Das Verwaltungsgericht hat einen Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Maßbach kassiert. Ein Hund hatte an der Lauer einen sechsjährigen Jungen gebissen. Die Auflagen der VG gingen der Richterin dann doch zu weit.
Bereits zwei Tage, nachdem ein Golden Retriever im Februar 2014 am Ufer der Lauer in Poppenlauer einen Sechsjährigen in den Oberarm gebissen und nicht unerheblich verletzt hatte, zeigte die Verwaltungsgemeinschaft Maßbach dem Hundehalter die Zähne: in einem Bescheid mit konkreten Auflagen fürs Gassigehen und die sichere Unterbringung des Hundes auf dem Grundstück des Halters.
Dem Verwaltungsgericht Würzburg, das sich in dieser Woche mit dem Zwischenfall und seinen juristischen Folgen beschäftigte, sind die Auflagen der VG offensichtlich zu weit gegangen. Den Tenor des Urteils - "der Bescheid wird aufgehoben" - hat das Gericht am Tag nach der Verhandlung bekanntgegeben, die schriftliche Begründung des Urteils folgt noch.
"Im Begegnungsverkehr" Kleinster gemeinsamer Nenner in dem Prozess vor dem Verwaltungsgericht in Würzburg war: Dass ein bis dahin unauffälliger Golden Retriever am Nachmittag des 18. Februar 2014 einem Sechsjährigen, der vom Kindergarten kam, "im Begegnungsverkehr" auf einem Fußweg an der Lauer durch die Jacke in den Oberarm gebissen hat. Das bestritt die Anwältin des Hundehalters nicht. Die von der Verwaltungsgemeinschaft Maßbach daraufhin in einer auch für das Gericht ungewohnten Schnelligkeit verhängten Maßnahmen bezeichnet sie allerdings als überzogen, unangemessen, unverhältnismäßig und darauf zurückzuführen, dass die Familie des Kindes den Vorfall dramatisiert und so in die Medien gebracht habe.
Der Tatort lag im Ortsteil Poppenlauer, in der Hauptstraße, die Bisswunde des Kindes musste später im Krankenhaus genäht werden.
Hund mit Stock geschlagen? Der Mann (74), der den Hund - wie bis dahin fast täglich - an der Lauer Gassi führte, ist der Schwiegervater des Halters. Er soll nach der Beiß-Attacke, so der Informationsstand der VG und der Polizei Bad Kissingen, weitergegangen sein, als wäre nichts gewesen. Ein Ermittlungsverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung unter anderem gegen ihn ist allerdings eingestellt worden. Von dem Biss und der "Vorgeschichte" will er nichts mitbekommen haben, nur, dass der Hund die vorbeigehenden Kinder ansprang. Die Wunde unter der Jacke habe er nicht sehen können, und über Schmerzen habe der Bub auch nicht geklagt.
Dagegen will ein Zeuge aus gewisser Entfernung gesehen haben, dass der Sechsjährige und ein anderer Bub den Retriever von hinten mit einem Stock oder einer Rute geschlagen hätten. Der Hund habe sich deshalb unvermittelt umgedreht, um nach dem Stock zu schnappen. Dass der Hund dabei ein Kind erwischte, habe der Zeuge nicht erkennen können. Daraus schloss der Hundehalter, dass sein Golden Retriever sich eigentlich nur "tiertypisch" verhalten habe. Genauso hätten auch andere Hunde reagiert, die an einer Leine geführt und von hinten mit einem Stock geschlagen würden. Daher könne man die getroffenen Maßnahmen der Verwaltungsgemeinschaft Maßbach damit nicht begründen: Für die war der über 70 Jahre Jahre alte Schwiegervater nach dem Zwischenfall nicht mehr zum Gassigehen mit dem Hund tragbar, da offensichtlich vom Temperament des Golden Retriever überfordert.
Die Auflagen der VG Es wurden Maulkorb und eine maximal 150 Zentimeter lange, reißfeste Leine innerhalb und außerhalb geschlossener Ortschaften angeordnet - und ein zuverlässiger Begleiter. Auf dem Grundstück des Hundehalters sollte eine ausbruchsichere Unterbringung des "aggressiven" Hundes sichergestellt werden, zum Beispiel durch Zwinger oder Zaun, damit der Hund weder ausbüxen noch Personen gefährden kann, die sich befugt auf dem Grundstück des Halters aufhalten. Eile schien der Verwaltung angebracht, damit der Hund sich nicht auch noch andere Leute "vornimmt".
Der Hundehalter ließ durch seine Anwältin vortragen, dass der Amtstierarzt seinen Hund später besichtigt und als völlig unauffällig eingestuft habe, als "ganz normal". Eine Gefahr gehe von ihm nicht aus, und es seien daher auch keine besonderen Maßnahmen erforderlich.
Der Amtstierarzt habe keine Anzeichen einer Aggression erkennen können, auf Unterordnungsbefehle habe der Hund prompt reagiert. Es sollte nach dessen Meinung daher lediglich eine Anleinpflicht innerhalb der Bebauung, das heißt innerhalb der Ortschaft beibehalten werden. Darüber hinaus sei auch keine generelle Maulkorbpflicht für den Hund angezeigt, gegebenenfalls nur bei Personen, die den Hund nicht sicher führen könnten. Die Verwaltungsgemeinschaft habe den Arzt-Bericht jedoch ignoriert und ihren Bescheid nicht nachträglich geändert. Die VG Maßbach wies dagegen darauf hin, dass die Anlein- und Maulkorbpflicht beim Gassigehen sinnlos wäre, wenn der Hund auf dem Haltergrundstück nicht sicher verwahrt würde. Daher sei auch die Anordnung einer ausbruchsicheren Unterbringung rechtmäßig und angemessen.
Die Verhandlung blieb auf Juristisch-Trockenes beschränkt: Zeugen und unmittelbar Beteiligte vom Zwischenfall auf dem Radweg speziell und zu der aus Sicht des klagenden Hundehalters überzogenen "Öffentlichkeitsarbeit" danach hatte die Richterin Susanne Horas von der Fünften Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg nicht geladen.
Anregung der Richterin Die Richterin regte bei Verhandlungsbeginn an, über einen Bescheid nachzudenken, mit dem beide Seiten plus Retriever leben können. Bei Leinenzwang und Maulkorb wäre ein Kompromiss offensichtlich möglich gewesen, die ausbruchsichere Unterbringung des Hundes, die für die Gemeinde nach dem Vorfall unverzichtbar war, hielt die Kläger-Seite allerdings für total überzogen und machte daher nicht mit. Auch bei der Leinenlänge, nach Vorstellung der VG maximal 1,50 Meter, kam man sich nicht näher.
Soweit es um den Bewegungsdrang des Hundes geht, so die Klägerseite, sei da ja kaum Spielraum drinnen. Austoben könne der Vierbeiner sich daheim auf dem Grundstück des Halters, konterte die Gegenseite. Auf die Frage des Gerichts, ob der Hund schon einmal vorher unangenehm aufgefallen sei, das Grundstück verlassen und/ oder einen Spaziergänger gebissen hat, kam von der VG- Seite ebenso wie von der Anwältin des Hunde-Halters ein "Nein".