Germana Braun feiert am Mittwoch, 18. Oktober, ihren 90. Geburtstag. Sie blickt auf ein ereignisreiches Leben zurück.
Was in neun Jahrzehnten wichtig war und was noch wichtig ist, passt bei Germana Braun in ein A5-Büchlein mit rotem Einband. Darin hat sie ihre Lebensgeschichte niedergeschrieben und wenn sie daraus vorliest, bekommt nicht nur sie feuchte Augen, sondern auch ihre sieben Kinder, ihre 16 Enkel und ihre vier Urenkel.
Am Mittwoch, 18. Oktober, feiert sie im Kreise ihrer großen Familie ihren 90. Geburtstag und ihre Lebensgeschichte entspricht fast einem Fernsehfilm mit Maria Furtwängler, in dem der Zweite Weltkrieg die Weichen gestellt hat. Am 18. Oktober 1927 kam sie in Töschen im Sudetenland (ehemals Tschechoslowakei) zur Welt und zusammen mit Stiefbruder und drei Schwestern erlebte sie eine wohlbehütete Kindheit ohne Ressentiments. Mit der Abtretung des Sudetenlandes im Jahre 1938 an das damalige Deutsche Reich begann für ihre Familie eine schwere Zeit, in der alle viel durchgemacht haben.
Nach ihrer Schulzeit erlernte sie den Beruf Schneiderin. Mit Ende des Zweiten Weltkriegs begann eine schlimme Zeit und den Gefahren entfloh die Familie auf einem Traktoranhänger nach Marksuhl in der Nähe von Eisenach. Dort arbeitete sie als Schneiderin und als Betriebsleiterin in einer Fahrradfabrik; dort lernte sie auch Kurt Braun kennen, den sie 1953 heiratete.
Immer näher an Bad Kissingen
Nachdem bereits der Stiefbruder Erich Kukuk in den Westen gegangen war und im Heiligenhof von Bad Kissingen eine "Wahlheimat" gefunden hatte, zog es auch die Familie von Germana Braun dorthin: zuerst 1957 ihr Ehemann, sie kam dann mit den beiden Kindern Hans und Christine und "zwei Töpfchen und einem Quirl" nach. Nach Zwischenstationen in Lagern von Giesen, Hanau und Offenbach kamen sie letztlich mit ihrem neuen Wohnort Hassenbach dem eigentlichen Ziel Bad Kissingen näher. Es folgten noch sechs Mädchen - Manuela, Carmen, Ramona, Ellen, Heike und Michaela - und im Jahre 1969 der Umzug in ein Haus nach Garitz, das sie als "kinderreiche Familie" vom evangelischen Siedlungswerk angeboten bekamen.
"Es war nicht leicht, acht Kinder großzuziehen", erinnert sie sich an die arbeitsreiche Zeit. Ihr Mann arbeitete als Schlosser und sie nahm jede Arbeit an, denn acht Münder wollten versorgt werden. Zuletzt war sie im Garitzer Parkwohnstift und Tochter Manuela erinnert sich daran, dass "ich meine eigene Mutter in der Pflegeküche anlernen musste". Im Alter von 67 Jahren ging sie 1994 in Rente.
Zwei Schicksalsschläge
Schicksalsschläge durch den Tod ihres Mannes im Jahre 2005 und ihres Sohnes im Jahres 2009 meisterte sie mit Hilfe ihrer Familie, denn vier Kinder leben noch in der Region, zwei Kinder sind in den USA und eine Tochter lebt in München. Zentrum ist immer noch das Haus in Garitz, das sie zusammen mit ihrer Tochter Carmen bewohnt und das mittlerweile ein Dreigenerationenhaus ist. In ihrem arbeitsreichen Leben war sie nicht nur Mutter, sondern auch "Oma mit Erziehungsauftrag" für die Enkel.
Tag beginnt um 5.30 Uhr
Ihr Tag beginnt immer noch um 5.30 Uhr und sie hat auch noch das "Regiment im Haus", meint Tochter Carmen. Zu ihrem Tagesablauf gehören einige TV-Serien, die Nachrichten und Sportsendungen, wobei die Fußballergebnisse des FC Bayern und der Nationalmannschaft besonders wichtig sind. Der bequeme TV-Sessel ist aber auch ein Lesesessel für die Saale-Zeitung und Zeitschriften und momentan auch für die Chroniken ihres Geburtsortes Töschen und ihrer Wahlheimat Garitz. In ihrem roten Büchlein mit der Lebensgeschichte reduzieren sich die Einträge in den letzten Jahren auf eine innige Dankbarkeit für ein anstrengendes, aber erfülltes und zufriedenes Leben.