Bamberg
Abitur

Nach Klau von Abi-Aufgaben in Bamberg: Hat Schüler (18) damit Nacktfotos erkaufen wollen?

Wegen ihnen gab es bayernweit neue Deutsch-Aufgaben im Abitur 2020: Die Polizei hat nun drei Abiturienten aus Bamberg gefasst, die vor zwei Monaten in ein Gymnasium eingebrochen und die Abi-Aufgaben geklaut haben sollen. Doch warum kam es zu dieser Tat? Was ist dran an den Gerüchten um mögliche Nacktfotos als Gegenleistung?
Einbruch in Bamberger Gymnasium: Abi-Aufgaben geklaut
Gut zwei Monate nach der Tat hat die Polizei in Bamberg drei Schüler gefasst, die die Deutsch-Abi-Aufgaben aus einem Tresor geklaut haben sollen. Symbolfoto: Nicolas Armer/dpa Foto: Nicolas Armer/dpa

Ihre "professionelle Vorgehensweise" könnte dafür verantwortlich sein, warum die Suche nach den Tätern, die in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 2020 in das Kaiser-Heinrich-Gymnasium in Bamberg eingebrochen  und die aktuellen Abiturprüfungen im Fach Deutsch geklaut hatten, so lange gedauert hatte. Nach mehr als zwei Monaten wurde schließlich ein Tatverdächtiger gefasst.

Doch auch nach der Festnahme bleiben noch einige Fragen offen. Auch die, was die jungen Schüler angetrieben hat, die Abitur-Aufgaben zu stehlen. Dazu kursieren aktuell Spekulationen und Gerüchte.

Update vom 28.08.2020: Wollte der Schüler Nacktfotos mit Abi-Aufgaben erkaufen?

So schön wie das Grün auf dem Gelände des Kaiser-Heinrich-Gymnasiums derzeit sprießt, schießen nach der Ermittlung dreier Schüler, die für den Abituraufgaben-Diebstahl verantwortlich sein sollen, jetzt die Gerüchte ins Kraut. Geschichten dazu klingen jedenfalls immer wilder: So titelte am Dienstag (28. Juli 2020) die Bild-Zeitung, dass  derjenige Schüler, dem die Polizei  als erstes auf die Schliche gekommen ist, Klausuraufgaben  auf dem Schulhof vertickt und  als Gegenleistung Nacktfotos verlangt haben soll.

Dieser Verdacht sei dadurch genährt, dass die Ermittler wohl auf der Festplatte des ertappten 18-Jährigen Fotos halbnackter Mädchen gefunden haben. Laut Bild hat die Bamberger Kriminalpolizei bestätigt, dass der Abiturient sich über Monate Test- und Klausurlösungen besorgt hat, indem  er sich ins Schulnetzwerk gehackt hatte.  Außerdem soll der Beschuldigte auch einen Generalschlüssel fürs Gymnasium besessen haben.

Ermittlungen dauern noch an

Zu diesen Veröffentlichungen  wollte sich die Pressestelle des Polizeipräsidiums Oberfranken auf Nachfrage gegenüber unserer Redaktion allerdings nicht äußern: „Dazu können wir nichts sagen“, lautet der knappe Kommentar von Sprecher Fabian Metzler.  Er verweist auf das, was die Ermittler   einen Tag zuvor als Pressemitteilung herausgegeben haben.  Auch die  Staatsanwaltschaft Bamberg wollte sich dazu bislang nicht äußern. Die Ermittlungen laufen derzeit aber weiter. Wohl prüfen die Fahnder laut anderer Berichte auch,  ob der Schüler tatsächlich im Besitz eines  Schlüssels war, außerdem, wie der Tresor letztlich geknackt wurde. 

Aus diesem  verschwanden die aktuellen Deutsch-Abituraufgaben kurz vor dem schriftlichen Prüfungstermin: In der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 2020 war in ein Büro des Gymnasiums im Berggebiet  eingebrochen worden. Der Diebstahl führte schließlich sogar dazu, dass die  Abituraufgaben in diesem Fach in ganz Bayern ersetzt werden mussten. Die Kripo hatte am Tatort unter anderem DNA-Spuren gesichert, Wohnungen von Schülern durchsucht, Laptops und Handys beschlagnahmt. Bei dem Einbruch in das Gymnasium war ein Schaden von rund 500 Euro entstanden.  

Rätsel über Motiv

Womöglich sind die Ermittler dem Abiturienten dann auch durch das digitale Schulnetzwerk auf die Spur gekommen.  Dass der Bamberger Schüler das Netzwerk gehackt haben könnte, davon war zwar in der offiziellen Mitteilung nicht die Rede, allerdings  gaben Polizei und Staatsanwaltschaft darin bekannt, dass nach dem Diebstahl der Deutsch-Aufgaben im Mai  technische und digitale Spuren zu dem 18-Jährigen führten.  Schließlich hatte die Staatsanwaltschaft dann einen Durchsuchungsbeschluss für dessen Wohnräume  erwirkt. Bei der Durchsuchung hatten Kriminalbeamte zahlreiches Beweismaterial sichergestellt.  

Der Schüler war geständig, räumte seine Tat vollumfänglich ein und übergab auch die gestohlenen Abituraufgaben sowie das Tatwerkzeug an die Ermittler. Die Beweismittel hatte er in einem Waldgebiet  versteckt. Er hatte dann auch zwei weitere 18-Jährige als Mittäter benannt.  Ob sie nach Erwachsenen- oder Jugendstrafrecht bestraft werden, ist noch offen. Letztlich entscheidet das Gericht darüber, auch nach  Reife der Beschuldigten.

Erwachsenen drohen jedenfalls  bei einem „besonders schweren Fall des Diebstahls“ mindestens drei Monate Haft. Rätsel gibt es weiterhin darüber, was die Schüler angetrieben hat. Durch den Einbruch hatten sie weder Einfluss auf die Prüfung noch in finanzieller Hinsicht einen Vorteil erlangt. Ob  der geständige 18-Jährige als Gegenleistung für Klausurlösungen tatsächlich Nacktfotos wollte und bekam –  dafür spricht derzeit wohl recht wenig.   

Meldung vom 27.07.2020: Schüler seien "äußerst professionell" vorgegangen

Dass die Tat mehr als nur ein "Abi-Streich" war, betont nicht nur die Polizei - auch das Vorgehen der jungen Tatverdächtigen zeigt, dass es die Schüler durchaus ernst nahmen: Nur die umfangreiche technische und digitale Spurenauswertung brachte die Beamten auf die Fährte der Täter, die laut Polizei "äußerst professionell" vorgingen.

Zwischenzeitlich standen bereits andere Schüler im Fokus der Fahnder: Schnell wurden Schüler einer Technik-Gruppe des Gymnasiums verdächtigt. Ein Vater wehrte sich damals gegenüber dem Fränkischen Tag und inFranken.de und stellte heraus, dass sein Sohn zu Unrecht beschuldigt wurde.

Laut Polizei ist man den tatsächlichen Einbrechern in der vergangenen Woche auf die Schliche gekommen. Zu diesem Zeitpunkt dürften auch die drei Abi-Diebe bereits ihr Zeugnis in Händen gehalten haben. Bei der Abiturfeier waren sie nach uns vorliegenden Informationen aber nicht mehr mit dabei. Dort wurde aber in einer der Reden scharf kritisiert, dass der Schulleiter kurz nach der Tat von einem „Abi-Scherz“ gesprochen haben soll. Gegen einen solchen Generalverdacht verwahrte sich auch eine Schülersprecherin.

Über die Motivation der Täter wird noch gerätselt. Sie konnten durch den Einbruch weder die Prüfung verhindern, noch einen wirtschaftlichen Vorteil  erzielen. Stattdessen verursachten sie Schaden von 500 Euro – und verunsicherten andere Prüflinge. 

In jedem Fall dürfte  der Einbruch  erhebliche strafrechtliche Konsequenzen haben. Er wird als „besonders schwerer Fall des Diebstahls“ gewertet  – für den das Strafgesetzbuch bei Erwachsenen eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten vorsieht.

Im weiteren Verlauf der in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Bamberg geführten Ermittlungen werden nun weitere Beweismittel durch die Beamten der Kriminalpolizei Bamberg ausgewertet und auf weitere strafrechtliche Relevanz geprüft.