Bündnins 90/Die Grünen und Die Linke luden zur Diskussion. Experte warnte: "Bei Stadtentwicklung müssen wir in Dekaden und nicht Wahlperioden denken”
Grundstücke, Wohnungen, Einrichtungen - gern wird vom Tafelsilber gesprochen, wenn es um die Liegenschaften einer Stadt geht. Immer mehr Kommunen gehen dazu über, dieses zu verscherbeln, wie Kritiker meinen. In Bad Kissingen ist es konkret die Eishalle, beim Berliner Platz wird darüber nachgedacht. Anlass für die Grünen und die Linke in Bad Kissingen, in einer Diskussion nachzufragen "Wird Bad Kissingen ausverkauft?" Antworten dazu gab es auch von der CSU, denn auch Stadträte dieser Partei beteiligten sich an der Diskussion. Es fehlten: Mitglieder der Kissinger Wölfe.
Als Referenten hatte Manuela Rottmann (Grüne), Bundestagsabgeordnete und Landrats-Kandidatin für Bad Kissingen, Olaf Cunitz eingeladen. Mit Cunitz verbindet sie ein großes Stück ihres Arbeitslebens: Als Rottmann noch Dezernentin für Umwelt und Gesundheit, später für Personal und Organisation bei der Stadt Frankfurt war, hatte Cunitz das Amt des Bürgermeisters inne und war Dezernent für Planen, Bauen und Wohnen in der Stadt Frankfurt.
Blick über Tellerrand
Auch wenn Bad Kissingen und Frankfurt nicht vergleichbar wären, so Cunitz, bleibe die Problemlage in den Städten ähnlich und es schade nie, über den Tellerrand beziehungsweise die Stadtgrenze hinauszublicken.
Flächenbeschaffung, Flächenverkauf, Unterhalt und Strukturpolitik der Stadt seien die Hauptaufgaben im Liegenschaftsamt, so Cunitz. Bereits in den 60er Jahren hätte ein Wandel stattgefunden: Durch Abwanderung in die Speckgürtel der Stadt standen viele Einrichtungen wie Schulen in der Innenstadt leer. "Damals wurde viel zu Geld gemacht", sagte Cunitz. Doch die Milliarde an Einnahmen, die die Stadt beispielsweise für ein Grundstück erhalten hatte, "hatte Folgen, unter denen die Stadt heute noch leidet". Denn: Frankfurt musste sich im Laufe der Jahrzehnte vergrößern und teuer Grundstücke wieder dazukaufen. Cunitz: "Im Zweifel lohnt sich der lange Atem. Bei Stadtentwicklung müssen wir in Dekaden und nicht Wahlperioden denken."
Er nannte ein weiteres Beispiel aus der Stadt Dresden: Nach der Wende habe niemand mit einem Aufschwung für Dresden gerechnet, so wurden kommunale Wohnungen verkauft - der Haushalt war entschuldet. Jahre später aber boomte Dresden, es fehlten Wohnungen - die Stadt musste eine neue, teure Wohnungsgesellschaft gründen.
Frankfurt will Konzepte
Auch in Frankfurt würden weiter Flächen verkauft, allerdings stehe nun nicht mehr nur der Profit im Vordergrund: Nicht mehr nur der Höchstbietende erhalte den Zuschlag, sondern der mit dem besten Konzept für das Areal - so sichert die Stadt die Weiterentwicklung von Vierteln. Diese "Konzeptvergabe" untermauere auch die "Vision", die eine Stadt von sich für die Zukunft haben sollte. Er machte deutlich, dass es dazu auch Personal und Geld brauche. Denn mit dem Verkauf sei es nicht getan: "Sie dürfen nie ihr Know-how aus der Hand geben. Sie werden weiterhin Fachleute in den Behörden brauchen, gerade wenn sie kommunale Liegenschaften verkaufen." Denn: Oftmals lauern im Vertragswust Fallstricke. Manuela Rottmann: "Verzweifelte Kommunen lassen sich viel erzählen - und private Käufer erzählen immer, dass ihr Konzept aufgehen wird.
Die Eishalle war denn auch das Stichwort für die rund 50 Zuhörer, eine angeregte und auch leidenschaftliche Diskussion zu führen. Unter den Gästen: die Stadträte Martina Greubel (CSU), Wolfgang Lutz (CSU) und Richard Fix (Grüne). Ein Rückkauf der Halle sei nicht möglich, denn die Stadt könne sie nicht betreiben, zu viel sei schon durch den Ammoniak zerstört worden, so Wolfgang Lutz. Sein Vorschlag: eine neue Halle auf die grüne Wiese und dann den - zukünftigen - Landrat oder Landrätin ins Boot holen. Da zeigte sich Manuela Rottmann, wenn ihre Kandidatur denn Erfolg haben würde, nicht abgeneigt. Lutz schien sehr angetan vom Vortrag des Frankfurter Experten zu sein. "Ich wünsche mir, dass Sie mal zu uns in den Stadtrat kommen."