Neue Impulse nach 125 Jahren Firmengeschichte: Paul & Co in Oberwildflecken wagt einen baulichen Befreiungsschlag.
"Er hätte sicher seine Freude gehabt, das alles hier zu sehen", sagt Geschäftsführer Manfred Kunert und erinnerte an den Begründer der Kunert Gruppe, Alois Paul, der im Jahr 1893 im Sudetenland eine Schachtelfabrik auf die Beine gestellt hatte. Jetzt präsentierte das Unternehmen die Ergebnisse einer zweijährigen Großbaustelle einer breiten Öffentlichkeit. Beschäftigte und deren Familienangehörige, Politiker, Baustellenmitarbeiter, Geschäftsleute, Unternehmer, Selbstständige aus der Region und viele ehemalige Mitarbeiter des Hartpapierhülsenherstellers Paul & Co nutzten die Chance, sich bei einem zweitägigen Fest über die aktuellen Entwicklungen im familiengeführten Unternehmen der Kunert Gruppe am Standort Wildflecken zu informieren.
Auf einer Fläche von drei Hektar sind innerhalb von 24 Monaten eine neue Kfz-Werkstatt, eine neue Waschhalle und eine neue Gas- und Dieseltankstelle gebaut worden. Gleichzeitig wurde das bestehende Pförtnerhaus abgerissen und abschließend ein neues Gebäude mit rund 320 Quadratmetern Bürofläche für den Bereich Logistik errichtet.
Anpassungen allerorten
Zahlreiche Großbaustellen beschäftigen aktuell die gesamte Kunert Gruppe: Bei der Wellpappenfabrik in Bad Neustadt wird ein neues Hochregallager mit über 40 Metern Höhe für bis zu 19 000 Paletten errichtet. In der Papierfabrik Macher bei Hof in Oberfranken wird ein fahrerloses Fertigwarenlager für über 15 000 Tonnen Papier gebaut. Auch die Papierhülsenfabrik im oberbayerischen Peiting bekommt eine neue Halle. Und in Thailand ging eine neue Fertigungsstätte für Papierhülsen in Betrieb.
Eine großflächige Umgestaltung und Erneuerung des Werksgeländes von Paul & Co in Oberwildflecken wurde aus ganz unterschiedlichen Gründen notwendig, beschreibt der Manfred Kunert: Das rund 8000 Quadratmeter große Gelände des ehemaligen Kreuzberghofes, das mittlerweile in das Firmengelände integriert ist, spielte dabei eine wesentliche Schlüsselrolle. Das Areal des Unternehmens in Oberwildflecken war stets von den längst verwaisten Bahngleisen geprägt, die das Werk an allen Seiten quasi eingerahmt haben. Nach Stilllegung der Bahn entwickelten sich einige Probleme durch die unvermeidliche Zunahme des Lkw-Verkehrs. Auch das wilde Parken von Lastfahrzeugen in ganz Oberwildflecken führte zu Schwierigkeiten.
Lärmbelästigungen ließen sich nicht mehr vermeiden. Ein Teil des Staplerverkehrs führte jahrelang zwangsläufig über die stark befahrene Straße zum Kreuzberg, um das Papier für die Produktion im Werk II bereitzustellen. Bis zur Stilllegung der Bahn im Sinntal waren wesentliche Teile des Lieferverkehrs noch über die Schiene abgewickelt worden.
Das Werk II für großvolumige Hartpapierhülsen war in seiner baulichen Entwicklung stark eingeschränkt, weil es von Gleisen und zwei Straßen umschlossen war. Die Gebäudehöhe von nur etwa 3,7 Metern machte eine Modernisierung mit Hilfe von Robotern und neuen Großmaschinen nahezu unmöglich. "Früher oder später hätten wir eine Standortverlegung des Werks II mit rund 50 Arbeitsplätzen vornehmen müssen", so Kunert. Gleiches gilt auch für das historisch gewachsene Werk I direkt daneben.
Umbau im laufenden Betrieb
Neuen Möglichkeiten lieferte das Grundstück rund um den Kreuzberghof: Es sollten keine neuen Flächen versiegelt werden. Die beiden Werksteile I und II sollten im laufenden Betrieb überbaut und modernisiert werden. Das Unternehmen wollte vermeiden, dass es zu leerstehenden Industriebrachen mit eingeschlagenen Fensterscheiben kommt, während "auf der grünen Wiese" neue Gebäude aus dem Boden gestampft werden.