppelfunktion haltlos überlastet. Ebenso dünn ist die Personaldecke im Gerichtsmedizinischen Instituts, wo's Mitarbeiter mit der Zuteilung von Leichen in entsprechende Gräber nicht mehr ganz so genau nehmen. Was schon mal zu Verwechselungen führt, wenn Kühlschubladen klemmen und es mal wieder schnell gehen muss.
Ein-Euro-Job (pro Leiche)
Vergessen wir nicht den hektischen Pfarrer, der Verblichene wie am Fließband unter die Erde bringt. Bei einem Ein-Euro-Job (pro Leiche) muss sich der Mann eben ranhalten. Dass nach der 48. Beerdigung an einem Tag gegen Abend der falsche Mann als Adolf Fussilini unter einer Nudeldecke verschwindet, ist ihm somit kaum anzulasten.
Ja, das Leistungsprinzip regiert auch im "Nudelmord": karikiert von Hirsch als Künstler und Nonsens-Autor, der sich von solchen Zwängen längst befreit hat. Während um sie herum der Wahnsinn tobt, lassen sich auch Wickelkraut und Winkelmuss Zeit, um ihren Fall erst auf der letzten Seite aufzuklären. Zwischendurch gibt's noch die Kulturgeschichte der Nudel bis zurück in die prähistorische Zeit, Rezepte und andere ausgekochte Werke um Pasta. Schließlich sammelte Hirsch auch in dieser Hinsicht sieben Jahrzehnte lang Erfahrungen: Als Multitalent, das sich vom jüngsten Verleger des Landes zum ältesten Poetry-Slammer der Republik wandelte und am Muttertag seinen 70. Geburtstag feiert. Zuletzt noch die Grabsteininschrift, die der Nonsens-Krimi-Autor Lesern als letzte Worte des Nudelfabrikanten auftischt: "Ein Leben ohne Nudel ist wie ein Leben ohne Pudel."
Zu Hirschs Büchern
Kommissar Wickelkraut ermittelt: "Der Kartoffelmord" und "Der Mantelmord" erschienen unter ISBN 978-3-981423-73-0 im artmedia-verlag Bamberg in einem Band. "Der Nudelmord" erschien als dritter Nonsens-Krimi von Sigi Hirsch bei artmedia unter ISBN 978-3-981423-72-3.
Geburtstagsfeier am Muttertag
Unter dem Titel "Was von der Rebellion blieb - 70 Jahre Sigi Hirsch" feiert der Bamberger Malerpoet am 10. Mai ab 10.30 Uhr bei einer Benefizlesung mit Jazz im Bamberger Buch & Medienhaus Hübscher (Grüner Markt 16) seinen runden Geburtstag. Neben Hirsch werden bei der Veranstaltung langjährige Weggefährten und Freunde auftreten, darunter der Bamberger Krimi-Schriftsteller Thomas Kastura, Zauberkünstler Timm Full, der Kölner Dichter Armin Fischer und Kunsthistoriker Matthias Liebel. Zu gewinnen gibt's 700 Gedichte. Und als Höhepunkt der Veranstaltung winkt eine Versteigerung von sieben Bildern Hirschs durch Johann Sebök. Den Erlös spendet der Jubilar dem Treffpunkt "Menschen in Not", der in Bamberg Wohnungslose unterstützt. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei, wie Hirsch noch mitteilte. Um Spenden für "Menschen in Not" wird gebeten.