Das Verfahren gegen den Gärtner, der seine Bekannte totgeschlagen und ihre Leiche mit dem Schubkarren quer durch den Würzburger Stadtteil Heidingsfeld transportiert haben soll, steht kurz vor dem Abschluss. Am Montag wird das Urteil verkündet.
Zwölf Jahren wegen Totschlags beantragte der Staatsanwalt am Freitag für einen 45 Jahre alten Gärtner, der eine gute Bekannte ( 32 ) in ihrer Wohnung erwürgt, die Leiche nachts im Schubkarren durch den Stadtteil Heidingsfeld gefahren und dann auf einem Acker am Stadtrand von Würzburg vergraben hatte. Urteilsverkündung ist am Montag um 11 Uhr.
In dem Prozess vor dem Schwurgericht ging es, so Oberstaatsanwalt Thomas Trapp, nur noch um das "wie?" und "warum?" Dass sein Griff an den Hals der 32-jährigen allein erziehenden Mutter und stellvertretenden Leiterin eines Lebensmittelmarktes für die tödlich war, hatte der Gärtner zugegeben, wenn auch als Folge eines unglücklichen Sturzes im Verlauf einer Rangelei beschrieben. Es sei ein Unglücksfall gewesen, hatte der Angeklagte beteuert, weil beim Gerangel und Hinfallen seine Hand so nahe am Hals der Bekannten und der Daumen an deren Kehlkopf war.
"Mit Frauenhänden wär' das nicht passiert", sagte der Gärtner entschuldigend zu den Richtern mit Blick auf seine großen kräftigen Hände.
Niemand nahm ihm allerdings ab, dass er, von der Statur her ein "Schrank" mit über 150 Kilo, von der zwei Kopf kleineren Bekannten am Heimgehen gehindert und mit Faustschlägen attackiert worden sei und sogar Angst um sein Leben hatte.
Klebeband für Sexspiele ? Im Gutachten des Gerichtsmediziners tauchte eine mögliche neue Variante für den Tatablauf auf: Als die Frau noch lebte, sei ihr der Mund mit Klebeband verschlossen worden. Ob das der Auftakt für Sexspiele mit einer dann möglicherweise schon Bewusstlosen war, ist nicht mehr zu klären.
Klebeband an der Leiche hatte der Angeklagte bis dahin immer damit begründet, dass die Tote beim Transport mit dem Schubkarren wiederholt auf die Straße gefallen sei. Deswegen habe er das "Fahrzeug" mit der Leiche unter einer Decke abgestellt, sei nach Hause gegangen und habe dort Klebeband geholt und damit dann den Schubkarren und die "Ladung" umwickelt.
Wie Gartenabfall behandelt Der Anwalt, der die Mutter und den Bruder der Getöteten als Nebenkläger in dem Prozess vertritt, nahm Anstoß daran, wie der Angeklagte beschrieben hat, dass die Leiche wiederholt, als er vom Gehsteig herunter und über Straßenbahn-Gleise fuhr, auf die Fahrbahn fiel.
Das höre sich an, als habe ein Gärtner da Gartenabfälle entsorgt.
Freundinnen: Der war nicht ihr Typ Eine Vermutung, wie es zu dem Verbrechen gekommen sein könnte, war auch, dass der Angeklagte im Zusammenhang mit Erektionsproblemen an dem Abend beleidigt worden und deswegen ausgerastet sei. Während der Angeklagte behauptete, die Bekannte sei auf seine neue Freundin sauer gewesen und habe ihm nahegelegt, die Beziehung zu beenden, sagten gute Freundinnen der Getöteten, der Gärtner wäre niemals deren Typ gewesen. Vom Angeklagten sei nie als Lover die Rede gewesen, sondern nur von einem, der gelegentlich mal was repariert in der Wohnung.
Für die 32 -Jährige, die wenn es um Männer ging, sehr wählerisch war, sei er unter anderem mit seinen 45 Jahren schon viel zu alt gewesen und vor allem zu schwer, nachdem sie gerade, worauf sie sehr stolz war, über 20 Kilogramm in einer Abspeck-Gruppe abgenommen hatte.
Gravierende Defizite Die Biografie des Gärtners muss eine Fundgrube für den psychiatrischen Gutachter gewesen sein: Über 20 Stunden lang hatte er sich mit dem Angeklagten unterhalten, die vermutlich längste Exploration in seiner langen Laufbahn, so der Professor. Über seinen Vater wisse der Mann nur, von der Mutter, dass er ein guter Tänzer und vermutlich bei der Bundeswehr war, kennengelernt habe er ihn nie.
Bereits in der Kindheit sind gravierende Defizite deutlich geworden, die zu einem längeren Aufenthalt in der Psychiatrie führten.
Trotz stark eingeschränkter Intelligenz sei es dem Mann später jedoch gelungen, sich beruflich zu stabilisieren, als Gärtner bei der Stadt Würzburg.
Die emotionale Reifung des Angeklagten sei durch eine starke Bindung an die Mutter erheblich verzögert worden, er habe wenig Chancen gehabt, erwachsen zu werden und den Umgang mit Frauen zu lernen. Diese enge Beziehung zur Mutter habe letztlich zu einer Persönlichkeitsstörung geführt, einer emotionalen Abhängigkeit mit nach außen scheinbar guten Seiten: Als die Frau nach einer Beinamputation zum Pflegefall geworden war, habe er sie früh, ehe er zur Arbeit ging,und am Abend gepflegt.
Da musste er schnell heim, berichtete er vor Gericht, weil die Mutter in den acht Stunden seiner Abwesenheit nicht die Toilette aufsuchen konnte.
Die Mutter soll auch der Grund dafür gewesen sein, dass eine feste Beziehung mit einer Französin und einem gemeinsamen Kind, schnell in die Brüche gegangen war.
"Ich habe sie gerne gehabt" Die Verteidigerin des Gärtners hielt eine Strafe von acht Jahren für schuldangemessen und ausreichend, der Gärtner sagte in einem kurzen letzten Wort: "Mir tut es leid. Ich habe sie gern gehabt, wir haben viel mit einander geredet und oft Spiele gemacht".
Aus großen und kleinen Puzzle-Teilen zahlreicher Zeugen hatte sich das Schwurgericht bereits am dritten Verhandlungstag ein Bild zu machen von dem Angeklagten und seiner Beziehung zu drei "regional gestreuten" Frauen. Darunter war auch die am Abend des 16. April 2012 Getötete, die er während eines gemeinsamen Abspeck-Kurses für Übergewichtige kennen gelernt hatte.
Ihrem Chef im Supermartk hat sie gesagt, berichtete der als Zeuge, dass plötzlich viele Männer was von ihr wollen, seit sie 25 Kilo weniger hat. Ob auch ein Kunde aus dem Einkaufsmarkt darunter sei, wollte der Marktleiter wissen und die Mitarbeiterin nannte den Stammkunden, der jetzt auf der Anklagebank sitzt. Dem habe sie aber schon gesagt, "dass da nichts läuft", aber der wolle das nicht kapieren.
Krasser Widerspruch Die Aussage steht in krassem Widerspruch zu den Angaben des Angeklagten, dass die Bekannte von der Supermarkt-Kasse, als er sie in ihrer Wohnung aufsuchte und von einer neuen Freundin erzählte, aggressiv reagiert, eine feste Beziehung mit ihm und "Schluss mit den anderen" gefordert habe.
So sei der Streit entstanden, der dann so tragisch endete.
Der Vorarbeiter der Städtischen Gärtner-Kolonne, in der der Angeklagte seit vielen Jahren beschäftigt war, bezeichnete den Mitarbeiter als einfachen Menschen mit verlangsamter Aufnahmefähigkeit. Hilfsbereit sei er gewesen, aber auch stur und uneinsichtig.
Als er einige Monate vor der Tat von einer Kur zurückkam, sei er "wie von der Rolle" gewesen, " man kam nicht mehr klar mit ihm". Das muss die Zeit gewesen sein, als der Angeklagte, der bis zu deren Tod bei der Mutter lebte, plötzlich zwischen drei Frauen die Wahl hatte und sich nicht festlegen wollte.